Abstract (deu)
In der vorliegenden Arbeit wird das gegenwärtige Good Governance-Konzept der Weltbank aus ideologiekritischer Perspektive untersucht. Dafür wird die wissen-schaftliche Diskussion rund um das Konzept dargestellt, ein ideologiekritischer Forschungsansatz entworfen und ein Dokument mit dem Titel „Problem-Driven Governance and Political Economy Analysis. Good Practice Framework“ herangezogen, das im Rahmen der „Governance and Anticorruption Strategy“ der Weltbank entstand. Good Governance ist ein reformpolitisches Konzept und wurde in den 1990er Jahren zu einem Leitkonzept der Entwicklungspolitik. Der Weltbank kam eine wichtige Rolle bei dessen Formulierung und Durchsetzung zu. In der wissenschaftlichen Auseinander-setzung mit dem Thema Governance ist die Unterscheidung zwischen einem analytischen und einem normativen Governance-Begriff zentral. Um der Vermischung dieser zwei Zugänge zu Governance durch die Weltbank zu begegnen bzw. um auf diese hinzuweisen, wird in dieser Arbeit zum Teil die Formulierung (Good) Governance verwendet. Das Good Governance-Konzept wird im Kontext des Entwicklungsdiskurses bzw. in der Geschichte der Entwicklungspolitik verortet, wobei es mit der Konstruktion von „Entwicklung“ und „Unterentwicklung“ und der „neoinstitutionellen Synthese“ in der Entwicklungspolitik in Verbindung gebracht wird. KritikerInnen sehen hinter Good Governance das Bestreben der einflussreichen Geberländer, das westliche Modell des Staates, der liberalen Marktwirtschaft und Demokratie in den Nehmerländern durchzusetzen, während das Konzept, dem Mandat der Weltbank folgend, als unpolitisch ausgegeben wird. Das Konzept wird als entpolitisierter Zugang zu gesellschaftlichen Verhältnissen gesehen und wegen der selektiven Darstellung der „Wirklichkeit“ und dem Verdacht versteckter Interessen als Ideologie bezeichnet.
Um die Ideologiehaftigkeit bzw. selektive und partikulare Repräsentation gesell-schaftlicher Wirklichkeit im Governance-Konzept der Weltbank untersuchen zu können, ist es wichtig, einen geeigneten ideologiekritischen Ansatz heranzuziehen. Aufgrund der Zentralität von Sprache, der sprachlichen Repräsentation der Wirklichkeit und dem Einfluss von Denkvorstellungen, erscheint auch eine Einbeziehung diskurstheoretischer Überlegungen relevant. Es wird ein Ansatz gewählt, der sich an der kritischen Diskursanalyse und der qualitativen Inhaltsanalyse orientiert. Dabei werden ideologische Diskursmechanismen, zu denen Verallgemeinerung, Technisierung, Harmonisierung und Polarisierung gezählt werden, im Text untersucht, um den partikularen Zugang und die spezifische Repräsentation und Ordnung von Wirklichkeit im Good Governance-Konzept aufzuzeigen. In der Analyse hat sich gezeigt, dass die Diskursmechanismen rund um das Good Governance-Konzept dazu dienen, die Strategien und Interventionen der Weltbank in der Politik der Nehmerstaaten zu legitimieren, indem eine klare Problemkonstruktion vorgenommen wird, in der „weak governance“ ein entscheidendes Hemmnis von Armutsbekämpfung und Entwicklung darstellt, politische Angelegenheiten technisiert werden, und mit Good Governance die Notwendigkeit und ein Weg der Transformation aufgezeigt wird.