You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1307588
Title (deu)
Zwischen Gewalt und friedlicher Koexistenz
Muslime und Christen im spätosmanischen Kosovo, 1870 - 1913
Parallel title (eng)
Between Violence and Peaceful Coexistence - Muslims and Christians in Late Ottoman Kosovo, 1870-1913
Author
Eva Anne Frantz
Adviser
Oliver Schmitt
Assessor
Oliver Schmitt
Assessor
Arnold Suppan
Abstract (deu)

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage nach den unterschiedlichen Formen sowie den Dynamiken und Mechanismen des Zusammenlebens von Muslimen und Christen im spätosmanischen Kosovo im Zeitraum 1870 bis 1913. Die Analyse konzentriert sich hierbei auf die Untersuchung des Verhältnisses zwischen albanischen Muslimen, albanischen Katholiken und orthodoxen Slawen. Gezeigt wird, dass die interreligiösen und interethnischen Beziehungen von einer friedlichen Koexistenz und in bestimmten Bereichen des alltäglichen Lebens durch ein Miteinander, daneben aber auch durch Konflikte und Gewalt gekennzeichnet waren. Die Arbeit verfolgt einen geschichtswissenschaftlichen Ansatz, greift methodisch aber auch kulturwissenschaftliche und soziologische Fragestellungen auf. Einen zentralen Platz nimmt das Konzept der „Lebenswelten“ ein, das als geeignet betrachtet wird, das Zusammenleben von verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen in einer Gesellschaft zu untersuchen. Innerhalb des lebensweltlichen Ansatzes wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Aspekt der sozialen Kommunikation gelegt, die sowohl verständigungsorientierte und friedliche, als auch gewaltsame Formen annehmen kann. Der behandelte Zeitraum war durch tiefgreifende politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen und Umwälzungen gekennzeichnet, die das interreligiöse und interethnische Zusammenleben beeinflussten und zu einer Verschlechterung desselben führten. Vor diesem Hintergrund waren Gefühle von Unsicherheit und Angst sowohl in der muslimischen als auch in der christlichen Bevölkerung verbreitet. Zu einer Destabilisierung der interethnischen und interreligiösen Beziehungen trugen die politische, wirtschaftliche und militärische Krise des Osmanischen Reiches in Verbindung mit seiner Reformpolitik bei, des Weiteren der zunehmende Einfluss der europäischen Großmächte und der benachbarten Balkanstaaten mit ihren territorialen Expansionsbestrebungen in der Region sowie die stärkere Präsenz der christlichen Religionen im öffentlichen Raum. Zu beobachten sind Spannungen und gewaltsame Konflikte zwischen albanischen Muslimen und orthodoxen Serben, aber auch innerhalb der albanischen Bevölkerung zwischen Katholiken und Muslimen. Abgrenzungen gegenüber den „Anderen“ vollzogen sich sowohl in religiösen als auch in ethnischen Kategorien, daneben bestimmten aber auch lokale, kleinregionale und soziale Zugehörigkeiten die Lebenswelten. Koexistierende Lebenswelten offenbarten sich in weitgehend getrennten Rechtswelten, dem stark konfessionell gegliederten Schulunterricht und in den überwiegend religiös und ethnisch segregierten Stadtvierteln und Dorfteilen. Zu einem engeren Kontakt kam es in der Stadt auf dem Markt, im ländlichen Raum auf dem Gutshof zwischen meist muslimischen Gutsbesitzern und christlichen Pachtbauern sowie im Rahmen der Praxis der albanischen Klosterwächter und der albanischen Schutzgewährleistung für Orthodoxe. Auch im religiösen Bereich zeigt die transkulturelle religiöse Praxis enge Kontakte zwischen Muslimen und Christen. Insbesondere die unterschiedlichen Gewalterfahrungen von Albanern und Serben während der großen Orientkrise 1875 bis 1878 und im serbisch-osmanischen Krieg 1877/78 sowie im Ersten Balkankrieg 1912/13 führten zu getrennten Lebens- und Erfahrungswelten sowie zu exklusiven Abgrenzungsformen.

