Abstract (deu)
Die humane Stomatin-Proteinfamilie besteht aus 5 Mitgliedern, dem Prototypen Stomatin, Stomatin-like protein 1 (SLP-1), SLP-2, SLP-3 und das Nieren-spezifische Podocin-Protein, deren genaue Funktion noch weitgehend unbekannt ist. Das geringe Wissen über diese Proteinfamilie kann durch die hydrophobe Natur und die enge Assoziierung dieser Proteine mit Membranen erklärt werden, da diese Faktoren noch immer eine große Herausforderung für Biochemiker und Zellbiologen darstellen. Genetische Daten aus dem Modellorganismus C. elegans, knock-out Experimente in Mäusen und genetische Daten von Patienten mit Steriod-Resistant Nephrotic Syndrome lassen auf eine wichtige, aber wahrscheinlich redundante Funktion für diese Proteine schließen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem humanen SLP-1 Protein, dem am wenigsten charakterisierten Familienmitglied. Da kein Antikörper gegen das humane SLP-1 Protein erhältlich war, habe ich das SLP-1-Protein mit unterschiedlichen Tags verknüpft (GFP, myc-Epitop und HA-Epitop) und exogen exprimiert und die Fusionsproteine mit biochemischen und zellbiologischen Methoden charakterisiert.
In Analogie zu Stomatin wurde das getaggte SLP-1-Protein auf perinucleären Vesikeln detektiert, zeigte aber im Gegensatz zu Stomatin keine Plasmamembran-Lokalisation in der Immunfluoreszenz- und Immunoelektronen-Mikroskopie. Subzelluläre Fraktionierung und biochemische Analyse bestätigten die endosomale Lokalisation. Durch Vergleich der Lokalisation von SLP-1 mit unterschiedlichen Organellenmarkern in Immunfluoreszenz-Versuchen konnte gezeigt werden, dass es sich bei den perinucleären, SLP-1-positiven Vesikeln um Late Endosomes (LEs) handelt. Die Co-Lokalisation mit unterschiedlichen Markern für dieses Kompartiment war variabel und wies auf eine breite Verteilung von SLP-1 über die diversen LE-Subkompartments hin. Die Konstruktion von verschiedenen Verkürzungs- und Punkt-Mutanten des SLP-1-Proteins führte zur Identifizierung eines Tyrosin-basierenden N-terminalen Sortiersignals in den ersten 10 Aminosäuren des Proteins. In chimären Konstrukten, in denen der N-terminus des Stomatin-Proteins durch den N-Terminus von SLP-1 ersetzt wurde, war dieses Motiv hinreichend, um das Fusionsprotein zu LEs/Lysosomen zu dirigieren und die Plasma-Membran-Lokalisation von stomatin zu unterbinden. C-Terminale Deletionsmutanten von SLP-1 zeigen auch Auswirkungen auf die korrekte subzelluläre Lokalisierung, wie am Beispiel eines Konstruktes klar wurde, welches zu cytoplasmatischen Aggregaten und tubulären Strukturen fehlgeleitet wird. Diese C-terminale Verkürzung wurde in Elektronenmikroskopie-Experimenten untersucht, und es konnte gezeigt werden, dass die zytoplasmatischen Aggregate kleine Lipid Bodies (alternativer Name Lipid Droplets) darstellen. Wahrscheinlich führte die Über-Expression der SLP-1-Verkürzungsmutante zur Ausbildung dieser charakteristischen Strukturen.
Unsere Hypothese, dass die menschlichen SLP-1- und stomatin-Proteine einen Komplex bilden könnten wie ihre C. elegans Gegenstücke UNC-24 und UNC-1, wurde in dieser Arbeit verifiziert. Komplexbildung zwischen endogenem Stomatin und exogen exprimiertem, getaggtem SLP-1 konnte in Immunpräzipitations-Experimenten gezeigt werden. Beide Proteine ko-lokalisierten in Immunfluoreszenz-Experimenten auf Late Endosomes, und interessanterweise veränderte sich die Lokalisation von endogenem Stomatin bei Überexpression von SLP-1, wobei eine klare Verschiebung von der Plasmamembran zu Late Endosomes festzustellen war. Diese Daten verweisen darauf, dass hetero-oligomere Komplexe zwischen Stomatin und SLP-1 gebildet werden, und dass sich die Eigenschaften dieser hetero-oligomeren Komplexe von den bekannten homo-oligomeren Stomatin-Komplexen stark unterscheiden könnten. Biochemische und zellbiologische Ergebnisse unterstützen eine oligomere Struktur von SLP-1. Wie Stomatin ist auch SLP-1 in sogenannten Detergent-Resistant Membranes (DRMs) oder Lipid Rafts angereichert, obwohl es nicht an der Plasmamembran zu finden ist. Einer der Hauptunterschiede zwischen SLP-1 und Stomatin wurde in Bezug auf die Assoziierung mit Lipid bodies/droplets festgestellt. Wild-Typ SLP-1 wurde nie auf der Oberfläche dieser Lipid-Speicherorganellen detektiert, wohingegen sowohl Stomatin als auch eine C-terminale Verkürzung von SLP-1 auf Lipid bodies detektiert wurden und die charakteristische, ringförmige Färbung zeigten.
