Abstract (deu)
Im Wandel der Zeit wurden Geschichten allbekannter Märchenstoffe immer wieder neu aufgenommen und in vielfacher Form verschiedenartig dargestellt. Verschiedene Erzählungen fokussieren unterschiedliche Aspekte einer Geschichte, somit können längst existierende Märchen im Sinne der gegenwärtig bestehenden Gesellschaft und Kultur umgeschrieben werden. Da sich mit dem zeitlichen Wandel auch Darstellungsformen und Motive der Erzählungen verändern, wird von der Hypothese ausgegangen, Märchen könnten als eine Art historischer Spiegel herangezogen werden und somit Rückschlüsse auf die jeweilige, zeitgenössische Gesellschaft geben. Aufgrund der Tatsache, dass Märchen vergangener Zeiten exzessive Gewalttaten zur Schau stellen und man in der Gegenwart darum bemüht ist diese auszusparen, wird angenommen, dass auch das Bewusstsein von Gewalt hinsichtlich des historischen Zeitraums, in welchem die Erzählung verfasst wird, erkannt werden kann. Der Grundgedanke dieser Diplomarbeit ist es demnach, unterschiedliche Interpretationen der Volksmärchen Dornröschen und Schneewittchen, beginnend im 17. Jahrhundert, weiterführend über das 19. Jahrhundert, bis hin zur Literatur des 21. Jahrhunderts, heranzuziehen und diese hinsichtlich ihrer Gewaltdarstellungen zu untersuchen, um in weiterer Folge der Frage nach diachronen Veränderungen nachzugehen. Mithilfe dieser Analyse wird deutlich, dass gesellschaftliche Strukturen und moralische Wertevorstellungen die Gestaltung der Motive und Darstellungsformen beeinflussen, ihre Veränderung bedingen und Wahrnehmung und Wertung von Gewalt im jeweiligen Zeitraum erkennen lassen.