Abstract (deu)
Der L-Typ Kalziumkanal Cav1.4 wird beinahe ausschließlich in der Retina exprimiert, wo er Helligkeitsänderungen mit Glutamatfreisetzung koppelt. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, muss der Kanal lang anhaltenden Kalziumeinstrom vermitteln, was durch das Fehlen kalziumabhängiger Inaktivierung erreicht wird. Es sind verschiedene Mutationen in Cav1.4 bekannt, die eine kongenitale Form stationärer Nachtblindheit (CSNB2) verursachen. Es ist nicht bekannt, wie diese funktional sehr unterschiedlichen Mutationen die gleiche Krankheit hervorrufen können. In dieser Studie habe ich drei prototypische Mutationen untersucht, die in CSNB2 Patienten identifiziert wurden. Dazu habe ich diese Kanäle heterolog in tsA-201 Zellen exprimiert und ihre biophysikalischen Eigenschaften in elektrophysiologischen Experimenten ermittelt, um zu erforschen, wie diese Mutationen die Eigenschaften des Kanals verändern.
Die L216R (LR) Mutation, die im Spannungssensor des Kanals lokalisiert ist, verursachte einen „loss-of-function“ Phänotyp, da kein Kalziumeinstrom durch den Kanal detektiert werden konnte. Dies kann einerseits durch eine reduzierte Anzahl von Kanälen an der Zellmembran, andererseits durch nicht funktionale Kanäle erklärt werden. Wir konnten in einigen Zellen „gating current“ detektieren, was darauf hindeutet, dass Kanäle auf der Zelloberfläche vorhanden sind. Zusätzlich fanden wir eine Tendenz zu einem schnelleren Abbau von LR Kanälen. Zusammenfassend wird dieser Phänotyp wahrscheinlich durch funktionelle Entkopplung des Spannungssensors vom Öffnen der Pore verursacht, was zu einem Funktionsverlust von Cav1.4 führt.
Die R1827X (RX) Mutation führt dazu, dass die C-terminale Domäne fehlt, welche kalziumabhängige Inaktivierung in Cav1.4 unterdrückt. Daher zeigte dieser Kanal kalziumabhängige Inaktivierung, was einem „loss-of-function“ Phänotyp entspricht. Zusätzlich war die Aktivierung um -10mV nach links verschoben, was wiederum einem „gain-of-function“ Phänotyp gleichkommt. Wurde ein 122 Aminosäuren langes C-terminales Peptid koexprimiert, konnten die biophysikalischen Eigenschaften des Wildtyp-Kanals wiederhergestellt werden. Frühere Studien haben darauf hingedeutet, dass ein kürzeres Peptid ausreichen sollte, um diesen „rescue“ zu erreichen. Allerdings wurden die Eigenschaften des RX Kanals durch Koexpression dieses kürzeren eGFP-getaggten Peptids nicht verändert. Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführe, dass dieser große eGFP-Tag die korrekte Interaktion des Peptides mit dem Kanal verhindert und weitere Untersuchungen sind vonnöten, um diese Frage zu beantworten.
Die I745T (IT) Mutation wurde in einer neuseeländischen Familie identifiziert und verursacht eine besonders schwere Form von CSNB2. In dieser Familie zeigen auch heterozygote Frauen Symptome und einige hemizygote Männer leiden zusätzlich unter kognitiven Beeinträchtigungen. Was die Funktion des IT Kanals betrifft, so zeigte sich ein dramatischer Linksshift (-34mV) der spannungsabhängigen Aktivierung, was in einem „gain-of-function“ Phäntyp resultiert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese drei Mutationen die große Vielfalt an Phänotypen, die durch Mutationen in Cav1.4 entstehen und zu CSNB2 führen, repräsentieren. Folglich sind die zugrundeliegenden funktionalen Defekte höchst unterschiedlich und diese Unterschiede müssen für zukünftige therapeutische Ansätze, die die Eigenschaften des Wildtyp-Kanals wieder herstellen sollen, berücksichtigt werden.