Abstract (deu)
In dieser Arbeit werden sprachliche und stilistische Besonderheiten einiger Konstruktionen aus Handkes Aufzeichnungen Gestern unterwegs dargestellt und analysiert. Im Wesentlichen lassen sich diese Besonderheiten als eine unkonventionelle oder auch spielerische Verwendung von Subjekt und Objekt betrachten. Diese Phänomene werden hier auf Grund ihrer Nähe zur grammatischen Ergativität mit dem Terminus ästhetische Ergativität benannt. Diese ästhetische Ergativität drückt sich nun durch verschiedenartige Konstruktionen aus, die in dieser Arbeit in drei Hauptkategorien gegliedert werden, bei welchen jeweils unterschiedliche Wirkungsweisen herausgearbeitet werden. So lässt sich bei den prädikatlosen Konstruktionen einerseits feststellen, dass diese oft bildliche Beschreibungen enthalten, die auf die erzählte Außenwelt verweisen, während die Infinitivkonstruktionen auf die Innenwelt verweisen. Bei den Konstruktionen beider Kategorien zeigt sich zudem, dass sich durch das Fehlen einer Konstituente Leerstellen eröffnen und somit dem Leser ein automatisiertes Lesen verwehrt bleibt. Überdies haben beide Kategorien gemeinsam, dass ihnen Konstruktionen zugeordnet werden, denen eine Indexfunktion in dem Sinne zugesprochen werden kann, dass sie als sinngebend für nachstehende Absätze angesehen werden können. Dies wird anhand einer ausführlichen Analyse ausgewählter Konstruktionen aufgezeigt. Daneben drückt sich die ästhetische Ergativität in solchen Konstruktionen aus, bei welchen das handelnde bzw. empfinden-de Subjekt nicht, wie gewohnt, durch ein Agens, sondern durch ein Patiens ausgedrückt wird, welches entweder mit dem Akkusativ oder aber mit dem Dativ markiert ist. Inner-halb der Analyse der Konstruktionen dieser Kategorie zeigt sich zudem die Vertiefung einer bestimmten Thematik, welche am Ende des Textes ihren Höhepunkt findet. Dabei wird im Wesentlichen das Ich in dem Sinne thematisiert, unter welchem Blickwinkel es wahrgenommen wird und wie es sich selbst und seine Umwelt wahrnimmt.
Des Weiteren werden im Zuge der ästhetischen Ergativität die Eigenschaften grammatischer Kategorien der traditionellen Grammatik beschrieben und ihre Wirkung auf die Wirklichkeitswahrnehmung dargestellt. Neben einer Kritik an dieser durch die Verwen-dung der besagten Grammatik entstehenden Wirklichkeitssicht, werden zudem Teile einer direkten Sprachkritik Handkes dargestellt. Dementsprechend zeigt sich, dass die ästhetische Ergativität ein Mittel darstellt, einerseits die kritischen Aspekte zu umgehen, andererseits direkte Forderungen Handkes an Literatur und Sprachverwendung im All-gemeinen zu erfüllen. Darüber hinaus stelle ich dar, dass ästhetische Ergativität als eine Variante des stilistischen Passivs angesehen werden kann.