Abstract (deu)
Auch wenn wohl kein Land immun gegen Korruption ist, wirkt sich dieses negative Phänomen besonders schädlich auf die arme Bevölkerung von Entwicklungsländern aus. Die großen Summen, die alljährlich von den Multinationalen Entwicklungs¬banken („MDBs“, nämlich der Weltbank, der Asiatischen, der Afrikanischen, der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank sowie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) an Krediten für die Förderung der Entwicklung und den Abbau der Armut diesen Ländern zur Verfügung stellen, bilden jedoch einen sinnlosen Aufwand, wenn sie der Korruption zum Opfer fallen. Bis in die frühen 90er Jahre war das Problem Korruption in der öffentlichen Diskussion sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene wenig präsent, obwohl man sich seiner Existenz bewusst war. 1996 hat das mittlerweile historische Wort von James Wolfenson, dem damaligen Präsident der Weltbank, vom „Krebsgeschwür der Korruption“, dem sich die internationale Gemeinschaft widmen müsse, das verbreitete Schweigen durchbrochen. Die Bewusstseinsänderung, die dadurch bewirkt wurde, mündete in die Entwicklung einer progressiven Antikorruptionspolitik. Zu den Mechanismen, die dabei geschaffen wurden, gehört der Ausschluss juristischer oder physischer Personen, deren Handlungen im Widerspruch zu geltenden Regeln stehen, von der Möglichkeit, dass ein Staat Aufträge an sie vergibt. Ein solcher Ausschluss von einer zukünftigen Vergabe – der über die Ingerenz der Bank gegenüber den Staaten wirkt – kann auf Dauer oder für eine bestimmte Zeit verfügt werden.
Die vorliegende Dissertation untersucht die Erscheinungen von Korruption in Projekten, die von den MDBs gefördert werden, ihre Auswirkungen und die Bedeutung ihrer Bekämpfung unter besonderer Berücksichtigung des Ausschlusses vom Vergabeverfahren („debarment“), die Merkmale und Erfordernisse eines solchen Ausschlusses, die Bedingungen, Kriterien und Verfahren zu seinem Einsatz sowie die praktische Implementation dieses Instruments. Die Untersuchung basiert auf der veröffentlichten Literatur, auf Informationen, die im Internet verfügbar sind, sowie auf persönlicher Kommunikation mit Angehörigen der MDBs während der Arbeit an der Dissertation. Auf eine genaue Beschreibung der Ausschlussverfahren bei jeder MDB folgt eine vergleichende Analyse und Bewertung ihrer Vor- und Nachteile. Auch wenn die Arbeit nicht statistisch oder sonst quantifizierend den Einfluss des „debarment“ im Sinne einer erfolgreichen Bekämpfung der Korruption nachzuweisen vermag, erscheint die Annahme gerechtfertigt, dass seine schlichte Existenz im Zusammenhalt mit der Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze gegenüber Individuen und Unternehmen einen starken generalpräventiven Effekt hat, der korrupten Handlungsweisen entgegenwirkt.