Abstract (deu)
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Frage, ob Frauen in unserem kulturellen Erbe repräsentiert werden. Sie versteht sich als Beitrag zur Frauen- und Geschlechtergeschichte und als Aufbereitung empirischer Daten für weitere Forschungsarbeiten. Im Zentrum der Arbeit steht die Analyse eines walisischen Freilicht- und Volksmuseums, St. Fagans: National History Museum. Der Fokus liegt dabei auf der Freilichtausstellung und dem Foto-Archiv, die auf ihre Repräsentationen von Frauen hin untersucht werden. Die verwendeten Quellen waren einerseits die Freilichtausstellung des Museums selbst, andererseits ein Korpus von 72 Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Foto-Archiv von St. Fagans. Die Leitfrage der Studie lautet: „Ist unser kulturelles Erbe blind für Geschlechterbeziehungen?“. Es wird davon ausgegangen, dass alle Orte durch Gender geprägt sind und dadurch zum Aufbau und der Stärkung von Geschlechterbeziehungen und -hierarchien beitragen. Gleichzeitig wird diese Vergeschlechtlichung von Orten oft ignoriert und Volksmuseen und historische Freizeitparks neigen dazu Inhalte zu simplifizieren und sich der nostalgischen Vergangenheitsverherrlichung zu verschreiben, statt die Besucherinnen und Besucher durch die Aufbereitung radikaler neuer Ideen zum Denken zu bringen.
Am Beginn der Arbeit steht die Auseinandersetzung mit dem Begriff „heritage“, der auf Deutsch nur wenig zufriedenstellend als „kulturelles Erbe“ übersetzt werden kann. Einige Begriffsdefinitionen werden diskutiert und anschließend das Konzept des Begriffs vorgestellt, das in der vorliegenden Arbeit verwendet wird. Ein Überblick über die Geschichte des Begriffs, sowie die Vorstellung einiger (internationaler und nationaler) Organisationen, die sich mit der Identifikation und dem Schutz von so genanntem Weltkulturerbe befassen schließen Kapitel 2 ab. Kapitel 3 verbindet das Konzept kulturellen Erbes mit Geschlechtlichkeit und zeigt den Zusammenhang zwischen dinglichem und nicht dinglichem Kulturgut und Geschlechterbeziehungen und -rollen auf. Kapitel 4 stellt das Museum vor, in dem die Recherchen durchgeführt wurden: St. Fagans: National History Museum, ein Freilichtmuseum außerhalb von Cardiff, Wales. Zunächst wird die Geschichte der Freilichtmuseen im Allgemeinen erörtert, um dann genauer auf St. Fagans einzugehen. Die Ausstellungen und Archive des Museums werden vorgestellt und ein Zusammenhang zwischen dem Freilichtmuseum und dem Begriff „kulturelles Erbe“ wird hergestellt. Kapitel 5 zeigt den methodischen Zugang, der für die Arbeit gewählt wurde, nämlich ein feministischer Zugang zur Geschichtsforschung, bei dem die vorliegenden Quellen kritisch und aus einer geschlechtersensiblen Perspektive beleuchtet werden und auch Abwesenheiten und bewusste oder unbewusste Auslassungen analysiert werden. Kapitel 6 bildet das Herz der Studie, d.h. die Analyse der Freilichtausstellung und des Foto-Archivs von St. Fagans: National History Museum. Die Darstellung von Frauen in den Gebäuden von St. Fagans wird genau beschrieben und dabei muss man feststellen, dass das weibliche Geschlecht auf einige wenige Bereiche reduziert wird, nämlich Hausarbeit und Familie. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle und den Leben der Frauen ist weitestgehend nicht gegeben. Interessanterweise ist es möglich einige offensichtlich 'männliche' Gebäude zu identifizieren, während das selbe für 'weibliche' Orte nicht möglich ist. Im Bezug auf das Foto-Archiv wurde absichtlich der Fokus Hausarbeit gewählt. Den Einstieg bildet eine kurze quantitative Beschreibung der Struktur und Organisation des Archivs, der Hauptteil besteht jedoch aus einer qualitativen Analyse einzelner Bilder und Bildgruppen, sowie der Herkunft der Bilder. Unterschieden wird zwischen Bildern, die dem Museum gespendet wurden und solchen, die vom Museumspersonal in Auftrag gegeben oder zu Dokumentationszwecken sogar selbst gemacht wurden. In beiden Bereichen werden auch Auslassungen und Absenzen analysiert. Es ist festzustellen, dass das Museum einerseits zwar eine Fülle von Quellen zur Frauen- und Geschlechtergeschichte beinhaltet, diese andererseits jedoch sehr einseitig und unkritisch behandelt werden. Kapitel 7 zeigt die Probleme auf, mit denen Freilichtmuseen und historische Freizeitattraktionen zu kämpfen haben und will somit verdeutlichen, dass die bestehenden Schwächen nicht immer leicht zu beseitigen sind. Es gibt Probleme bei der Arbeit mit Museen und Archiven. Weiters besteht eine große Spannung zwischen der Institution als Bildungseinrichtung und der Notwendigkeit Publikum anzuziehen und somit ein gewisses Maß an Unterhaltung zu bieten. Im Fall von Wales wird noch ein weiterer Faktor deutlich: Die Abgrenzung zu England und der englischen oder britischen Kultur ist nach wie vor sehr wichtig und der Aufbau und die Erhaltung einer nationalen Identität scheinen schlicht und einfach wichtiger als die Einbeziehung von Geschlechtergeschichte. Abschließend werden einige Vorschläge für Verbesserungen in der Zukunft gemacht und Kapitel 8 fasst die Inhalte der Studie noch einmal zusammen und endet mit einigen persönlichen Abschlussbemerkungen.