Abstract (deu)
In der vorliegenden Arbeit soll die Entwicklungsgeschichte des Osmanischen Reiches zwischen dem 14. und dem 20. Jahrhundert im Zentrum der Betrachtung stehen, wobei die wirtschaftlichen und politischen Wechselbeziehungen zwischen Okzident und Orient die Orientierungslinie bilden sollen. Mit Hilfe der Weltsystemtheorie von Immanuel Wallerstein sollen dabei die Kategorien des Zentrums, der Semiperipherie und der Peripherie auf die Konstellation der Hauptakteure innerhalb des gewählten Zeitraumes Anwendung finden. Wallerstein nimmt an, mit diesen Klassifikationen die Grundlage der Prozesse, die seiner Meinung nach zur Herausbildung des modernen Weltsystems geführt haben, klarer benennen zu können, die er in der wirtschaftlichen Entwicklung sieht.
Darauf aufbauend soll das Verständnis‘ Fernand Braudels von Markt und Antimarkt Anwendung auf die im Wallerstein‘schen Sinne identifizierten staatlichen Protagonisten finden. Diese Darstellungen sollen wiederum vor dem theoretischen Hintergrund eines weiteren Konzepts Braudels zusammengefasst werden: Das drei-Zeiten-Modell soll dieser Arbeit einerseits den zeitlichen Rahmen liefern, indem die Zeitspanne vom 1300-1900 als ‚longue durée‘ verstanden wird. Des Weiteren soll in den drei gewählten Betrachtungsperioden – die Entwicklungen des Osmanischen Reiches vor 1600; die Entwicklungen in Nordwesteuropa um 1600; sowie die Entwicklungen des Osmanischen Reiches nach 1600 – die Differenzierug der ausgewählten Aspekte von der ‚histoire cyclique‘ geleitet sein. Als oberste Schicht der Betrachtung legt die ‚histoire évémentielle‘ das Augenmerk auf die politische Ereignisgeschichte, wobei eine obere Kategorie jeweils von ihrer Unteren eingebettet werden soll.
Der Arbeit liegt die Forschungsfrage zu Grunde, welche Zusammenhänge sich zwischen der Eingliederung des Osmanischen Reiches in eine expandierende europäische Weltwirtschaft (erstens), der sogenannten Industrialisierung Nordwesteuropas (zweitens) und dem letztendlichen Niedergang und Zerfall des Osmanenreichs (drittens) zu Beginn des 20. Jahrhunderts herstellen lassen? Hierbei sollen vor allem die wirtschaftspolitische Verfasstheit und soziale Strukturierung des Osmanischen Reiches der klassischen Periode von 1300 bis 1600 jenen der Phase von 1600 bis 1900 gegenübergestellt und die sich ergebenden Unterschiede auf ihre Verbindung zu den Entwicklungen Nordwesteuropas geprüft werden. Die der Frage unterstellte Relevanz leitet sich von der Bedeutung der geopolitischen und weltwirtschaftlichen Lage der arabischen Staaten während des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts ab, die ihren Ausgang am Ende des Osmanischen Reiches nahmen.