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Title (deu)
Glenn Gould in "Der Untergeher" von Thomas Bernhard
Author
Paul Wiborny
Adviser
Martha Handlos
Assessor
Martha Handlos
Abstract (deu)
In Thomas Bernhards Werk sind immer wieder Musikerfiguren zentrale Protagonisten. So auch in seinem Roman "Der Untergeher", in dem der kanadische Pianist, Glenn Gould eine Hauptfigur ist. Aus einem Vergleich des Bernhardschen Gould mit der realen Person kann man gut erkennen, dass es sicherlich nicht Bernhards Absicht war seine Figur möglichst realitätsgetreu zu zeichnen. Ganz im Gegenteil Bernhards Darstellung des Klavierspielers legt die Vermutung nahe, dass der Autor sich nur oberflächlich mit Goulds Biographie auseinandergesetzt hat. Selbst leicht eruierbare Fakten, wie etwa Goulds Wohnort oder sein Alter, als er starb, sind im Roman falsch wiedergegeben. Bernhards Absicht war es also gar nicht den realen Gould darzustellen, sondern einen Gould nach seinem Geschmack zu kreieren, der sich in sein Schema eines idealen Künstlers bzw. Musikers einfügt. Es gibt drei verschiedene Typen von Künstlern in Bernhards Schaffen: den Grundtypus des Künstlers, den Dilettanten und das Genie. Gould ist ein Vertreter des letzeren. Eigenschaften des Bernhardschen Künstlergenies und somit auch Goulds sind u.a. ein ausgeprägter Perfektionsdrang, eine obsessive Liebe zu seiner Kunst und das Bewahren der Autonomie gegenüber der Kulturindustrie. Bernhards Geniebild ist stark von den Philosophen Otto Weininger und Arthur Schopenhauer beeinflusst. Beide Denker sehen die Isolation und das Außenseitertum als unabdingbare Vorrausetzung für die Entfaltungsmöglichkeit eines Genies. Ebenfalls meist zurückgezogen und isoliert leben die Wissenschaftler (Musikwissenschaftler) in Bernhards Werk. Sie sind einer von vier Typen, die bei Bernhard mit Musik zu tun haben. Neben den Wissenschaftlern kommen im Bernhardschen Oeuvre noch Musikrezipienten, Amateurmusiker und professionelle Musiker vor. Die Bernhardschen Profimusiker finden in ihrem Beruf meist keine Erfüllung. Freude oder Glück durch Musik zu empfinden ist ihnen fremd. Hierin bildet Glenn Gould die große Ausnahme. Für den Wissenschaftler hingegen bedeutet die Musik oft die letzte Rettung. Sie verleiht dem Leben Sinn und wirkt oft sogar befruchtend auf die zu verrichtende wissenschaftliche Arbeit. Auch für viele Amateurmusiker in Bernhards Werk hat die Musik eine sinnstiftende Funktion. Bei den Bernhardschen Musikrezipienten fällt auf, dass sie oft nur ein einziges Stück immer wieder hören, oder sich in ihren Hörgewohnheiten nur auf einen einzigen Komponisten beschränken. Auch hierin bildet Glenn Gould keine Ausnahme. Bei Bernhard spielt er fast ausschließlich Bach. Wer aber Goulds Diskographie kennt, weiß, dass diese bei weitem vielfältiger ist, als es bei Bernhard den Anschein hat. Der Autor formt also einen Gould nach seinen Vorstellungen zu Gunsten einer höheren Aussagekraft.
Keywords (eng)
Thomas BernhardGlenn Gould
Keywords (deu)
Thomas BernhardGlenn Gould
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1262332
rdau:P60550 (deu)
92 S.
Number of pages
93
Members (1)
Title (deu)
Glenn Gould in "Der Untergeher" von Thomas Bernhard
Author
Paul Wiborny
Abstract (deu)
In Thomas Bernhards Werk sind immer wieder Musikerfiguren zentrale Protagonisten. So auch in seinem Roman "Der Untergeher", in dem der kanadische Pianist, Glenn Gould eine Hauptfigur ist. Aus einem Vergleich des Bernhardschen Gould mit der realen Person kann man gut erkennen, dass es sicherlich nicht Bernhards Absicht war seine Figur möglichst realitätsgetreu zu zeichnen. Ganz im Gegenteil Bernhards Darstellung des Klavierspielers legt die Vermutung nahe, dass der Autor sich nur oberflächlich mit Goulds Biographie auseinandergesetzt hat. Selbst leicht eruierbare Fakten, wie etwa Goulds Wohnort oder sein Alter, als er starb, sind im Roman falsch wiedergegeben. Bernhards Absicht war es also gar nicht den realen Gould darzustellen, sondern einen Gould nach seinem Geschmack zu kreieren, der sich in sein Schema eines idealen Künstlers bzw. Musikers einfügt. Es gibt drei verschiedene Typen von Künstlern in Bernhards Schaffen: den Grundtypus des Künstlers, den Dilettanten und das Genie. Gould ist ein Vertreter des letzeren. Eigenschaften des Bernhardschen Künstlergenies und somit auch Goulds sind u.a. ein ausgeprägter Perfektionsdrang, eine obsessive Liebe zu seiner Kunst und das Bewahren der Autonomie gegenüber der Kulturindustrie. Bernhards Geniebild ist stark von den Philosophen Otto Weininger und Arthur Schopenhauer beeinflusst. Beide Denker sehen die Isolation und das Außenseitertum als unabdingbare Vorrausetzung für die Entfaltungsmöglichkeit eines Genies. Ebenfalls meist zurückgezogen und isoliert leben die Wissenschaftler (Musikwissenschaftler) in Bernhards Werk. Sie sind einer von vier Typen, die bei Bernhard mit Musik zu tun haben. Neben den Wissenschaftlern kommen im Bernhardschen Oeuvre noch Musikrezipienten, Amateurmusiker und professionelle Musiker vor. Die Bernhardschen Profimusiker finden in ihrem Beruf meist keine Erfüllung. Freude oder Glück durch Musik zu empfinden ist ihnen fremd. Hierin bildet Glenn Gould die große Ausnahme. Für den Wissenschaftler hingegen bedeutet die Musik oft die letzte Rettung. Sie verleiht dem Leben Sinn und wirkt oft sogar befruchtend auf die zu verrichtende wissenschaftliche Arbeit. Auch für viele Amateurmusiker in Bernhards Werk hat die Musik eine sinnstiftende Funktion. Bei den Bernhardschen Musikrezipienten fällt auf, dass sie oft nur ein einziges Stück immer wieder hören, oder sich in ihren Hörgewohnheiten nur auf einen einzigen Komponisten beschränken. Auch hierin bildet Glenn Gould keine Ausnahme. Bei Bernhard spielt er fast ausschließlich Bach. Wer aber Goulds Diskographie kennt, weiß, dass diese bei weitem vielfältiger ist, als es bei Bernhard den Anschein hat. Der Autor formt also einen Gould nach seinen Vorstellungen zu Gunsten einer höheren Aussagekraft.
Keywords (eng)
Thomas BernhardGlenn Gould
Keywords (deu)
Thomas BernhardGlenn Gould
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1262333
Number of pages
93