Title (deu)
Gerüche im Stiegenhaus
eine kulturwissenschaftliche Betrachtung zu sensorischer Wahrnehmung von gesellschaftlich Unspektakulärem
Parallel title (eng)
Odours in the stairwell
a cultural-scientific consideration of sensory perception of the socially unspectacular
Author
Birgit Palasser
Advisor
Bernhard Fuchs
Assessor
Bernhard Fuchs
Abstract (deu)
In der Europäischen Ethnologie beschäftigte sich Gottfried Korff in den 1990er-Jahren mit politischer Olfaktorik. Der Historiker Peter Payer konzentrierte sich auf De[n] Gestank von Wien; auch in der aktuellen Forschungsszene, wie beispielsweise in dem Projekt „Wien der Nase nach“* von Stephanie Weismann und der Stadt Wien, wurde an der Erstellung einer Wiener Geruchskarte gearbeitet. Gerüche umgeben uns immer. Sei es unser eigener Körpergeruch, der Geruch anderer Menschen oder jener, der in der Luft liegt, Geruch von und auf Dingen, Pflanzen und Tieren. Der Geruch einer Stadt, am Land, in Häusern, in geschlossenen Räumen. Diese Forschungsarbeit konzentriert sich auf Gerüche in Stiegenhäusern von Wiener Mehrparteienhäusern in unterschiedlichen Bezirken und aus unterschiedlicher Errichtungszeit: vom neu sanierten Gründerzeithaus der Jahrhundertwende über den Wiener Sozial- und Gemeindebau, den Wohnpark Alt Erlaa bis zu freifinanzierten Häusern aus den 1950er bis 1970er-Jahren. Dieses Forschungsinteresse stellt das Stiegenhaus als Raum dar, in welchem Gesellschaft stattfindet. Es wird dadurch möglich, Nachbar:innenschaft im sozialen und kulturellen Kontext zu sehen. Mit der Forschungsfrage „Wie werden Gerüche in Stiegenhäusern Wiener Mehrparteienhäuser wahrgenommen und verbalisiert und welche Imaginationen, Assoziationen und Erinnerungen werden dabei generiert?“ wird diesen Phänomenen nachgegangen. Die Ergebnisse sind auf mehreren Ebenen bemerkenswert. Es zeigt sich, dass olfaktorische Wahrnehmung flüchtig ist und für die Verbalisierung von Geruchwahrnehmungen ein geringer Wortschatz verfügbar ist. Diese Wahrnehmungen in Räumen können Ebenen der Raumtriade nach Henri Lefebvre zugeordnet werden. Neben Gerüchen basierend auf der baulichen Substanz des Raumes lassen sich Geruchswahrnehmungen nach der räumlichen Praxis – wie Essensgerüche oder Gerüche im Zusammenhang mit Hygiene – feststellen. Der Raum dient weiters als Repräsentationsort für Erinnerungen und daraus resultierenden Assoziationen sowie Imaginationen. Die wahrgenommenen Gerüche lassen bei den Akteur:innen in erster Linie Kindheitserinnerungen aufkommen. Die Forschungsarbeit geht auch auf nachbarschaftlichen Umgang ein. Das Wissen über Nachbarn und Nachbarinnen führt zu Narrativen von Gerüchen. Über Geruchswahrnehmungen werden Zuschreibungen ausgesprochen. Weiters ist auffallend, dass über Gerüche zu sprechen schambehaftet ist. Das zeigt sich insbesondere darin, dass Akteur:innen die Aufnahme ihrer Sprachmemos in den eigenen Wohnraum oder auf den Außenbereich des Hauses verlegen. Gegenüber den Nachbar:innen soll kein negativer Eindruck entstehen. Die Toleranz gegenüber Gerüchen im Stiegenhaus ist dennoch unerwarteterweise hoch. Olfaktorik steht in einem engen Zusammenhang mit Emotionen und ist dennoch in der Hierarchisierung von Sinnen an letzter Stelle gereiht. Doing sensory Ethnography nach Sarah Pink erweitert neben dem Lesen und Schreiben kulturwissenschaftliche Forschungsarbeit. * Fußnote: wienriecht.at (Zugriff am 21. April 2024).
