Abstract (deu)
Schon die kirchlichen und staatlichen Behörden des 19. Jahrhunderts setzten zur Regelung des Ehelebens das Mittel des Eheverbotes für Ehebrecher ein. Das zeigen die Landrechte der deutschen Einzelstaaten bis 1875. Dieses Verbot geht zurück auf die christliche Lehre von der Treuepflicht der Ehepaare, die vom Staat, der die Ehe in immer größerem Ausmaß an sich zog, weiter vertreten wurde. Von Anfang an gab es Befreiung.
Auch das Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich, das im Jahr 1900 Gültigkeit erlangte, und ein einheitliches Eherecht für alle Staatsbürger einführte, nahm Rücksicht auf diese christliche Tradition und hielt an der Bestrafung von Ehebrechern fest. Wegen der zerrüttenden Wirkung des Treuebruches auf das Eheleben stand der Ehebruch traditionell unter Strafe. Er war ein absoluter Scheidungsgrund, der den unschuldigen Ehegatten zur Scheidungsklage berechtigte. Weiters konnte der Ehebruch auf Verlangen des/der Betrogenen zu einer Gefängnisstrafe für die/den Schuldige/n führen und drittens bei Vorliegen von besonders schwerwiegenden Gründen die Ehe der Ehebrecher verhindern. Sowohl während der Gültigkeit des BGB als auch der Ehegesetze der Nationalsozialisten stand nicht die Strafe für das begangene Vergehen im Mittelpunkt des Interesses, sondern die Verhinderung „unerwünschter“ Ehen, wenn die „übel beleumundeten Brautleute der Allerhöchsten Gnade unwürdig waren“ (BGB) oder, wie es der Diktion der Nationalsozialisten entsprach, „erschwerende Gründe, wie mangelnde Erbgesundheit (…..)“ vorlag. Während der NS-Herrschaft sollten die Ehegerichte vor allem ideologisch unerwünschte Ehen verhindern.
Obwohl die Gesetzgeber wussten, dass sowohl der Ehebruch, als auch die „wilde Ehe“ der Ehebrecher durch Gesetze nicht zu verhindern waren, haben sie sich lange nicht entschließen können, die alte Gewohnheit der Bestrafung aufzulassen. Das Eheverbot sollte, auch wenn im Laufe des Untersuchungszeitraumes immer weniger Befreiungsgesuche abgelehnt wurden, zumindest ein Hinweis darauf sein, dass Ehebruch ein Unrecht darstellte.
Die Bedeutung des Ehebruchs nahm immer mehr ab. Das ist aus den Gerichtsakten deutlich ersichtlich. Während des zweiten Weltkrieges und danach wurden fast keine Ermittlungen über die Lebensumstände der Verlobten mehr angestellt. Der Aufwand der Prozessführung verringerte sich. Zuletzt spiegeln die wenig aufschlussreichen, oft nur bruchstückhaft überlieferten Daten die gerichtliche Bedeutungslosigkeit des Ehebruchs wider. Das Eheverbot wegen Ehebruchs stellte nur mehr ein schwaches Zeichen des Missfallens dar, das auch bei schlechten Aussichten die neue Ehe nicht verhindern konnte.
Im ersten Eherechtsreformgesetz von 1976 gibt es keine Schuldzuweisung an einen oder beide Ehepartner mehr. Der einzige Scheidungsgrund ist das Scheitern der Ehe. Ehebruch stellt keinen Scheidungsgrund dar, womit das Eheverbot ab 1. Juli 1977 wegen Ehebruchs entfällt. Den verfassungsrechtlichen Normen entsprechend, betrifft der staatliche Schutz der Ehe betrifft nur mehr den allerwichtigsten Bereich.