Abstract (deu)
Vor dem Hintergrund der voranschreitenden Klimakrise bedarf es radikaler, vielfältiger und gesamtgesellschaftlicher Transformationsprozesse, die sich am normativen Konzept der Nachhaltigkeit orientieren, um angemessen auf diese zu reagieren. Dies gilt insbesondere für Städte, die Orte des Wandels und des sozialen Austauschs sind, in denen aber auch ein großer Teil des globalen Ressourcenverbrauchs stattfindet. Der in diesem Zuge aufgekommene Diskurs um urbane Nachhaltigkeitstransformationen (engl. Urban Sustainability Transfromations, USTs) beschäftigt sich einerseits mit den Zielen, die erreicht werden müssen, um die Klimakrise so weit wie möglich abzumildern und sich an deren irreversible Auswirkungen so gut wie möglich anzupassen. Andererseits existieren innerhalb des Transformationsdiskurses auch Konzepte, wie die Multi Level Perspective (MLP) von Frank Geels (2002), die zu verstehen suchen, wie sich derartige Wandelprozesse vollziehen. Diese Perspektive wurde in der vorliegenden Arbeit gemeinsam mit der Theorie zu Sozialen Innovationen (SI) angewandt, um zu erforschen, ob und wie gemeinschaftliche Wohnprojekte zu USTs hinsichtlich der Beeinflussung stadtplanerischer Prozesse beitragen können. Dies anhand des Fall-beispiels der deutschen Stadt Mannheim, in der im vergangenen Jahrzehnt ein umfassender Konversionsprozess startete wurde, untersucht. Zu dessen Beginn haben sich dort drei Wohnprojekte formiert und u.a. die Entwicklung eines autofreien Quartiers gefordert. Um die dadurch angestoßenen Entwicklungen zu untersuchen, wurden nach der Literaturrecherche zunächst maßgebliche Planungsdokumente mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) analysiert. Anschließend wurden auf dieser Basis Interviews mit Bewohner*innen der Wohnprojekte und mit städtischen Akteur*innen geführt. Aus Sicht der MLP wurden die Wohnprojekte dabei der Nichenebene und die städtischen Akteur*innen der Regimeebene zugeordnet. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Wohnprojektsakteur*innen insbesondere zu Beginn des Konversionsprozesses diverse Diskurse inklusiver transformativer Aspekte anstoßen und beeinflussen konnten. Zudem wurde festgestellt, dass sich das window of opportunity, welches sich mit dem Freiwerden der militärischen Flächen öffnete, auch schnell wieder schloss: Die beobachtete Diskursverschiebung auf der Regimeebene wurde insbesondere durch die gemeinsame Artikulation der Interessen der Nischenakteur*innen durch einen Runden Tisch beeinflusst, der aber nur bis 2016 aktiv war und anschließend, aufgrund verschiedener interner und externer Entwicklungen, nur noch formell existierte. Die danach entstandenen Wohnprojekte hatten keine solche gemeinsame Plattform und waren daher auf persönliche Netzwerke angewiesen, um Planungsdiskurse zu beeinflussen. Insbesondere hinsichtlich der, von den Projekten der Pionierphase angestoßenen, Debatten konnte gezeigt werden, dass diese sich nachhaltig auf die Regimeebene ausgewirkt haben und deren Handeln bis heute mitbeeinflussen. Daher konnte gezeigt werden, dass in Mannheim seitens der Wohnprojekte Transitionen angestoßen wurden, welche sich am normativen Leitbild der Nachhaltigkeit orientieren und im Rahmen dieser Arbeit als Bestandteil einer Transformation angesehen werden. Daraus lässt sich folgern, dass Wohnprojekte im Allgemeinen unter günstigen Voraussetzungen einen Beitrag zu USTs leisten können.