Keywords (deu)
OlfaktorikGeruchStiegenhausRaumSensory EthnographyGeruchswahrnehmungGeruchsforschungRiechenVerbalisieren von GerüchenGerüche und ErinnerungenNachbar:innenschaftImagination und Assoziation
Subject (deu)
Type (deu)
Extent (deu)
71 Seiten : Illustrationen
Number of pages
72
Study plan
Masterstudium Europäische Ethnologie
[UA]
[066]
[823]
Members (1)
Title (deu)
Gerüche im Stiegenhaus
eine kulturwissenschaftliche Betrachtung zu sensorischer Wahrnehmung von gesellschaftlich Unspektakulärem
Parallel title (eng)
Odours in the stairwell
a cultural-scientific consideration of sensory perception of the socially unspectacular
Author
Birgit Palasser
Abstract (deu)
In der Europäischen Ethnologie beschäftigte sich Gottfried Korff in den 1990er-Jahren mit politischer Olfaktorik. Der Historiker Peter Payer konzentrierte sich auf De[n] Gestank von Wien; auch in der aktuellen Forschungsszene, wie beispielsweise in dem Projekt „Wien der Nase nach“* von Stephanie Weismann und der Stadt Wien, wurde an der Erstellung einer Wiener Geruchskarte gearbeitet. Gerüche umgeben uns immer. Sei es unser eigener Körpergeruch, der Geruch anderer Menschen oder jener, der in der Luft liegt, Geruch von und auf Dingen, Pflanzen und Tieren. Der Geruch einer Stadt, am Land, in Häusern, in geschlossenen Räumen. Diese Forschungsarbeit konzentriert sich auf Gerüche in Stiegenhäusern von Wiener Mehrparteienhäusern in unterschiedlichen Bezirken und aus unterschiedlicher Errichtungszeit: vom neu sanierten Gründerzeithaus der Jahrhundertwende über den Wiener Sozial- und Gemeindebau, den Wohnpark Alt Erlaa bis zu freifinanzierten Häusern aus den 1950er bis 1970er-Jahren. Dieses Forschungsinteresse stellt das Stiegenhaus als Raum dar, in welchem Gesellschaft stattfindet. Es wird dadurch möglich, Nachbar:innenschaft im sozialen und kulturellen Kontext zu sehen. Mit der Forschungsfrage „Wie werden Gerüche in Stiegenhäusern Wiener Mehrparteienhäuser wahrgenommen und verbalisiert und welche Imaginationen, Assoziationen und Erinnerungen werden dabei generiert?“ wird diesen Phänomenen nachgegangen. Die Ergebnisse sind auf mehreren Ebenen bemerkenswert. Es zeigt sich, dass olfaktorische Wahrnehmung flüchtig ist und für die Verbalisierung von Geruchwahrnehmungen ein geringer Wortschatz verfügbar ist. Diese Wahrnehmungen in Räumen können Ebenen der Raumtriade nach Henri Lefebvre zugeordnet werden. Neben Gerüchen basierend auf der baulichen Substanz des Raumes lassen sich Geruchswahrnehmungen nach der räumlichen Praxis – wie Essensgerüche oder Gerüche im Zusammenhang mit Hygiene – feststellen. Der Raum dient weiters als Repräsentationsort für Erinnerungen und daraus resultierenden Assoziationen sowie Imaginationen. Die wahrgenommenen Gerüche lassen bei den Akteur:innen in erster Linie Kindheitserinnerungen aufkommen. Die Forschungsarbeit geht auch auf nachbarschaftlichen Umgang ein. Das Wissen über Nachbarn und Nachbarinnen führt zu Narrativen von Gerüchen. Über Geruchswahrnehmungen werden Zuschreibungen ausgesprochen. Weiters ist auffallend, dass über Gerüche zu sprechen schambehaftet ist. Das zeigt sich insbesondere darin, dass Akteur:innen die Aufnahme ihrer Sprachmemos in den eigenen Wohnraum oder auf den Außenbereich des Hauses verlegen. Gegenüber den Nachbar:innen soll kein negativer Eindruck entstehen. Die Toleranz gegenüber Gerüchen im Stiegenhaus ist dennoch unerwarteterweise hoch. Olfaktorik steht in einem engen Zusammenhang mit Emotionen und ist dennoch in der Hierarchisierung von Sinnen an letzter Stelle gereiht. Doing sensory Ethnography nach Sarah Pink erweitert neben dem Lesen und Schreiben kulturwissenschaftliche Forschungsarbeit. * Fußnote: wienriecht.at (Zugriff am 21. April 2024).
Keywords (deu)
OlfaktorikGeruchStiegenhausRaumSensory EthnographyGeruchswahrnehmungGeruchsforschungRiechenVerbalisieren von GerüchenGerüche und ErinnerungenNachbar:innenschaftImagination und Assoziation
Subject (deu)
Type (deu)
Number of pages
72