Title (deu)
Berichte "gegen die Entvölkerung Österreichs"?
eine historische Diskursanalyse zum Schwangerschaftsabbruch im Boulevard 1934-1937
Parallel title (eng)
Reports "against the depopulation of Austria"?
a historical discourse analysis of abortion in the tabloid press, 1934-1937
Author
Nicole Plessl
Advisor
Maria Mesner
Assessor
Maria Mesner
Abstract (deu)
30. Juni 1937: Das austrofaschistische Regime verabschiedet das „Bundesgesetz zum Schutz des keimenden Lebens“, welches das bestehende Abtreibungsverbot weiter verschärft. Mit dem Beschluss setzt die Diktatur ein Zeichen im Sinne ihrer katholischen Moralpolitik. Die vorliegende Arbeit nimmt diese Gesetzesänderung zum Anlass, die diskursive Verschiebung in der Debatte um Schwangerschaftsabbrüche zu analysieren. Im Fokus steht dabei die Berichterstattung in den auflagenstarken Boulevardzeitungen Das Kleine Blatt und die Illustrierte Kronen Zeitung im Zeitraum 1934-1937. Mittels Historischer Diskursanalyse wird untersucht, mit welchen Argumentationsstrategien Abtreibungen bewertet und welche Geschlechterbilder dabei (re-)produziert werden. Die Untersuchung zeigt, dass Schwangerschaftsabbrüche kontextuell stigmatisiert und gezielt mit schweren Gewaltverbrechen, Gefahr und moralischen Verfehlungen verknüpft werden. Gleichzeitig tragen die Berichte zur Stabilisierung tradierter Geschlechterrollen bei: Alternative Weiblichkeitsentwürfe werden systematisch abgewertet und dämonisiert – insbesondere solche, die mit sexueller Selbstbestimmung einhergehen. Demgegenüber erscheinen männliche Partner als schwach, weil sie verabsäumen, dieser monströsen Weiblichkeit Einhalt zu gebieten. Frauen, die sich im Rahmen idealisierter Passivität bewegen, werden hingegen weniger scharf kritisiert, zugleich aber entmündigt, indem sie als Opfer ihres sozialen Umfelds inszeniert werden. So bleibt eine positiv besetzte, selbstbestimmte Ablehnung von Mutterschaft undenkbar. Mit der Fokussierung auf normabweichendes Handeln und alternative Identitätsentwürfe in weitverbreiteten Zeitungen leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag zum besseren Verständnis der Popularisierung austrofaschistischer Geschlechterpolitik, die über die bloße Propagierung katholischer Ideale hinausgeht.
Abstract (eng)
June 30, 1937: The Austrofascist regime passes the “Federal Law for the Protection of Nascent Life” (Bundesgesetz zum Schutz des keimenden Lebens), further tightening the existing abortion ban. Four years after the dissolution of parliament, this legislation signaled the dictatorship’s commitment to its Catholic moral politics and marked the culmination of a discursive shift in the public treatment of abortion. Seeking to examine that discursive shift, this thesis looks into the media coverage in the years preceding the law. It focuses on the tabloid newspapers Das Kleine Blatt and the Illustrierte Kronen Zeitung from 1934 to 1937. Using historical discourse analysis, the study investigates how abortion was framed, which argumentative strategies were used, and which normative gender roles were (re)produced. The findings show that abortion was consistently linked to violent crime, danger, and moral transgression, thereby contextually furthering its stigmatization. Additionally, the reporting reinforced traditional gender norms: alternative forms of femininity – especially those associated with sexual autonomy – were demonized. At the same time, male partners are portrayed as weak for failing to restrain this monstrous femininity. Women who conform to idealized notions of passive femininity are subjected to less severe criticism but are nonetheless deprived of agency by being depicted as victims of their social environment. As a result, a positively framed, self-determined rejection of motherhood was rendered unthinkable. By focusing on non-normative behavior and alternative identity constructions in widely circulated newspapers, this study contributes to a deeper understanding of how Austrofascist gender politics were popularized—beyond the sheer propagation of Catholic ideals.
