Title (deu)
Das Fremde erfahren
textuelle Repräsentation nicht-europäischer Kultur am Beispiel von Evelyn Schlags "Yemen Café"
Author
Nora Maria Fidler
Advisor
Wynfrid Kriegleder
Assessor
Wynfrid Kriegleder
Abstract (deu)
In ihrem Roman Yemen Café wählt Evelyn Schlag einen ungewöhnlichen Schauplatz: Man folgt der Perspektive des Österreichers Jonathan, der in einem Krankenhaus einer Schweizer Holding im konfliktträchtigen Jemen arbeitet. Gelegentlich wird diese Perspektive aber unterbrochen von Kapiteln, die das Geschehen aus den Augen der jemenitischen Figur Hassan wiedergeben. Es stellt sich nun die Frage, ob das multiperspektivische Erzählen als erfolgreiche Strategie angewendet wird, die fremde Kultur frei von einer eurozentrisch geprägten Darstellung zu erfassen. Mit der Fremderfahrung untrennbar verbunden ist die Beschäftigung mit dem Eigenen, das sich in Form von personalen und kollektiven Identitäten vom Fremden abgrenzt. In dieser Arbeit ist insbesondere die kollektive Identität der westlichen Welt von Interesse, die in ihrer Konstituierung die Superiorität ihres politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wertesystems gegenüber Ländern der Dritten Welt betont. Dementsprechend bildet sich im Roman auf Ebene der Erzählinstanz, der Figuren und des Raums eine kollektive Identität des Westens, die sich klar von der sie umgebenden Welt distanziert. Der postkolonialen Theorie einer Revidierung des vorherrschenden Machtverhältnisses folgend entwickelt sich in der Perspektive Hassans ein Kontrastbild zum europäischen Monopol, das der Leserschaft eine neue Sicht der Dinge eröffnet. Es wird aufgezeigt, dass Identitäten nicht immer klar zuzuordnen sind und auch die Kategorien von fremd und eigen nicht in ihrer Dichotomie verharren müssen. Diese Erkenntnis beschränkt sich allerdings auf wenige Kapitel im Roman, sodass das Potential eines postkolonialen Blicks nicht über seinen Ansatz hinausgeht. Die postkolonial orientierte narratologische Analyse zeigt, dass der Roman trotz multiperspektivischen Erzählens in festen Strukturen und Denkmustern verfangen bleibt und mangels neuer Haltungen und Darstellungen der Poetik des kolonialen Blicks nicht entgehen kann. Mit den Perspektivkapiteln Hassans wird zwar versucht, die zuvor etablierte Stereotypisierung zu konterkarieren – was auch zum Teil gelingt; nichtsdestotrotz werden die außereuropäischen Kulturzustände nicht ohne Überlegenheit des westlichen Wertesystems dargestellt, weshalb der Roman nicht den Zustand eines diskurskritischen Bewusstseins erreicht.
Keywords (deu)
kulturelle FremdheitEurozentrismuspostkolonialer BlickEvelyn SchlagYemen Café
Type (deu)
Extent (deu)
102 Seiten
Number of pages
103
Study plan
Lehramtsstudium UF Deutsch UF Englisch
[UA]
[190]
[333]
[344]
Members (1)
Title (deu)
Das Fremde erfahren
textuelle Repräsentation nicht-europäischer Kultur am Beispiel von Evelyn Schlags "Yemen Café"
Author
Nora Maria Fidler
Abstract (deu)
In ihrem Roman Yemen Café wählt Evelyn Schlag einen ungewöhnlichen Schauplatz: Man folgt der Perspektive des Österreichers Jonathan, der in einem Krankenhaus einer Schweizer Holding im konfliktträchtigen Jemen arbeitet. Gelegentlich wird diese Perspektive aber unterbrochen von Kapiteln, die das Geschehen aus den Augen der jemenitischen Figur Hassan wiedergeben. Es stellt sich nun die Frage, ob das multiperspektivische Erzählen als erfolgreiche Strategie angewendet wird, die fremde Kultur frei von einer eurozentrisch geprägten Darstellung zu erfassen. Mit der Fremderfahrung untrennbar verbunden ist die Beschäftigung mit dem Eigenen, das sich in Form von personalen und kollektiven Identitäten vom Fremden abgrenzt. In dieser Arbeit ist insbesondere die kollektive Identität der westlichen Welt von Interesse, die in ihrer Konstituierung die Superiorität ihres politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wertesystems gegenüber Ländern der Dritten Welt betont. Dementsprechend bildet sich im Roman auf Ebene der Erzählinstanz, der Figuren und des Raums eine kollektive Identität des Westens, die sich klar von der sie umgebenden Welt distanziert. Der postkolonialen Theorie einer Revidierung des vorherrschenden Machtverhältnisses folgend entwickelt sich in der Perspektive Hassans ein Kontrastbild zum europäischen Monopol, das der Leserschaft eine neue Sicht der Dinge eröffnet. Es wird aufgezeigt, dass Identitäten nicht immer klar zuzuordnen sind und auch die Kategorien von fremd und eigen nicht in ihrer Dichotomie verharren müssen. Diese Erkenntnis beschränkt sich allerdings auf wenige Kapitel im Roman, sodass das Potential eines postkolonialen Blicks nicht über seinen Ansatz hinausgeht. Die postkolonial orientierte narratologische Analyse zeigt, dass der Roman trotz multiperspektivischen Erzählens in festen Strukturen und Denkmustern verfangen bleibt und mangels neuer Haltungen und Darstellungen der Poetik des kolonialen Blicks nicht entgehen kann. Mit den Perspektivkapiteln Hassans wird zwar versucht, die zuvor etablierte Stereotypisierung zu konterkarieren – was auch zum Teil gelingt; nichtsdestotrotz werden die außereuropäischen Kulturzustände nicht ohne Überlegenheit des westlichen Wertesystems dargestellt, weshalb der Roman nicht den Zustand eines diskurskritischen Bewusstseins erreicht.
Keywords (deu)
kulturelle FremdheitEurozentrismuspostkolonialer BlickEvelyn SchlagYemen Café
Type (deu)
Number of pages
103