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Title (deu)
Das Sprechen der Sprache
frühkindlicher Spracherwerb im Lichte der Psychoanalyse Jacques Lacans
Author
Klaus Doblhammer
Adviser
Ines Breinbauer
Assessor
Wilfried Datler
Abstract (deu)

Ausgangspunkt der Arbeit ist die unbefriedigende Situation bei der Betrachtung des frühkindlichen Spracherwerbs aus einem möglichen pädagogischen Blickwinkel:
Zum einen bedient sich die Pädagogik, wenn sie sich in ihren Theorien und in ihrer institutionellen Praxis mit (Erst-)Spracherwerb auseinandersetzt, der Ergebnisse einer wissenschaftlichen Betrachtung des Phänomens (vergl.: Spracherwerbstheorien von Loch, Oevermann, Göppner, Bittner oder Kolonkos Praxiskonzept "Spracherwerb im Kindergarten"). Andererseits ergeben sich, wenn man in der Pädagogik das Bildungsdenken als zental ansetzt, auch systematische Probleme im Verhältnis von Bildung und Sprache: Exemplarisch aufgezeigt in der (klassischen) Bildungstheorie von Humboldt treten ein Form - Substanz Problem in Hinblick auf den Gegenstand Sprache, das Problem der Stellung des Bewußtseins in Bezug zur Sprache und der Aspekt einer möglichen Fremdbestimmung und Entfremdung des Subjekts durch die Sprache (der anderen) zu Tage.
Die verschiedenen Wissenschaften (inklusive der Erziehungswissenschaft) können einem möglichen Bildungsdenken um Sprache nichts hinzufügen, da sie Begriffe, die für ein Bildungsdenken von Interesse wären (z.B.: Lernen, Subjekt, Sprache, Anderer), innerhalb des jeweiligen Forschungsparadigmas vorgefaßt und teils unreflektiert enthalten bzw. darauf aufbauen.
Eine interessante Alternative zu den wissenschaftlichen Theorie bietet allerdings die "psychoanalytische" Subjekt - Sprache Konzeption bei Jacques Lacan: Sie versteht sich nicht als wissenschaftliche Theorie, sondern als philosophisch-"psychoanalytisches" Projekt, das unmittelbar an den Grundlagen (z.B.: am Zeichenbegriff oder an der neuzeitlichen, bewußtseins-immaneten Subjektkonstituierung durch Descartes) ansetzt, andererseits relativiert sie die Wissenschaft selbst als sprachlich-universitären Diskurs eines Subjekts (der Wissenschaft), der mit dem Diskurs der Psychoanalyse im Grunde nichts zutun hat. Die Frage ist vielmehr radikal, wie eine Wissenschaft beschaffen sein muß, um die Psychoanalyse einschließen zu können, und nicht, ob die Psychoanalyse eine Wissenschaft ist.
Das Lacansche Projekt bietet nun eine Lichtquelle zur Beleuchtung des Bildungsbegriffes und erlaubt, diesen derart umzugestalten, daß das Phänomen Spracherwerb innerhalb eines möglichen Bildungsdenkens adäquater faßbar wird. Insbesondere ergibt sich damit die Möglichkeit, den Bewußtseinsabzug durch Sprache beim Sprechen, die entfremdende Wirkung von Sprache für das Subjekt und die Rolle des Pädagogen als Sprachanbieter und "Entfremder" einzubeziehen und damit einseitigen emanzipatorisch-idealistischen Ballast (der Pädagoge solle die Selbstbestimmung des Subjekt im Verhältnis zu einem gesellschaftlichen Allgemeinen ermöglichen ) aufzubrechen.
Damit ergibt sich, daß beim Spracherwerb der Pädagoge gerade als bestimmender Anderer und Repräsentant einer (gesetzgebenden) symbolischen Ordnung auftritt, daß er damit ein Begehren transferiert und so das Subjekt in seiner imaginären Selbstkonstitution immer wieder ins Schwanken und damit zum Leben bringt. (vergl.: die Fort/Da - Bestimmung von Freud). In diesem Sinne "lernt" nicht das Subjekt sprechen, sondern es wird im Spracherwerb durch den Anderen innerhalb einer Struktur bestimmt. Dies hat Rückwirkungen auf das Subjektsein selbst: Im Sprechen der Sprache "spricht" nicht nur das Subjekt eine Sprache, sondern auch die Sprache ein Subjekt.

Abstract (eng)

