Abstract (deu)
Der Amphipode Dikerogammarus bispinosus repräsentiert ein rezentes Neozoon aus dem pontokaspischen Becken, das die Zusammensetzung der einheimischen Biozönose großer Flüsse nachhaltig beeinflusst hat. Die euryöke und räuberische Gattung Dikerogammarus gilt gegenüber einheimischen Spezies als konkurrenzstark und erreicht hohe Abundanzen. Populationen einheimischer Amphipoden (z.B. die sympatrische Art Gammarus roeselii) wurden in den besiedelten Habitaten stark reduziert. Wie auch andere Dikerogammarus-Arten ist D. bispinosus nicht in die im Vergleich zu den Unterläufen kälteren Zubringerflüsse aufwärts gewandert, was jedoch denkbar wäre. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, eine Temperaturabhängigkeit des Prädationserfolges der Art D. bispinosus sowie die Auswirkungen der Temperatur auf die einzelnen Bewegungsabläufe beim Ergreifen seiner Beute zu zeigen. In Prädationsversuchen wurden in Mikrokosmen Konkurrenz-Szenarien simuliert, bei denen ein Individuum von D. bispinosus gemeinsam mit einem Exemplar von G. roeselii gehältert wurde (Verhältnis 1:1), sowie Kontroll-Szenarien, bei denen nur ein Exemplar von G. roeselii anwesend war. Diese Versuche wurden bei drei konstanten Versuchstemperaturen (2, 12 und 22 °C) über fünf Tage durchgeführt und das Beutetier bei Bedarf jeweils durch ein neues Individuum ersetzt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Mortaliät von G. roeselii in den Versuchsreihen (1,33 ± 0,22 Ind.) stets signifikant höher als in den Kontrollexperimenten (0,08 ± 0,05 Individuen) war. Weiters war die Mortalität von G. roeselii in den Konkurrenz-Szenarien bei 2°C (0,5 ± 0,2 Ind.) signifikant niedriger als bei 12 °C (1,6 ± 0,3 Ind.) und 22 °C (1,9 ± 0,46 Ind.). Bei Aufzeichnungen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera wurden D. bispinosus-Individuen gemeinsam mit G. roeselii in einer Küvette bei 8 und 18 °C beobachtet und die Bewegungsabläufe beim Ergreifen der Beute analysiert. Die Bewegungen der Gnathopoden dauerten bei 8°C 256,7 ± 43,8 sec ∙ 10-3 und bei 18 °C 69,7 ± 42,2 sec ∙ 10-3, wobei die Dauer signifikant unterschiedlich war. Weiters wurde eine signifikant kürzere Dauer bis zum ersten Angriff auf das Beutetier bei 18 °C gefunden. Die Ergebnisse zeigen, dass es sich bei D. bispinosus um einen hochangepassten Räuber handelt, der kleine Exemplare einheimischer Amphipodenarten innerhalb kurzer Zeit überwältigen und fressen kann, selbst wenn die Tiere über eine ausgehärtete Kutikula verfügen. Bei niedrigen Temperaturen ist die Mortalität potentieller Beutetiere deutlich niedriger. Da jedoch selbst bei sehr niedrigen Temperaturen von 2 °C noch prädatorische Aktivität festgestellt werden kann, ist davon auszugehen, dass der Temperaturfaktor nicht für den Konkurrenzvorteil einheimischer Amphipoden in den Zubringerläufen ausschlaggebend ist, sondern dass andere Faktoren als Erklärung heranzuziehen sind.