Keywords (deu)
AbtreibungAustrofaschismusHistorische DiskursanalyseSchwangerschaftsabbruchÖsterreichBoulevard
Keywords (eng)
AbortionAustriaAustrofascist RegimeTabloid PressHistorical Discourse Analysis
Subject (deu)
Type (deu)
Extent (deu)
111 Seiten : Illustrationen
Number of pages
114
Study plan
Masterstudium Lehramt Sek (AB) Unterrichtsfach Englisch Unterrichtsfach Geschichte und Politische Bildung
[UA]
[199]
[507]
[511]
[02]
Members (1)
Title (deu)
Berichte "gegen die Entvölkerung Österreichs"?
eine historische Diskursanalyse zum Schwangerschaftsabbruch im Boulevard 1934-1937
Parallel title (eng)
Reports "against the depopulation of Austria"?
a historical discourse analysis of abortion in the tabloid press, 1934-1937
Author
Nicole Plessl
Abstract (deu)
30. Juni 1937: Das austrofaschistische Regime verabschiedet das „Bundesgesetz zum Schutz des keimenden Lebens“, welches das bestehende Abtreibungsverbot weiter verschärft. Mit dem Beschluss setzt die Diktatur ein Zeichen im Sinne ihrer katholischen Moralpolitik. Die vorliegende Arbeit nimmt diese Gesetzesänderung zum Anlass, die diskursive Verschiebung in der Debatte um Schwangerschaftsabbrüche zu analysieren. Im Fokus steht dabei die Berichterstattung in den auflagenstarken Boulevardzeitungen Das Kleine Blatt und die Illustrierte Kronen Zeitung im Zeitraum 1934-1937. Mittels Historischer Diskursanalyse wird untersucht, mit welchen Argumentationsstrategien Abtreibungen bewertet und welche Geschlechterbilder dabei (re-)produziert werden. Die Untersuchung zeigt, dass Schwangerschaftsabbrüche kontextuell stigmatisiert und gezielt mit schweren Gewaltverbrechen, Gefahr und moralischen Verfehlungen verknüpft werden. Gleichzeitig tragen die Berichte zur Stabilisierung tradierter Geschlechterrollen bei: Alternative Weiblichkeitsentwürfe werden systematisch abgewertet und dämonisiert – insbesondere solche, die mit sexueller Selbstbestimmung einhergehen. Demgegenüber erscheinen männliche Partner als schwach, weil sie verabsäumen, dieser monströsen Weiblichkeit Einhalt zu gebieten. Frauen, die sich im Rahmen idealisierter Passivität bewegen, werden hingegen weniger scharf kritisiert, zugleich aber entmündigt, indem sie als Opfer ihres sozialen Umfelds inszeniert werden. So bleibt eine positiv besetzte, selbstbestimmte Ablehnung von Mutterschaft undenkbar. Mit der Fokussierung auf normabweichendes Handeln und alternative Identitätsentwürfe in weitverbreiteten Zeitungen leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag zum besseren Verständnis der Popularisierung austrofaschistischer Geschlechterpolitik, die über die bloße Propagierung katholischer Ideale hinausgeht.
Abstract (eng)
June 30, 1937: The Austrofascist regime passes the “Federal Law for the Protection of Nascent Life” (Bundesgesetz zum Schutz des keimenden Lebens), further tightening the existing abortion ban. Four years after the dissolution of parliament, this legislation signaled the dictatorship’s commitment to its Catholic moral politics and marked the culmination of a discursive shift in the public treatment of abortion. Seeking to examine that discursive shift, this thesis looks into the media coverage in the years preceding the law. It focuses on the tabloid newspapers Das Kleine Blatt and the Illustrierte Kronen Zeitung from 1934 to 1937. Using historical discourse analysis, the study investigates how abortion was framed, which argumentative strategies were used, and which normative gender roles were (re)produced. The findings show that abortion was consistently linked to violent crime, danger, and moral transgression, thereby contextually furthering its stigmatization. Additionally, the reporting reinforced traditional gender norms: alternative forms of femininity – especially those associated with sexual autonomy – were demonized. At the same time, male partners are portrayed as weak for failing to restrain this monstrous femininity. Women who conform to idealized notions of passive femininity are subjected to less severe criticism but are nonetheless deprived of agency by being depicted as victims of their social environment. As a result, a positively framed, self-determined rejection of motherhood was rendered unthinkable. By focusing on non-normative behavior and alternative identity constructions in widely circulated newspapers, this study contributes to a deeper understanding of how Austrofascist gender politics were popularized—beyond the sheer propagation of Catholic ideals.
Keywords (deu)
AbtreibungAustrofaschismusHistorische DiskursanalyseSchwangerschaftsabbruchÖsterreichBoulevard
Keywords (eng)
AbortionAustriaAustrofascist RegimeTabloid PressHistorical Discourse Analysis
Subject (deu)
Type (deu)
Number of pages
114