Abstract (deu)
Historismus und Moderne – diese beiden Schlagworte rufen besonders im Zusammenhang mit der Blütezeit Wiens um 1900 unzählige Assoziationen hervor. Der Wandel, der sich um die Jahrhundertwende vollzog, war spannungsreich und umfasste so wichtige Kunstgattungen wie die Architektur, Malerei und das Kunsthandwerk. Nur wenig bekannt ist, dass es neben diesen Disziplinen auch im Bereich der Gartenkunst zu einem tief greifenden Wechsel kam.
Politische, topografische und soziale Veränderungen bereiteten den Boden für den Wandel. Wien wurde größer und die Lebensbedingungen seiner Bewohner veränderten sich. Davon betroffen war auch das Leben des Großbürgertums, das seinen Reichtum gerne in Bauten entlang der Ringstraße sowie in der Errichtung prunkvoller Villen am Stadtrand von Wien präsentierte. Wichtig bei der Planung solcher Villen war der Garten. Unmittelbar um das Haus gelegen, war er ein wichtiger Bestandteil der gesamten Villenanlage. Zur Zeit des Historismus war eine dem englischen Vorbild entsprechende freie Gestaltung des Gartens populär. Geschlungene Wege, Baum- und Strauchgruppen sowie Hügelformationen waren beliebte Gestaltungsmittel. Um die Jahrhundertwende kam es mit dem Wandel, der auf dem Gebiete der Architektur eintrat, auch in der privaten Gartenplanung zu Veränderungen. Der natürlich gestaltete Villengarten wurde vom geometrisch geplanten Formalgarten abgelöst, beziehungsweise das Spektrum der Gartenkultur um diesen Gartentyp bereichert. Lineare, schlichte Formen galten nun als modern – der Garten wurde im Bezug zum Haus als „Zimmer im Freien“ betrachtet.