Basierend auf der einzigartigen Domänenstruktur von SLP-1, welches eine Kombination von einer Stomatin–Domäne und einer Sterol Carrier Protein-2 (SCP-2)-Domäne beinhaltet, und auf der Anreicherung in lipid rafts, kamen wir zu der Annahme, dass eine Funktion des Proteins im Cholesterin/Lipid-Transport möglich ist. Ich verwendete den Farbstoff Filipin, um die subzelluläre Verteilung von Cholesterin in Zellen, die SLP-1 überexprimieren, zu untersuchen. Dabei fand ich keine augenfälligen Unterschiede zu Kontroll-Zellen. Aber als ich den Cholesterin-Transport von den Late Endosomes zur Plasma-Membran mit einem synthetischen Aminosteroid inhibierte, fand ich große Unterschiede zwischen Kontrollzellen und SLP-1-exprimierenden Zellen. Überexpression von SLP-1 führte zur Bildung von stark vergrößerten, Cholesterin-gefüllten perinukleären Strukturen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Cholesterin-Verteilung im Late-endosomalen Kompartment durch die Expression von SLP-1 verändert werden kann. Eine Verkürzungsmutante, bei der die SCP-2-Domäne entfernt wurde, zeigte diesen Effekt nicht, wodurch gezeigt wird, dass diese Domäne für die Modifizierung der Cholesterin-Verteilung notwendig ist.
Live-Cell-Imaging gab schließlich Aufschlüsse über die Dynamik des SLP-1-Proteins auf den perinukleären Vesikeln und zeigte, dass das SLP-1-Protein meist sehr inhomogen auf der Oberfläche von größeren Vesikeln verteilt ist und dass es einen zweiten Pool von kleineren, sehr schnell diffundierenden Vesikeln gibt. Diese kleinen Vesikel können entweder kurzfristig mit größeren Strukturen interagieren, oder sie fusionieren und schnüren sich dann wieder als diskrete Einheiten von den größeren Vesikeln ab. Worum es sich bei diesen kleinen, schnellen Strukturen genau handelt, muss erst geklärt werden.
In einem zweiten Teil meiner Arbeit versuchte ich unser Wissen über das stomatin-Protein selbst zu erweitern. Ich konnte einen Fluorescence Recovery After Photobleaching (FRAP)-Assay etablieren und zeigen, dass die Deletion des äußersten C-Terminus von Stomatin die Diffusionseigenschaften des Proteins in der Plasmamembran beeinflusst. Sowohl die mobile Fraktion als auch die Diffusionsgeschwindigkeit erhöhen sich, sobald der C-Terminus, der auch für die Oligomerisierung und die Lipid-Raft-Assoziierung notwendig ist, deletiert ist.
Um potentielle Interaktionspartner und funktionelle Mechanismen, bei denen Stomatin eine Rolle spielen könnte, auszumachen, führte ich 2D-PAGE-Analysen von Thrombozyten-DRM-Fraktionen durch und ließ die Proteine und post-translationelle Modifikationen (PTMs) von Stomatin durch Massenspektrometrie identifizieren (Mass Spectrometry Unit, VBC). In unaktivierten Thrombozyten wurden 3 Spots für Stomatin gefunden, einer nahe am theoretischen iso-elektrischen Punkt, und zwei zur sauren Seite verschobene Spots, die eine bzw. zwei zusätzliche negative Ladungen darstellen könnten. Die massenspektroskopische Analyse auf PTMs ergab eine potentielle neue Phosphorylierungsstelle für Stomatin (Serin-231) und eine kryptische, bis jetzt unbekannte Modifikation, die auf drei aufeinanderfolgenden Stomatin-Peptiden gefunden wurde. Die Natur und Bedeutung dieser Modifikation muss erst genauer untersucht werden.
Schließlich habe ich in einem letzten Ansatz versucht, das zunehmende Wissen über Mutationen in den Stomatin-verwandten Proteinen MEC-2 und UNC-1 in C. elegans für die Untersuchung des humanen Proteins auszunutzen. Ich habe zuerst konservierte Aminosäuren in der Sequenz identifiziert, bei denen Mutationen einen Phänotyp im Wurm verursachen. Dann habe ich die entsprechenden Punktmutationen im humanen Stomatin-Protein konstruiert. Die Analyse dieser Punktmutationen steht erst am Anfang, aber erste Ergebnisse lassen vermuten, dass diese Strategie zu neuen Einsichten in die Transport- und Targeting-Mechanismen des Proteins führen werden.