Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit stellt zunächst die politische, gesellschaftliche und religiöse Situation ab der Mitte des 19. Jahrhunderts vor und setzt sich dann mit dem Wirken dreier Kapläne (Franz Peter Eduard Cronenberg, Franz Hitze, Otto Müller) auseinander.
Diese jungen Kapläne, die alle aktiv in der Politik (Zentrumspartei) in unterschiedlichen Positionen tätig waren, gehörten zu einer Gruppe junger Kleriker, die in der Literatur als ˌrote Kapläne/Hetzkapläneˈ bezeichnet wurden und sich früher als manche ihrer Amtsbrüder der Notwendigkeit einer Hilfestellung für die Arbeiter bewusst wurden.
Bestärkt durch die Aufklärung, die Revolutionen von 1848, das Wirken und die Schriften des Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler – mit seinen Forderungen nach umfassendem Arbeiterschutz – bzw. durch Rerum novarum erkannten sie, dass die Lösung der Arbeiterfrage schlussendlich nur durch Eingliederung der Arbeiter in die Gesellschaft gelöst werden konnte.
Durch die Parteiengründungen, die ab ca. 1860 einsetzten, verstärkte sich die Sorge der Kirche, dass sich immer mehr Arbeiter von der Kirche trennen könnten. Es erfolgte eine Umgestaltung der bisherigen Vereine in zunächst christlich-soziale, deren Tätigkeitsfeld über das rein seelsorgerische Moment hinausging, den Arbeitern einerseits auch Unterhaltungsmöglichkeiten und die Gelegenheit, sich untereinander austauschen zu können, boten und andererseits auch die Möglichkeit einer wirtschaftlichen und politischen Fortbildung einschloss. Die christlich-sozialen Vereine wurden abgelöst durch die katholischen Arbeitervereine, dem Volksverein, die christliche Gewerkschaft und schließlich durch die Unterstellung der Vereine in Dachorganisationen.
Cronenberg versuchte eine Besserstellung der Arbeiter auf genossenschaftliche, eher egalitäre Weise zu erreichen. Hitze bevorzugte das paternalistische System, das der grundsätzlichen Ausrichtung der Kirche entsprach. Hingegen sah Müller nur über eine verstärkte Arbeiterbildung, die in der Lage war, Führungskräfte aus den eigenen Reihen hervorzubringen, eine Möglichkeit, Einfluss der katholischen Arbeitervereine in die politischen Gremien über die ˌpolitischen Komiteesˈ zu gewinnen. Durch die Zusammenziehung der katholischen Arbeitervereine zu Verbänden, die u.a. auf seine Anregung geschah, sollte eine bessere Koordination der sozialen Bestrebungen erreicht werden.
Selbständiges Denken und Handeln ließ sich bei allen drei Akteuren nachweisen. Allerdings waren alle drei durch die Unmöglichkeit, die Stellung eines Geistlichen mit dem eines Politikers zu vereinen, zumindest zeitweise von Zerrissenheit und Isolation betroffen.
Ziel der Bestrebungen dieser Kapläne war es, die Arbeiter aus ihrer kollektiven Ohnmacht zu befreien, ihnen Hoffnung zu geben und sie zu einer Solidargemeinschaft zu machen.