Abstract (deu)
In bewaffneten Konflikten spielen Zensur und Propaganda häufig eine bedeutende Rolle. Eine tatsachengetreue und ausgewogene Medienberichterstattung ist unter solchen Bedingungen oft schwierig. Das Konzept des Friedensjournalismus widmet sich dieser Herausforderung. Der friedensjournalistische Ansatz versteht sich als Antwort auf traditionelle Formen der Kriegsberichterstattung und beschäftigt sich mit der Frage, wie Medien in friedensfördernder Weise über Konflikte berichten können. Zu diesem Zweck werden konkrete Empfehlungen für eine friedensorientierte Berichterstattung formuliert. Auch im Kosovo-Krieg 1998/1999 gestaltete sich der Zugang zu verlässlicher und objektiver Information schwierig. Der Konflikt eskalierte im Jahr 1998 infolge anhaltender Spannungen zwischen Albanern und Serben in der serbischen Provinz Kosovo und führte im März 1999 zur militärischen Intervention durch die NATO. Nach Ausbruch des Krieges bestand bei einer ständig wachsenden Zahl von Betroffenen im Krisengebiet ein Bedarf an objektiver, muttersprachlicher Information. Vor diesem Hintergrund startete der Österreichische Rundfunk (ORF) das Programm "ORF-Radio Nachbar in Not" mit dem Ziel, unabhängige Berichterstattung für die Krisenregion anzubieten. Ziel dieser Arbeit war zu untersuchen, (1) ob im Programm von ORF-Radio Nachbar in Not nach friedensjournalistischen Prinzipien (formuliert von Vincent & Galtung) berichtet wurde, und (2) wie das Programm von den Zuhörern aufgenommen wurde. Dazu wurden zwei Studien durchgeführt: (1) Mit einer quantitativen Inhaltsanalyse wurde untersucht, ob friedensjournalistische Richtlinien im Programm von ORF-Radio Nachbar in Not angewendet wurden. (2) Im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse wurden schriftliche Hörerrückmeldungen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass (1) die Empfehlungen des Friedensjournalismus nach Vincent & Galtung in den analysierten Sendungen überwiegend umgesetzt wurden. (2) Die Hörerrückmeldungen deuten auf ein breites Interesse des Publikums am Programmangebot hin. Für den Umstand, dass aus dem unmittelbaren Kriegsgebiet keine Zuschriften zu verzeichnen waren, können verschiedene Ursachen (z.B. technischer oder politischer Natur) verantwortlich sein, die im Rahmen dieser Arbeit diskutiert werden.