Abstract (deu)
Sowohl Bertolt Brecht als auch Antonin Artaud hatten mit ihren Theatertheorien, die
sie nicht vollständig in die Praxis umzusetzen vermochten, ein einziges Ziel im Auge:
ein Theater zu schaffen beziehungsweise - denkt man an kultische Tanztheater wie
das balinesische Theater - wiederherzustellen, welches imstande ist, das Leben
unmittelbar zu ändern. Heiner Müller begründete sein literarisches Schaffen und die
Notwendigkeit wie die Funktion des Theaters als kulturelle Institution sowie als Stätte
der Forschung wie Revolution - im Sinne einer umwälzenden gesellschaftlichen
Neuerung - aus der besonderen Beschaffenheit des Theaters her, die ein Denken mit
abweichenden/ differenten Raum-Zeitstrukturen, den 'abgestorbenen dramatischen
Strukturen', die sich dem konstruierten Auffassungsvermögen der Menschen und den
konventionellen Kommunikationsmethoden entziehen, erlaubt. Seine Stücke wie
Texte dienten unter anderem dazu, diese Beschaffenheit praktisch zu erforschen.
Diese Studie hofft dem Theater seine ursprüngliche Bedeutung als Agora des
Austausches von (kollektiven) Traumlandschaften wiedergewonnen und
währenddessen Heiner Müllers Schaffen sowie sein Theater von Konventionen
einigermaßen befreit zu haben. Die hierbei entdeckte und (System- beziehungsweise
Formentheorie) Zum glücklosen Engel benannte systemische Theorie, welche die
Realität des Paradoxes begründet wie verklärt, darf - je nach Bedarf - auch anders
benannt werden.