Abstract (deu)
In der gängigen, EU-weiten Armuts- und Sozialberichterstattung wird Armut primär über Einkommen und ergänzend mit Deprivationsindikatoren definiert und gemessen. Dieser Reduktion steht eine Vielzahl von Begriffen, Konzepten und Methoden, um das Phänomen Armut zu definieren und zu messen, gegenüber. Aus dieser Vielzahl wird einerseits ersichtlich, dass Armut ein vielschichtiges Problem ist und es andererseits, „die“ Definition von Armut nicht gibt. Intention dieser Diplomarbeit ist es, ein Armutsmesskonzept für Österreich zu entwickeln, das nicht auf die Einkommensseite reduziert ist. Das gängige Messkonzept der EU-Berichterstattung setzt an einem minimalen Lebensstandard an, der in der jeweiligen Gesellschaft annehmbar ist. Es wird aber nicht überprüft, ob dieser Standard mit der angesetzten Armutsgefährdungsschwelle überhaupt erreicht werden kann. Ein weiteres Ziel ist es daher, mit dem entwickelten Messkonzept zu überprüfen, inwiefern nach der „klassischen“ Definition von Einkommensarmut an einem durchschnittlichen Lebensstandard partizipiert werden kann. Dieser Lebensstandard ist an den (nicht: minimalen) durchschnittlichen Ausgaben der österreichischen Bevölkerung orientiert. Die durchschnittlichen Ausgaben sind auch zentrales Element des entwickelten Armutsmesskonzeptes: Armut wird über den Abstand des Einkommens zu ihnen definiert. Auch dieses Konzept setzt also, wie das gängige, an einer primär monetären Sichtweise an und erweitert es ebenso um Deprivationsindikatoren, die teilweise nicht-monetäre Bereiche erfassen. Im Gegensatz zum gängigen Modell wird es aber auch noch um eine subjektive Sichtweise ergänzt. Das Modell wird auf Basis einschlägiger Literatur entwickelt und mithilfe einer Sekundäranalyse des EU-SILC Datensatzes und Ergebnissen der Konsumerhebung umgesetzt. Nicht ganz überraschend, da an der Mitte orientiert, ergibt sich bei dem so entwickelten Armutsmesskonzept eine höhere Armutsgefährdungsquote als beim gängigen Modell. Von einem durchschnittlichen Lebensstandard sind die Armutsgefährdeten beider Konzepte deutlich entfernt: Die Armutsgefährdeten der gängigen Messmethode müssten durchschnittlich 185% ihres Einkommens ausgeben und die des hier entwickelten Konzepts 157% bzw. 166% (Armutsgefährdete bei denen auch Deprivation vorliegt). Inwiefern die Durchschnittsausgaben einen minimal akzeptierten Lebensstandard übersteigen, müsste jedoch in einer eigenen Arbeit geklärt werden.