Abstract (deu)
Anfang Februar 1597 wurde ein Landsknechtsregiment unter dem Kommando des Generalobristen Wenzel Morakschi zur Niederschlagung des Bauernaufstandes, welcher im November 1596 in Niederösterreich ausgebrochen war, aufgestellt. Gleichzeitig wurde ein Kriegsgericht, wie es damals in den Söldnerherren üblich war, zur Bestrafung der Landsknechte, welche gegen ihre beschworenen Pflichten verstoßen hatten, eingerichtet. Kaiser Rudolf II. übertrug im März 1597 dem Kriegsgericht, dessen Vorsitz Morakschi inne hatte, die Aburteilung von Aufständischen, welche dem Generalobristen in die Hände gefallen waren. Das in der vorliegenden Arbeit analysierte und edierte Kriegsgerichtsprotokoll zeichnete somit Verfahren von Landsknechten und Aufständischen auf, in welchen der gesamte niederösterreichische Bauernkrieg, dessen Vorgeschichte und Ursachen erörtert wurden. In den Aufzeichnungen kamen vorwiegend die Befehlshaber, welche als Vertraute der obersten Bauernführer den Aufstand mitgestalteten, zu Wort. Ihre Geständnisse, welche in der Regel unter dem Druck der Folter zustande kamen, beleuchteten mitunter Ereignisse, welche sonst unbekannt geblieben wären. Aufzeichnungen über Aussagen der obersten Bauernführer stehen nicht zur Verfügung. Die Protokolle der Verhöre mit den zunächst in Enns inhaftierten und dann nach Wien überstellten Anführer sind verschollen. Die anderen einflussreichen Bauernführer konnten nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil sie entweder bei der Gefangennahme getötet worden waren oder ihnen die Flucht gelungen war. Das Kriegsgerichtsprotokoll, welches im Niederösterreichischen Landesarchiv in St. Pölten verwahrt wird, ist daher eine überaus wichtige Quelle für die Forschung über diesen Bauernkrieg.
Das Kriegsgericht verurteilte die Aufständischen – sie wurden in dieser Arbeit als Angeklagte bezeichnet, weil sie in dieser Parteienstellung ihre Aussagen machten – in einem Schnellverfahren. 54 Angeklagte wurden hingerichtet. Nur zwölf fanden vor dem Kriegsgericht Gnade. Die meisten der vom Kriegsgericht verschonten Aufständischen wurden entweder verstümmelt oder zu Zwangsarbeitsstrafen verurteilt. Das Kriegsgericht verweigerte den Angeklagten jegliche Verteidigungsmöglichkeiten und missachtete alle Grundsätze, welche ein ordnungsgemäßes Verfahren garantieren sollten. Diese willkürlichen Kriegsgerichtsverfahren zählten zu den Maßnahmen, welche die Einschüchterung und völlige Unterwerfung der aufgebrachten Untertanen bezweckten. Sie fanden in den Hinrichtungen der Oberbefehlshaber und in der Verurteilung von rund 400 Aufständischen zur Strafe der Zwangsarbeit in den Festungsgräben Wiens, welche die meisten nicht überlebten, ihren Abschluss.
Im Protokoll wurden Vorfälle und Personen öfters ohne nähere Erklärung erwähnt. In dieser Arbeit wird daher das Ziel verfolgt, diese vagen Hinweise bestimmten Ereignissen zuzuordnen, die genannten Personen zu identifizieren und dadurch das Kriegsgerichtsprotokoll als Quelle für den Benutzer eingehend zu erschließen. Zu diesem Zweck wird im ersten Hauptteil der Arbeit anhand des verfügbaren Quellenbestandes, welcher zu einem erheblichen Teil das erste Mal für die Forschung verwertet wurde, eine Gesamtdarstellung des Bauernkrieges präsentiert. In den Mittelpunkt der Betrachtungen sind die Angeklagten, ihre Beteiligung am Aufstand und ihre Bestrafung gestellt. Im zweiten Hauptteil werden die Einrichtung des Kriegsgerichtes, die rechtshistorischen Aspekte der Verfahren gegen die Landknechte und die aufständischen Bauern sowie die Auffälligkeiten und Mängel der Protokollierung kritisch erörtert. Im dritten Hauptteil wird der Text des Kriegsgerichtsprotokolls ediert und durch Erläuterungen sowie durch ein Orts-und Personenregister erschlossen. Im Anhang sind zur näheren historischen und örtlichen Orientierung eine Zeittafel, Pläne und Illustrationen hinzugefügt. Die Dissertation schließt mit einem ausführlichen Literatur-und Quellenverzeichnis.