Abstract (deu)
In der vorliegenden Arbeit wurde der Frage nachgegangen, ob sich in den ersten Werken der Geistigbehindertenpädagogik, die zur Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben wurden, Theorien aus den psychologischen Strömungen bzw. Annahmen über die menschliche Seele dieser Zeit finden lassen. Weiters wurde gefragt, ob solche Theorien das Denken der damaligen Autoren, welche sich den Phänomenen des Kretinismus, Idiotismus oder des Blödsinns widme-ten, beeinflussten. Um diese Frage zu beantworten, wurden die Werke von vier Autoren analysiert, die als Pioniere der deutschsprachigen Geistigbehindertenpädagogik bezeichnet wer-den können. Diese Autoren sind J. J. Guggenbühl, C. W. Sägert, J. D. Georgens und H. M. Deinhardt.
Im theoretischen Teil der Arbeit wurde das Seelenverständnis zur Zeit des 19. Jahrhunderts und davor eingehender beleuchtet und anschließend wurde ein Überblick über die psychologischen Strömungen des Untersuchungszeitraumes gegeben. Um herauszufinden, ob die damaligen psychologischen Theorien bzw. das damalige Seelenverständnis das Behindertenbild der ausgewählten Autoren beeinflusste, wurde mit Hilfe der Inhaltsanalyse nach Mayring analysiert, inwiefern sich innerhalb dieses Denkens psychologische Theorien oder Theorien über die Seele finden lassen.
Im Zuge der Analyse wurde festgestellt, dass in den untersuchten Werken über die Hinwen-dung zu „idiotischen“, „blödsinnigen“ oder „kretinösen“ Kindern sowohl Theorien über die menschliche Seele als auch Annahmen der psychologischen Strömungen aus dem Zeitraum des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts einflossen. Besonders die Annahmen aus der Strömung der physiologischen Psychologie, der Sinnesphysiologie und der Neuropsy-chologie, aber auch vereinzelt Theorien aus anderen Bereichen, z.B. aus der Temperamentenlehre, der Physiognomik oder der Völkerpsychologie, fanden Eingang in das damalige Denken über „Idiotie“, Blödsinn“ oder „Kretinismus“.