Abstract (deu)
Figurale Bauplastik an der Chorfassade von St. Stephan in Wien
Wasserspeier, Konsolfiguren und Giebeltiere
Nach einer kurzen Einleitung in der die Arbeitsinhalte vorgestellt werden (Katalogisierung
und Beschreibung der 31 Wasserspeier, der 29 Konsolfiguren und der Giebeltiere,
Behandlung der stilistischen und ikonographischen Vorbilder, Klärung der Frage nach dem
Sinn des großen Formenreichtums sowie der Versuch einer Deutung der Plastiken,
Behandlung des Problems des Denkmalschutzes und der Restaurierungen) folgt im
allgemeinen Teil die Auseinandersetzung mit dem derzeitigen Stand der Forschung, mit der
Funktion, der Geschichte und dem Formenreichtum der behandelten Bauplastiken.
Da die in den Randzonen der Architektur angesiedelten Skulpturen eine klare
verwandtschaftliche Beziehung zu den Marginalien der Buchmalerei aufweisen, wurde in
einem weiteren Abschnitt auf die historische Entwicklung der Formen und auf die
Behandlung dieses Themenbereichs in der Literatur eingegangen. Interessant erscheint in
diesem Zusammenhang, dass viele Deutungsversuche den gesellschaftlichen Hintergrund
bzw. das Weltbild zur Zeit der Entstehung außer Acht lassen. Da jedoch nur die Einbeziehung
dieser Ebenen eine seriöse Grundlage zur Entschlüsselung der Symbolik bieten, stellt ein
weiterer Teil der Arbeit die Bauplastiken im Kontext des kosmographischen Weltbildes
(Mittelalterliche Weltkarten) und dessen Auswirkungen auf die sakrale Bilderwelt
(Fensterrosen) dar. Da Buchwissen und der Zugang zu schriftlichen Quellen in dieser
Kulturepoche nur einer kleinen Minderheit vorbehalten war, mußte jegliche Information
entweder mündlich oder durch „sprechende“ Gesten und Formen (Zanner und Blecker)
vermittelt werden. Diese auch heute noch zum Teil gebräuchlichen Redewendungen, Gesten
und Mimiken unterstützen den Zugang und das Verständnis für uns fremd gewordene
Darstellungen.
Der Dritte Teil der Arbeit verweist darauf, dass die Auseinandersetzung mit jenen Elementen
der Bauplastik, die in erster Linie der Regenwasserentsorgung dienen, immer auch eine mit
der Baugeschichte des jeweiligen Gebäudes ist. Witterungsbedingt ist der Originalbestand
meist bereits sehr reduziert, doch finden sich am Chor von St. Stephan noch fünf Speier und
27 Figurkonsolen aus dem 14. Jahrhundert. Im Bemühen um eine aktuelle Datierung wurden
die neuesten Ergebnisse der gesteinskundlichen Untersuchungen durch eine Expertengruppe
(Müller / Rohatsch / Schwaighofer / Ottner und Thinschmidt) und die darauf aufbauenden
Erkenntnisse Johannes J. Bökers zur Baugeschichte des Domes herangezogen. Die jüngsten
Bauarbeiten am Chore waren die Maßnehmen zur Restaurierung der Bauplastik in deren
Rahmen Witterungsschäden behoben und substanzerhaltende Vorkehrungen getroffen
wurden. Die dazu nötigen Gerüste ermöglichten auch eine genaue Betrachtung von Datails,
die aus der normalen Perspektive verborgen bleiben und nun in die Katalogisierung sowie
Beschreibung einbezogen werden konnten. Im näheren Eingehen auf die Formen der figuralen
Bauplastik wurde auch auf künstlerische Beziehungen (Süddeutschland und Donauraum) und
Einflüsse sowie auf ikonographische und stilistische Paralellen verwiesen.
Da ein Großteil der Wasserspeier und nahezu alle Giebeltiere im Zuge der Restaurierung in
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts versetzt wurden, ist der vierte Abschnitt dieser
Periode gewidmet. Auch wenn diese nicht so weit zurück liegt wie die Epoche der Errichtung
des Chores, so hat sich doch der Umgang mit historische Bausubstanz seitdem grundlegend
geändert. Die folgenden Ausführungen sollen dazu beitragen zu verstehen wie die neuen
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Speier zu ihrer Form kamen, wer die entscheidenden bzw. verantwortlichen Kräfte waren, die
Einfluss auf die Gestaltung hatten und in welchem kulturellen Umfeld sich diese bewegten.
Da keine Untersuchung alle Fragen beantworten bzw. alle Probleme lösen kann, finden sich
im Forschungsausblick einige Anregungen für ein weiterführende Auseinandersetzung mit
der figuralen Plastik an der Fassade des Domes und mit Frage nach dem Zusammenhang
zwischen Stifterpersönlichkeiten und die Entscheidung für bestimmte Bildmotive bzw.
Themen ausgehend von den ungewöhnlich „friedlich“ dargestellten Figuren an den Konsolen.
Dem Text ist ein vollständiger Bildkatalog der behandelten Plastiken angeschlossen.