You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1343692
Title (deu)
Wir und die Anderen
die Konstruktion nationaler Identität und Alterität in der Sportberichterstattung der drei Nachfolgegesellschaften des NS-Staates
Author
Martin Tschiggerl
Advisor
Stefan Zahlmann
Assessor
Niklas Dimitrov
Assessor
Rudolf Müllner
Abstract (deu)
Im Zentrum dieser Arbeit steht die diskursive Konstruktion nationaler Identität und Alterität in der Sportberichterstattung der drei Nachfolgegesellschaften des NS-Staats zwischen 1954 und 2008. Diese ist – so die zentrale These – maßgeblich durch den jeweiligen Umgang mit der NS-Zeit in diesen drei Staaten beeinflusst. Die metanarrativen Vorstellungen über die Rolle der jeweiligen Gesellschaft im „Dritten Reich“ stellen im diesen Verständnis die Dispositive dar, innerhalb derer in der BRD, der DDR und in Österreich nationale Identität und Alterität verhandelt werden konnten – sie produzieren und beschränken die Sagbarkeiten. In Form einer breit angelegten qualitativen Diskursanalyse wurde die Darstellung von insgesamt neun Sportereignissen aus fünf Jahrzehnt in verschiedenen Tageszeitungen untersucht: für die BRD die Fußballweltmeisterschaft 1954, die Olympischen Sommerspiele von 1972, die Fußballweltmeisterschaft von 1990 und die Fußballweltmeisterschaft von 2006; für die DDR die Internationale Friedensfahrt von 1955, die Olympischen Sommerspiele von 1972 und die Olympischen Winterspiele von 1988; für Österreich die Olympischen Winterspiele von 1956, die Fußballweltmeisterschaft von 1978 und die Fußballeuropameisterschaft von 2008. In dieser Analyse hat sich gezeigt, dass nationale Identität sowohl in der DDR als auch in Österreich deutlich offensiver konstruiert wurde als in der BRD. Die Divergenz in der Konstruktion nationaler Identität und Alterität mit der DDR und Österreich auf der einen und der BRD auf der anderen Seite zeigt die langen Schatten der NS-Zeit als identitätskonkrete Konstante des jeweiligen kollektiven Gedächtnisses auf: Die Internalisierung des Nationalsozialismus als Fragment des eigenen, nationalen Selbst hat die Sagbarkeiten zur Nation in der BRD zumindest im untersuchten Verhandlungsspielraum der Sportberichterstattung maßgeblich geprägt, ebenso wie es die Externalisierung in den anderen beiden untersuchten Gesellschaften getan hat. Sowohl die DDR als auch Österreich haben den Nationalsozialismus über weite Strecken dieser Analyse quasi an die BRD ausgelagert und konnten daher deutlich offensiver und ohne Rücksicht auf die Lasten der eigenen Vergangenheit eine neue nationale Identität konstruieren. „Erinnern heißt, eines Geschehens so ehrlich und rein zu gedenken, daß es zu einem Teil des eigenen Innern wird“ ist ein viel zitierter Satz aus Richard von Weizäckers berühmter Rede vom 8. Mai 1985 und verweist auf den zentralen Anspruch dieser Analyse, die Tragweite unterschiedlich konstruierter Erinnerung für das „Innere“ der jeweiligen Nationen aufzuzeigen. Die NS-Zeit als faktische Konstante wurde in den drei untersuchten Gesellschaften völlig unterschiedlich kollektiv erinnert, woraus sich gänzlich unterschiedliche Sagbarkeiten im diskursiven Komplex nationale Identität beziehungsweise nationale Alterität ergeben haben. Diese zeigt – so der zentrale Anspruch dieser Arbeit – einmal mehr das dialektische Verhältnis von Gegenwart und historischer Vergangenheit: Beide sind als Konstruktionen Ergebnis eines diskursiven Prozesses und stets aufeinander verwiesen. Unsere Vorstellungen davon, was einmal war, bestimmen unsere Vorstellungen davon was ist und was einmal sein kann.
