Abstract (deu)
Das municipium Aelium Cetium, das unter Kaiser Hadrian gegründet wurde, konnte trotz verschiedener barbarischer Einfälle, Brandkatastrophen, wirtschaftlichen und politischen Höhen und Tiefen seine Beständigkeit bis in die Spätantike wahren. Auch in der spätrömischen Epoche, ab dem Beginn der Alleinregierung Constantins I., erlebte Cetium einen regen Aufschwung. Wie es in den nördlichen und oberitalischen Provinzen üblich war, wurde auch in dieser, dem Limes nahen, römischen Stadt glasierte Keramik produziert. Auf diese Weise wurde die städtische wie auch die ländliche Bevölkerung, die sich keine Terra Sigillata aus den afrikanischen Provinzen leisten konnte, mit Tafelgeschirr, Küchengeschirr und Brandbeigaben versorgt. Diese Produktion begann in St. Pölten um 270 n. Chr., nachdem der Wiederaufbau nach einer Zerstörung ein Aufleben des Handwerkerviertels der Stadt ermöglichte, und fand ihr Ende mit dem Abzug der Romanen und dem Niedergang der Stadt Aelium Cetium als provinziales Zentrum um die Jahrhundertwende zwischen dem 4. und dem 5. Jh. n. Chr.
Bei der St. Pöltner Grabung am Rathausplatz in den Jahren 1988 und 1989 wurden etliche Wohnbauten der Spätantike gefunden. In diesen Wohnbauten fand man unter anderem glasierte Keramik verschiedenster Färbung und Formtypologie. Formtypologisch gibt es Fragmente von Mortarien, Schüsseln, Schalen, Tellern, Krügen bzw. Kannen, Flaschen, Töpfen, Bechern und von einem Kelch. Prozentuell überwiegen die Mortarien. Die typische Färbung der Glasur ist olivgrün und mittelbraun. Von diesen Hauptfarben gibt es unzählige Abweichungen und Varianten, unter anderem auch Zweifärbigkeit, die durch unterschiedliche Komponenten und verschieden hoher Brenntemperatur zustande kam. Dass eine Fingerfertigkeit des Töpfers beim Glasieren nötig war, jedoch nicht immer die notwendige Erfahrung vorhanden war, zeigen etliche Fragmente mit einer nicht einwandfreien Glasur. Zu sehen sind Nadelstiche, größere und kleinere Blasen, Risse und Einschlüsse. Neben der Glasur wurden noch andere Dekorvariationen verwendet um die Gefäße zu verschönern. Es gibt Ratterdekor, Rollrädchendekor, Kerbmuster, Barbotine; am häufigsten findet man Horizontalrillen. Mortarien weisen am Kragenrand eine Engobierung auf. Diese kann bei einigen Exemplaren streifig angebracht worden sein. Dass die glasierte Keramik auch tatsächlich in Aelium Cetium produziert wurde, bestätigen einige Funde von Kermikfragmenten, welche als Fehlbrände angesehen werden können. Eine mögliche weitere Bestätigung liefern auch Reste eines möglichen Ofens, unter dessen Kuppelversturz Fragmente glasierter Gefäße gefunden wurden, unter anderem auch ein Stück mit einem Brennfehler. Dieses Keramikstück wurde aus einem weißlich- rosaroten, oxidierend gebrannten Ton gefertigt. Nach einigen Forschungen, die auch das nahe gelegenen Kastell Favianis/Mautern betrafen, konnte dieser Ton als typisch für die Gegend um den Dunkelsteiner Wald identifiziert werden. Auch anhand von formtypologischen Vergleichen ist eine enge Verbindung zu dem schon erwähnten Kastell zu bestätigen. Nach einer scherbentypologischen Untersuchung konnten für die glasierten Keramikfragmente der Grabung vom St. Pöltner Rathausplatz vier große Übergruppen, welche sich wiederum in 19 verschiedene Typen unterteilen lassen, ausgemacht werden. Die erste Gruppe entspricht der roten, oxidierend gebrannten Keramik. Die zweite große Gruppe umfasst die Scherbentypen, welche durch eine rosa-rötliche bis weiß-gräuliche Brennfarbe definiert werden können. Die dritte Gruppe ist jene der reduzierend gebrannten Einglättkeramik, welche Glasurspritzer als Verunreinigung aufweist. Und als vierte und letzte große Gruppe können jene Typen definiert werden, die nicht sehr häufig vorkommen und bei denen es sich vermutlich um Importe handelt. Somit lässt sich die glasierte Keramik als ein Produkt, welches als Tafelgeschirr, Küchenware und auch als Funeralbeigabe verwendet wurde, definieren. Es handelte sich um ein regionales Produkt, welches in einem organisierten Töpfereibetrieb hergestellt und von dort auch vermarktet wurde. Dass der Handel bis über die Limesgrenze reichte, zeigen glasierte Gefäße, welche im nördlichen freien Germanien gefunden wurden. Das Erzeugnis dieser glasierten Ware setzte ausgebildete Handwerker, eine intakte Infrastruktur und einen Abnehmerkreis, der sich diese Produkte leisten konnte, voraus. Dass mit dem Niedergang des römischen Reiches diese Bedingungen nicht mehr gegeben waren, bedeutete somit auch einen Niedergang der glasierten Ware in den nördlichen Provinzen.