Abstract (deu)
Das Konzept ›Lesart‹ als bedeutungsgenerierenden Prozess im Zusammenspiel von Repräsentation und Rezeption zu erfassen bedeutet in der vorliegenden Dissertation, sich der multimodalen Repräsentation von ›Kolonialismus‹ in aktuellen Geschichtslehrbüchern zuzuwenden und zusätzlich zu eruieren, wie Rezipient*innen (13-jährige Schüler*innen) implizit/explizit repräsentierte Ideologien wahrnehmen und/oder ko-konstruieren und diese Wahrnehmungen auf Sichtweisen der modernen Migrationsgesellschaft übertragen. Ein Zweiphasen-Verfahren ermöglicht die Analyse genuin schriftlicher und mündlicher Texte anhand derselben linguistischen Parameter; die analytische Klammer zwischen konzeptioneller ›Schriftlichkeit‹ und ›Mündlichkeit‹ bilden die Phänomene der Diskursebene Metapragmatik und Indexikalität. Dadurch wird das Interagieren zweier Subdisziplinen der Linguistik, der Diskurs- und der Soziolinguistik, ermöglicht. Die Befunde zeigen, dass die Repräsentation des ›Kolonialismus‹, durch welche die ›kolonialen Akteure‹ als Täter vs. Opfer prädiziert werden, in der Rezeption auf eine Weise reproduziert wurde, die zu einer gesellschaftlichen Dichotomisierung von überlegen vs. unterlegen und damit zur Stigmatisierung der Kolonisierten führte. Diese extreme Polarisierung der kolonialen Gesellschaft findet sich in der Sicht auf die moderne Gesellschaft wieder, wo eine Normierung (und Legitimierung) der Bipolarität des sozio-kulturellen Status von Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft vs. dem von Menschen mit Migrations- und vor allem Fluchtbiographien erkennbar wird.