Abstract (deu)
Wenn man in Wörterbüchern der Philosophie unter dem Begriff „Dialektik“ eine befriedigende Definition sucht, wird man enttäuscht sein. Bei Brugger heißt es: „Der Gebrauch des Ausdrucks ‚Dialektik‘ hat in der gegenwärtigen Philosophie ein solches Ausmaß an Verworrenheit erreicht, daß es kaum möglich ist, eine, wenn auch noch so allgemeine Kennzeichnung dieses Begriffes zu geben.“ Bei Hoffmeister wird ein rudimentärer Ansatz einer Definition versucht: „Bemühen um Aufweis und Überwindung von Widersprüchen im Denken und Sein […] zur Erkenntnis des Ganzen, des Wahren.“
Sucht man sich dem Begriff „Dialektik“ über seine Geschichte, über seinen Gebrauch im Laufe der Zeit seit seinen Anfängen zu nähern, so stößt man auf eine zunächst eigentümlich anmutende Unstimmigkeit. Während in den einen (zumeist deutsch- und englischsprachigen Kompendien) nur eine Quelle der dialektischen Theorie, die Zenonische Methode des Widerspruchsbeweises, angegeben wird, so findet man in anderen (italienischen und französischen) Nachschlagwerken auch die Gegensatzlehre Anaximanders, der Pythagoreer und vor allem die von Heraklit angeführt.
Eine Verbindung Heraklits zu Nikolaus von Kues in seiner coincidentia oppositorum wird ebenso angesprochen wie die Zenonischen Aporien.
Platon wird referiert aus der Sicht der Hegel’schen Geschichtsvorlesung. Platons Dialektik im Gegensatz zur Dialektik der Sophisten und zur Dialektik der Eleaten wird aufgezeigt und seine Sicht der Idee als Allgemeines, als Gattung und Art, dargelegt.
Unsere heutige Sicht von Homonym und Synonym ist geprägt vom Nominalismus; anders bei Platon und Aristoteles, die Realisten waren, was es zu demonstrieren gilt.
Im mittelalterlichen Philosophieren entwickelt sich die Dialektik immer mehr hin zur Logik. Am Ende des 17. Jh. verschwand der Begriff „Dialektik“ gänzlich, um dann bei Kant in völlig neuer Bedeutung wieder aufzutauchen. Kant teilt seine Logik in Analytik und Dialektik und hier behandelt er das, was seine Vorläufer unter der „metaphysica specialis“ verstanden haben: Seele, Welt, Gott. Kant bearbeitet dieses Gebiet unter dem Gesichtspunkt der Realitätskategorie. Schleiermacher, Hegel und andere, die sich mit Dialektik beschäftigten, werden übergangen, um zu einem der letzten Philosophen zu gelangen, der die Dialektik zu einem Thema machte: zu Jonas Cohn.
Am Beispiel des Spannungspols von Recht auf der einen Seite und Macht auf der anderen Seite wird die Vermittlung und Annäherung gezeigt. Diese Vermittlung findet im praktischen Denken, in den Einzelwissenschaften und in der Philosophie ihren Niederschlag. Um eine Theorie der Dialektik zu schaffen, müssen vorher Begriffe ausgebildet werden. Es werden behandelt: der (dialektische) Gedankengang, (dialektische) Objekte und (dialektische) Begriffe.