Homosexualität sei 'unafrikanisch'. Die sexuelle Liebe zweier Menschen gleichen Geschlechts ist wider Gottes Schöpfung und verstößt gegen die christliche Moral. Schwule sind keine 'echten' Männer und Lesben nehmen den 'echten' Männern die Frauen weg. Homosexualität ist wie eine 'Krankheit', ein genetischer 'Defekt' oder doch eher ein aus dem Westen kommender 'lifestyle'? Umso mehr stellen Menschen, die ihre 'anormale' Sexualität öffentlich ausleben, eine 'Gefahr' für Südafrika dar. Sei es, weil sie ihre Pflichten zur gesellschaftlichen Reproduktion 'rein natürlich' nicht erfüllen können, weil Kinder einen Vater und eine Mutter brauchen oder weil die junge, 'afrikanische' Generation sich womöglich von solchen 'Moden' inspirieren lässt und gleichgeschlechtliche Liebe dann zu etwas 'ganz normalem' würde.
Solche Argumente prägen den gegenwärtigen Diskurs über gleichgeschlechtliches Begehren in Südafrika – ein Land, das mit der frühen Missionierung, einer mit Machtkämpfen und Kriegen gespickten Kolonialzeit sowie der noch nicht allzu weit zurückliegenden Periode strikter, rassistischer Segregation auf eine spannungsreiche und blutige Geschichte zurückblickt.
Seit dem Ende der Apartheid hat sich jedoch so manches verändert. Südafrikas progressive und äußerst liberale Verfassung sieht neben dem Diskriminierungsverbot von 'race', Geschlecht und Ethnizität unter anderem auch den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung vor. Damit ist Südafrika das erste Land weltweit, das eine rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in der Verfassung verankert hat. Was jedoch die gesellschaftlichen Realität anbelangt, ist vieles beim Alten geblieben. Nach wie vor werden Menschen wegen ihrer sexuellen Identität mit psychischer und physischer Gewalt konfrontiert. Häufig wird diese legitimiert indem auf die oben angeführten Argumente verwiesen wird.
Darum ist das Ziel der Arbeit, diese Argumente einer kritischen Analyse zu unterziehen. Vielfach handelt es sich um Argumente, die auch im scheinbar toleranteren, modernen und liberalen 'Westen' gebräuchlich sind. Wie jedoch funktionieren diese Argumentationen im spezifischen Kontext südafrikanischer Geschichte? Auf welche Konzepte, Ideologien und Vorstellungen berufen sie sich? Wie werden die Argumente verwendet um heterosexuelle Normen zu produzieren und gleichgeschlechtliches Begehren zu stigmatisieren? Welche Verknüpfungen und Widersprüche befinden sich zwischen bzw. innerhalb der einzelnen Argumentationsstränge? Und schließlich: Warum nimmt ausgerechnet 'der Homosexuelle' eine so dominante Position im südafrikanischen post-Apartheidsdiskurs ein?
Diese Fragen geleiten durch diese Arbeit, die sich als Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in Afrika versteht. Analysiert wurden qualitative Interviews die großteils während eines einmonatigen Forschungsaufenthalts in Südafrika durchgeführt wurden. Die Ergebnisse wurden in den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Debatten eingebettet.
Homosexuality is 'un-African', a 'Western' import and the continuance of imperialism. It is an immoral behaviour, an act against God's creation. Same-sexual identities furthermore are 'threatening' the ideal image of 'African men', patriarchy and heteronormative social structures. Homosexuality is caused by chromosomal 'dysfunctions' that make them oppose the biologically determined obligation of reproduction. They are mentally 'sick', 'confused' or 'possessed' by bad spirits. And finally, homosexuality is a wrong 'lifestyle' caused by a lack of educational control or even 'wrong' education. As it could 'influence' other people, in particular the young, 'African' generation, to take on such a 'scandalous habit', it must be prohibited.
This is a sample of popular arguments against same-sexual desires in modern South Africa – a country which has one of the most progressive and liberal constitutions in the world. South Africa looks back on an intense period of evangelisation, colonial struggles and a violent regime of strict racial segregation. Since the implementation of the new Post-Apartheid Constitution, discrimination not only on the grounds of race, gender, sex, ethnic origin and other social markers, but also on the grounds of sexual orientation is prohibited.
However, in many cases the legal protection of diverse genders and sexual identities does not correspond to the realities of LGBTIQ-people. They still experience a lot of stigmatisation. Physical and psychological violence often is justified by referring to the arguments cited above.
For these reasons, my work aims to conduct a critical investigation on arguments against same-sexual desires in South Africa. What ideas, ideologies and concepts are the basis of such arguments? How are they related to each other and in what way are they used to stigmatize people who openly express their same-sexual identity? How does the production of heterosexual norms work within this frame? To what extent are those norms connected to power? In what way contribute ostensibly more tolerant and modern 'Western' countries to the non-acceptance of homosexual behaviour in South Africa? And finally: Why exactly is it the figure of 'the homosexual' which plays such a crucial role within South Africa's Post-Apartheid discourse.
Guided by these questions, this thesis contributes to the scientific research on same-sexualities in Africa. It is based on the analysis of qualitative interviews mainly conducted during a one-month field-trip in South Africa. The analysis is based on current, scientific debates.
