Kritik an den harten Lebensbedingungen der Koranschüler ist in Senegal zwar nicht neu, erlangte jedoch mit dem international wieder erwachenden Interesse für Formen des „Menschenhandels“ in den 2000er Jahren eine neue Hochphase. Da viele der Kinder in Koranschulen untergebracht sind, die weit entfernt von ihrem Herkunftsort liegen, und für ihre maîtres täglich festgesetzte Beträge erbetteln müssen, trifft die durch das sogenannte Palermo-Protokoll (UN 2000) festgelegte Definition des Menschenhandels aus trans- und internationaler Perspektive auf sie zu. Diese Interpretation konfligiert aber nicht nur mit der religiös-konservativer Akteure in Senegal, für welche das Betteln integraler Bestandteil einer holistischen islamischen Ausbildung sowie Folge einer staatlichen Diskriminierung des Koranschulwesens ist, sondern auch mit den alltagsweltlichen Assoziationen, die von der Bevölkerung mit dem Begriff des Menschenhandels verbunden werden. Meine Analyse richtet ihr Augenmerk auf den Umgang staatlicher, zivilgesellschaftlicher und religiöser Akteure in Senegal mit dem – temporär – politisch und ökonomisch machtvollen Diskurs um Menschenhandel. Sie zeigt, dass bestimmte transnationale Konzepte zwar über unterschiedliche geographische und soziokulturelle Kontexte hinweg Wirkung entfalten, dabei jedoch Übersetzungsprozessen und wandelnden Sinngebungen ausgesetzt sind.

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Stichproben - Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien / Vienna Journal of African Studies

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Stichproben - Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien / Vienna Journal of African Studies