Abstract (eng)

The thesis treats different forms as well as dynamics and mechanisms of living together of Muslims and Christians in late Ottoman Kosovo in the period between 1870 and 1913 focusing on the study of the relationship between Albanian Muslims, Albanian Catholics and Orthodox Slavs. It shows that interreligous and interethnic relations were characterised in everyday life by a mixture of peaceful coexistence and cooperation, but also conflicts and violence. The study adopts approaches of the historical sciences, but also includes research questions of the cultural sciences and sociology. The concept of the lifeworld is well-suited for analyzing different forms of living together of various religious and ethnic groups and occupies a central position in the investigation. A special emphasis concerns the aspect of social communication including both peaceful interaction and orientation towards agreement and as well violence caused by disagreement. The period of investigation was characterised by profound political, social and economic changes which influenced the interreligious and interethnic living together and lead to a deterioration of relations. Fear and uncertainty became widespread in Muslim and Christian communities. Interreligious and interethnic relations destabilised in consequence of the political, economic and military crisis of the Ottoman Empire exacerbated by its reform policy, the growing influence of the European Great Powers and territorial ambitions in the neighbouring Balkan states as well as the increasing presence of the Christian denominations in public spheres. Tensions and violent conflicts between Albanian Muslims and Orthodox Serbs, but also within the Albanian population between Catholics and Muslims, can be observed. Boundaries seperating “the others” were drawn both within religious as well as in ethnic categories; moreover, different local, regional and social affiliations exerted their influence on lifeworlds. These lifeworlds coexisted in largly separate legal worlds, confessionally organised schools and predominantly religiously and ethnically segregated city and village quarters. A closer contact between the different goups developed at the market in the town, in rural regions on the agricultural estates between mostly Muslim land owners and Christian peasants as well as in the area of influence of Albanian monastic guardians and the Albanian safeguards for Orthodox individuals. Close contacts between Muslims and Christians also appear within a transcultural religious practice. In particular, it was the diverging Serb and Albanian experiences of violence during the Great Eastern Crisis in the years 1875 until 1878 and the Serbo-Ottoman War 1877/78 as well as the First Balkan War 1912/13 that lead to separate lifeworlds and worlds of experience as well as exclusive forms of boundary drawing.

Keywords (eng)
Kosovo /Ottoman EmpireMuslimsChristiansViolence /ConflictLifeworlds
Keywords (deu)
KosovoOsmanisches ReichMuslimeChristenGewaltKonfliktLebenswelten
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1307588
rdau:P60550 (deu)
438 S. : Ill.
Number of pages
438
Members (1)
Title (deu)
Zwischen Gewalt und friedlicher Koexistenz
Muslime und Christen im spätosmanischen Kosovo, 1870 - 1913
Parallel title (eng)
Between Violence and Peaceful Coexistence - Muslims and Christians in Late Ottoman Kosovo, 1870-1913
Author
Eva Anne Frantz
Abstract (deu)

Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage nach den unterschiedlichen Formen sowie den Dynamiken und Mechanismen des Zusammenlebens von Muslimen und Christen im spätosmanischen Kosovo im Zeitraum 1870 bis 1913. Die Analyse konzentriert sich hierbei auf die Untersuchung des Verhältnisses zwischen albanischen Muslimen, albanischen Katholiken und orthodoxen Slawen. Gezeigt wird, dass die interreligiösen und interethnischen Beziehungen von einer friedlichen Koexistenz und in bestimmten Bereichen des alltäglichen Lebens durch ein Miteinander, daneben aber auch durch Konflikte und Gewalt gekennzeichnet waren. Die Arbeit verfolgt einen geschichtswissenschaftlichen Ansatz, greift methodisch aber auch kulturwissenschaftliche und soziologische Fragestellungen auf. Einen zentralen Platz nimmt das Konzept der „Lebenswelten“ ein, das als geeignet betrachtet wird, das Zusammenleben von verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen in einer Gesellschaft zu untersuchen. Innerhalb des lebensweltlichen Ansatzes wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Aspekt der sozialen Kommunikation gelegt, die sowohl verständigungsorientierte und friedliche, als auch gewaltsame Formen annehmen kann. Der behandelte Zeitraum war durch tiefgreifende politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen und Umwälzungen gekennzeichnet, die das interreligiöse und interethnische Zusammenleben beeinflussten und zu einer Verschlechterung desselben führten. Vor diesem Hintergrund waren Gefühle von Unsicherheit und Angst sowohl in der muslimischen als auch in der christlichen Bevölkerung verbreitet. Zu einer Destabilisierung der interethnischen und interreligiösen Beziehungen trugen die politische, wirtschaftliche und militärische Krise des Osmanischen Reiches in Verbindung mit seiner Reformpolitik bei, des Weiteren der zunehmende Einfluss der europäischen Großmächte und der benachbarten Balkanstaaten mit ihren territorialen Expansionsbestrebungen in der Region sowie die stärkere Präsenz der christlichen Religionen im öffentlichen Raum. Zu beobachten sind Spannungen und gewaltsame Konflikte zwischen albanischen Muslimen und orthodoxen Serben, aber auch innerhalb der albanischen Bevölkerung zwischen Katholiken und Muslimen. Abgrenzungen gegenüber den „Anderen“ vollzogen sich sowohl in religiösen als auch in ethnischen Kategorien, daneben bestimmten aber auch lokale, kleinregionale und soziale Zugehörigkeiten die Lebenswelten. Koexistierende Lebenswelten offenbarten sich in weitgehend getrennten Rechtswelten, dem stark konfessionell gegliederten Schulunterricht und in den überwiegend religiös und ethnisch segregierten Stadtvierteln und Dorfteilen. Zu einem engeren Kontakt kam es in der Stadt auf dem Markt, im ländlichen Raum auf dem Gutshof zwischen meist muslimischen Gutsbesitzern und christlichen Pachtbauern sowie im Rahmen der Praxis der albanischen Klosterwächter und der albanischen Schutzgewährleistung für Orthodoxe. Auch im religiösen Bereich zeigt die transkulturelle religiöse Praxis enge Kontakte zwischen Muslimen und Christen. Insbesondere die unterschiedlichen Gewalterfahrungen von Albanern und Serben während der großen Orientkrise 1875 bis 1878 und im serbisch-osmanischen Krieg 1877/78 sowie im Ersten Balkankrieg 1912/13 führten zu getrennten Lebens- und Erfahrungswelten sowie zu exklusiven Abgrenzungsformen.

Abstract (eng)

The thesis treats different forms as well as dynamics and mechanisms of living together of Muslims and Christians in late Ottoman Kosovo in the period between 1870 and 1913 focusing on the study of the relationship between Albanian Muslims, Albanian Catholics and Orthodox Slavs. It shows that interreligous and interethnic relations were characterised in everyday life by a mixture of peaceful coexistence and cooperation, but also conflicts and violence. The study adopts approaches of the historical sciences, but also includes research questions of the cultural sciences and sociology. The concept of the lifeworld is well-suited for analyzing different forms of living together of various religious and ethnic groups and occupies a central position in the investigation. A special emphasis concerns the aspect of social communication including both peaceful interaction and orientation towards agreement and as well violence caused by disagreement. The period of investigation was characterised by profound political, social and economic changes which influenced the interreligious and interethnic living together and lead to a deterioration of relations. Fear and uncertainty became widespread in Muslim and Christian communities. Interreligious and interethnic relations destabilised in consequence of the political, economic and military crisis of the Ottoman Empire exacerbated by its reform policy, the growing influence of the European Great Powers and territorial ambitions in the neighbouring Balkan states as well as the increasing presence of the Christian denominations in public spheres. Tensions and violent conflicts between Albanian Muslims and Orthodox Serbs, but also within the Albanian population between Catholics and Muslims, can be observed. Boundaries seperating “the others” were drawn both within religious as well as in ethnic categories; moreover, different local, regional and social affiliations exerted their influence on lifeworlds. These lifeworlds coexisted in largly separate legal worlds, confessionally organised schools and predominantly religiously and ethnically segregated city and village quarters. A closer contact between the different goups developed at the market in the town, in rural regions on the agricultural estates between mostly Muslim land owners and Christian peasants as well as in the area of influence of Albanian monastic guardians and the Albanian safeguards for Orthodox individuals. Close contacts between Muslims and Christians also appear within a transcultural religious practice. In particular, it was the diverging Serb and Albanian experiences of violence during the Great Eastern Crisis in the years 1875 until 1878 and the Serbo-Ottoman War 1877/78 as well as the First Balkan War 1912/13 that lead to separate lifeworlds and worlds of experience as well as exclusive forms of boundary drawing.

Keywords (eng)
Kosovo /Ottoman EmpireMuslimsChristiansViolence /ConflictLifeworlds
Keywords (deu)
KosovoOsmanisches ReichMuslimeChristenGewaltKonfliktLebenswelten
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1307589
Number of pages
438