Keywords (deu)
GeschichteNationIdentitätUmgang mit der NS-ZeitNachfolgegesellschaften des NS-Staats
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1343692
rdau:P60550 (deu)
305 Seiten
Number of pages
305
Study plan
Dr.-Studium der Philosophie (Dissertationsgebiet: Geschichte)
[UA]
[792]
[312]
Members (1)
Title (deu)
Wir und die Anderen
die Konstruktion nationaler Identität und Alterität in der Sportberichterstattung der drei Nachfolgegesellschaften des NS-Staates
Author
Martin Tschiggerl
Abstract (deu)
Im Zentrum dieser Arbeit steht die diskursive Konstruktion nationaler Identität und Alterität in der Sportberichterstattung der drei Nachfolgegesellschaften des NS-Staats zwischen 1954 und 2008. Diese ist – so die zentrale These – maßgeblich durch den jeweiligen Umgang mit der NS-Zeit in diesen drei Staaten beeinflusst. Die metanarrativen Vorstellungen über die Rolle der jeweiligen Gesellschaft im „Dritten Reich“ stellen im diesen Verständnis die Dispositive dar, innerhalb derer in der BRD, der DDR und in Österreich nationale Identität und Alterität verhandelt werden konnten – sie produzieren und beschränken die Sagbarkeiten. In Form einer breit angelegten qualitativen Diskursanalyse wurde die Darstellung von insgesamt neun Sportereignissen aus fünf Jahrzehnt in verschiedenen Tageszeitungen untersucht: für die BRD die Fußballweltmeisterschaft 1954, die Olympischen Sommerspiele von 1972, die Fußballweltmeisterschaft von 1990 und die Fußballweltmeisterschaft von 2006; für die DDR die Internationale Friedensfahrt von 1955, die Olympischen Sommerspiele von 1972 und die Olympischen Winterspiele von 1988; für Österreich die Olympischen Winterspiele von 1956, die Fußballweltmeisterschaft von 1978 und die Fußballeuropameisterschaft von 2008. In dieser Analyse hat sich gezeigt, dass nationale Identität sowohl in der DDR als auch in Österreich deutlich offensiver konstruiert wurde als in der BRD. Die Divergenz in der Konstruktion nationaler Identität und Alterität mit der DDR und Österreich auf der einen und der BRD auf der anderen Seite zeigt die langen Schatten der NS-Zeit als identitätskonkrete Konstante des jeweiligen kollektiven Gedächtnisses auf: Die Internalisierung des Nationalsozialismus als Fragment des eigenen, nationalen Selbst hat die Sagbarkeiten zur Nation in der BRD zumindest im untersuchten Verhandlungsspielraum der Sportberichterstattung maßgeblich geprägt, ebenso wie es die Externalisierung in den anderen beiden untersuchten Gesellschaften getan hat. Sowohl die DDR als auch Österreich haben den Nationalsozialismus über weite Strecken dieser Analyse quasi an die BRD ausgelagert und konnten daher deutlich offensiver und ohne Rücksicht auf die Lasten der eigenen Vergangenheit eine neue nationale Identität konstruieren. „Erinnern heißt, eines Geschehens so ehrlich und rein zu gedenken, daß es zu einem Teil des eigenen Innern wird“ ist ein viel zitierter Satz aus Richard von Weizäckers berühmter Rede vom 8. Mai 1985 und verweist auf den zentralen Anspruch dieser Analyse, die Tragweite unterschiedlich konstruierter Erinnerung für das „Innere“ der jeweiligen Nationen aufzuzeigen. Die NS-Zeit als faktische Konstante wurde in den drei untersuchten Gesellschaften völlig unterschiedlich kollektiv erinnert, woraus sich gänzlich unterschiedliche Sagbarkeiten im diskursiven Komplex nationale Identität beziehungsweise nationale Alterität ergeben haben. Diese zeigt – so der zentrale Anspruch dieser Arbeit – einmal mehr das dialektische Verhältnis von Gegenwart und historischer Vergangenheit: Beide sind als Konstruktionen Ergebnis eines diskursiven Prozesses und stets aufeinander verwiesen. Unsere Vorstellungen davon, was einmal war, bestimmen unsere Vorstellungen davon was ist und was einmal sein kann.
Keywords (deu)
GeschichteNationIdentitätUmgang mit der NS-ZeitNachfolgegesellschaften des NS-Staats
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1343693
Number of pages
305