Abstract (deu)
Menschenhandel ist eines der besorgniserregendsten Themen, das derzeit die Türkische Aussen-
und Sicherheitspolitik beschäftigt. Ob als organisierte Kriminalität oder menschenrechtliches
Desaster zu betrachten, es gilt den Handel mit Menschen mit allen zur Verfügung
stehenden Mitteln, global zu bekämpfen. Diesem Ziel hat sich auch die Türkei mit der Unterzeichnung
des Palermo Protokolls verpflichtet. Durch seine geographische Lage zwischen
Afrika, Asien und Europa zählt das Land seit jeher als Schnittpunkt irregulärer Migration. Da
sich die Türkei wegen seiner stabilen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Lage als
weitgehend sicher erwiesen hat, drängen vermehrt Flüchtlingsströme aus den umliegenden
Ländern, die durch stetige, gewaltsame Konflikte genährt werden. Hinzu kommt die nicht
nur geographische, sondern auch politische Nähe zur Europäischen Union, welche die Türkei
als Immigrations- und Transmigrationsland sehr attraktiv macht. Zum Einzugsgebiet zählen
vor allem die Länder Iran, Irak, Afghanistan, aber auch vermehrt Migrationsströme aus den
Ländern Afrikas und Asiens.
Seit Beginn der Türkisch-Europäischen Gespräche im Dezember 1999 in Helsinki ist Irreguläre
Migration, aber vor allem auch Menschenhandel, zum Thema Nummer 1 der Mitgliedsverhandlungen
einer möglichen, zukünftigen EU-Partnerschaft avanciert. Um einen
entsprechenden Beitrag zur Verbrechensbekämpfung leisten zu können, müssen zuallererst
die Türkische Verfassung, im Hinblick auf Judikative, Legislative als auch Exekutive geändert
und EU-konform adjustiert werden. Demzufolge wird nicht nur die Verfassung um Gesetze
erweitert, sondern auch Polizei und Gendarmerie speziell geschult sowie vermehrt Internationale
Organisationen zur Zusammenarbeit gebeten um ein situationsgerechtes Umfeld
aufzubauen. Im Zuge dieses begonnenen Umbruchs wurde eine Hot-Line für Opfer von Menschenhandel
und Zwangsprostitution eingerichtet, mehrere geschützte Unterkünfte gebaut
und eine reibungslosere Koordination zwischen den einzelnen internationalen und lokalen
Organisationen etabliert.
Trotz der vielen Veränderungen werden den Themen Menschenhandel und irreguläre Migration
große Priorität in den Türkei-EU Verhandlungen eingeräumt, denn der Handlungsbedarf
ist groß:
- Informationen über Ursachen und Hintergrund des Tatbestandes Menschenhandel fehlen
oder sind insuffizient,
- Hilfe für Opfer von Menschenhandel in Form von Behandlung, Unterkünften und Betreuungseinrichtungen
decken nicht den gegebenen Bedarf,
- Rückkehr- und Reintegrationsmaßnahmen sind unzureichend vorhanden,
- Fehlen eines legislativen Umfeldes welches die wichtigsten Aspekte des Menschenhandels,
im Bezug auf Strafverfolgung und Opfer- bzw. Zeugenschutz beinhaltet.
Der Themenbereich Menschenhandel und seine sicherheitspolitische wie humanitäre Umsetzung
werden in dieser Arbeit ausführlich dargestellt. Dieses Gebiet wird auch im Hinblick auf
einen möglichen EU Beitritt der Türkei für viel Diskussionsstoff sorgen und wurde vorab von
meinen Interviewpartnern im Rahmen meiner Diplomarbeit besprochen.