Homosexualität sei 'unafrikanisch'. Die sexuelle Liebe zweier Menschen gleichen Geschlechts ist wider Gottes Schöpfung und verstößt gegen die christliche Moral. Schwule sind keine 'echten' Männer und Lesben nehmen den 'echten' Männern die Frauen weg. Homosexualität ist wie eine 'Krankheit', ein genetischer 'Defekt' oder doch eher ein aus dem Westen kommender 'lifestyle'? Umso mehr stellen Menschen, die ihre 'anormale' Sexualität öffentlich ausleben, eine 'Gefahr' für Südafrika dar. Sei es, weil sie ihre Pflichten zur gesellschaftlichen Reproduktion 'rein natürlich' nicht erfüllen können, weil Kinder einen Vater und eine Mutter brauchen oder weil die junge, 'afrikanische' Generation sich womöglich von solchen 'Moden' inspirieren lässt und gleichgeschlechtliche Liebe dann zu etwas 'ganz normalem' würde.
Solche Argumente prägen den gegenwärtigen Diskurs über gleichgeschlechtliches Begehren in Südafrika – ein Land, das mit der frühen Missionierung, einer mit Machtkämpfen und Kriegen gespickten Kolonialzeit sowie der noch nicht allzu weit zurückliegenden Periode strikter, rassistischer Segregation auf eine spannungsreiche und blutige Geschichte zurückblickt.
Seit dem Ende der Apartheid hat sich jedoch so manches verändert. Südafrikas progressive und äußerst liberale Verfassung sieht neben dem Diskriminierungsverbot von 'race', Geschlecht und Ethnizität unter anderem auch den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung vor. Damit ist Südafrika das erste Land weltweit, das eine rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in der Verfassung verankert hat. Was jedoch die gesellschaftlichen Realität anbelangt, ist vieles beim Alten geblieben. Nach wie vor werden Menschen wegen ihrer sexuellen Identität mit psychischer und physischer Gewalt konfrontiert. Häufig wird diese legitimiert indem auf die oben angeführten Argumente verwiesen wird.
Darum ist das Ziel der Arbeit, diese Argumente einer kritischen Analyse zu unterziehen. Vielfach handelt es sich um Argumente, die auch im scheinbar toleranteren, modernen und liberalen 'Westen' gebräuchlich sind. Wie jedoch funktionieren diese Argumentationen im spezifischen Kontext südafrikanischer Geschichte? Auf welche Konzepte, Ideologien und Vorstellungen berufen sie sich? Wie werden die Argumente verwendet um heterosexuelle Normen zu produzieren und gleichgeschlechtliches Begehren zu stigmatisieren? Welche Verknüpfungen und Widersprüche befinden sich zwischen bzw. innerhalb der einzelnen Argumentationsstränge? Und schließlich: Warum nimmt ausgerechnet 'der Homosexuelle' eine so dominante Position im südafrikanischen post-Apartheidsdiskurs ein?
Diese Fragen geleiten durch diese Arbeit, die sich als Beitrag zur wissenschaftlichen Erforschung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen in Afrika versteht. Analysiert wurden qualitative Interviews die großteils während eines einmonatigen Forschungsaufenthalts in Südafrika durchgeführt wurden. Die Ergebnisse wurden in den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Debatten eingebettet.
Homosexuality is 'un-African', a 'Western' import and the continuance of imperialism. It is an immoral behaviour, an act against God's creation. Same-sexual identities furthermore are 'threatening' the ideal image of 'African men', patriarchy and heteronormative social structures. Homosexuality is caused by chromosomal 'dysfunctions' that make them oppose the biologically determined obligation of reproduction. They are mentally 'sick', 'confused' or 'possessed' by bad spirits. And finally, homosexuality is a wrong 'lifestyle' caused by a lack of educational control or even 'wrong' education. As it could 'influence' other people, in particular the young, 'African' generation, to take on such a 'scandalous habit', it must be prohibited.
This is a sample of popular arguments against same-sexual desires in modern South Africa – a country which has one of the most progressive and liberal constitutions in the world. South Africa looks back on an intense period of evangelisation, colonial struggles and a violent regime of strict racial segregation. Since the implementation of the new Post-Apartheid Constitution, discrimination not only on the grounds of race, gender, sex, ethnic origin and other social markers, but also on the grounds of sexual orientation is prohibited.
However, in many cases the legal protection of diverse genders and sexual identities does not correspond to the realities of LGBTIQ-people. They still experience a lot of stigmatisation. Physical and psychological violence often is justified by referring to the arguments cited above.
For these reasons, my work aims to conduct a critical investigation on arguments against same-sexual desires in South Africa. What ideas, ideologies and concepts are the basis of such arguments? How are they related to each other and in what way are they used to stigmatize people who openly express their same-sexual identity? How does the production of heterosexual norms work within this frame? To what extent are those norms connected to power? In what way contribute ostensibly more tolerant and modern 'Western' countries to the non-acceptance of homosexual behaviour in South Africa? And finally: Why exactly is it the figure of 'the homosexual' which plays such a crucial role within South Africa's Post-Apartheid discourse.
Guided by these questions, this thesis contributes to the scientific research on same-sexualities in Africa. It is based on the analysis of qualitative interviews mainly conducted during a one-month field-trip in South Africa. The analysis is based on current, scientific debates.