The starting point of this thesis is the unsatisfactory situation concerning the consideration of early language-acquisition from a possible pedagogical point of view:
On the one side pedagogics, if it is an theoretical construction as well as an institutional practice concerning language-acquisition, uses the results of an scientific consideration of the phenomenon (collate: theories of language-acquisition from Loch, Oevermann, Göppner, Bittner or the practical concept of Kolonko). On the other side there are also systematical problems within the relation between (formal) education and language, if the concept of education is in the centre of a pedagogical thinking: Proved as an example in the (classical) theory of education of Humboldt, there is a form - substance problem within the consideration of language as a subject of education, there is the problem of the status of consciousness in relation to language and the aspect of a possible outside-determination an alienation of the subject from language (of the others).
Various sciences (as well as the science of education) are not able to add new aspects to a possible educational thinking, because in science conceptions being interesting for a educational thinking (learning, subject, language, the other) are often unreflected or presumed within the paradigm of the specific research.
Indeed an interesting alternative to scientific theories is offered by the "psychoanalytic" subject - language conception of Jacques Lacan: First of all this conception is not a scientific theory, but a philosophic - psychoanalytic project, which starts directly at the foundations (e.g. at the conception of signs or at the modern times self-constitution of the subject by Descartes), and which qualifies science itself as a linguistic university-discourse of a subject (of science), which has - strictly speaking - no part in the discourse of psychoanalysis. On the contrary the question is radical, how a science must be constituted to be able to include psychoanalysis and not, if psychoanalysis is a science.
Now the Lacanian project offers a source of light to illuminate the conception of formal education and enables to reform it, that the phenomenon of language-acquisition can be conceived in a more adequate way. Especially this goes to prove the possibility to include the draw-off of consciousness, when language is spoken, the alienational effect of language for the subject and the role of the pedagogue as a person, who offers language and alienates as well. So the one-sided burden from idealism (the pedagogue should enable the self-constitution of the subject in relation to a common consent) can be broken.
The result is, that the pedagogue is within the acquisition of language just a determining other and a representative of a (legislative) symbolic order. Doing so the pedagogue transfers a desire that makes the subject, which is often bound by its imaginary self-constitutions, moving and that brings it so to life (collate: the Fort/Da - determination of Freud). Following this the subject does not "learn" to speak, but it is - through the acquisition of language - determined (voiced) by the other within a certain structure. But there are also consequences for being a subject itself: By speaking a language not only the subject speaks a language, but also the language "speaks" a subject.

Keywords (eng)
language acquisitionpsychoanalysiseducationLacan
Keywords (deu)
SpracherwerbPsychoanalysePädagogikLacan
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1249672
rdau:P60550 (deu)
291 Bl.
Number of pages
291
Members (1)
Title (deu)
Das Sprechen der Sprache
frühkindlicher Spracherwerb im Lichte der Psychoanalyse Jacques Lacans
Author
Klaus Doblhammer
Abstract (deu)

Ausgangspunkt der Arbeit ist die unbefriedigende Situation bei der Betrachtung des frühkindlichen Spracherwerbs aus einem möglichen pädagogischen Blickwinkel:
Zum einen bedient sich die Pädagogik, wenn sie sich in ihren Theorien und in ihrer institutionellen Praxis mit (Erst-)Spracherwerb auseinandersetzt, der Ergebnisse einer wissenschaftlichen Betrachtung des Phänomens (vergl.: Spracherwerbstheorien von Loch, Oevermann, Göppner, Bittner oder Kolonkos Praxiskonzept "Spracherwerb im Kindergarten"). Andererseits ergeben sich, wenn man in der Pädagogik das Bildungsdenken als zental ansetzt, auch systematische Probleme im Verhältnis von Bildung und Sprache: Exemplarisch aufgezeigt in der (klassischen) Bildungstheorie von Humboldt treten ein Form - Substanz Problem in Hinblick auf den Gegenstand Sprache, das Problem der Stellung des Bewußtseins in Bezug zur Sprache und der Aspekt einer möglichen Fremdbestimmung und Entfremdung des Subjekts durch die Sprache (der anderen) zu Tage.
Die verschiedenen Wissenschaften (inklusive der Erziehungswissenschaft) können einem möglichen Bildungsdenken um Sprache nichts hinzufügen, da sie Begriffe, die für ein Bildungsdenken von Interesse wären (z.B.: Lernen, Subjekt, Sprache, Anderer), innerhalb des jeweiligen Forschungsparadigmas vorgefaßt und teils unreflektiert enthalten bzw. darauf aufbauen.
Eine interessante Alternative zu den wissenschaftlichen Theorie bietet allerdings die "psychoanalytische" Subjekt - Sprache Konzeption bei Jacques Lacan: Sie versteht sich nicht als wissenschaftliche Theorie, sondern als philosophisch-"psychoanalytisches" Projekt, das unmittelbar an den Grundlagen (z.B.: am Zeichenbegriff oder an der neuzeitlichen, bewußtseins-immaneten Subjektkonstituierung durch Descartes) ansetzt, andererseits relativiert sie die Wissenschaft selbst als sprachlich-universitären Diskurs eines Subjekts (der Wissenschaft), der mit dem Diskurs der Psychoanalyse im Grunde nichts zutun hat. Die Frage ist vielmehr radikal, wie eine Wissenschaft beschaffen sein muß, um die Psychoanalyse einschließen zu können, und nicht, ob die Psychoanalyse eine Wissenschaft ist.
Das Lacansche Projekt bietet nun eine Lichtquelle zur Beleuchtung des Bildungsbegriffes und erlaubt, diesen derart umzugestalten, daß das Phänomen Spracherwerb innerhalb eines möglichen Bildungsdenkens adäquater faßbar wird. Insbesondere ergibt sich damit die Möglichkeit, den Bewußtseinsabzug durch Sprache beim Sprechen, die entfremdende Wirkung von Sprache für das Subjekt und die Rolle des Pädagogen als Sprachanbieter und "Entfremder" einzubeziehen und damit einseitigen emanzipatorisch-idealistischen Ballast (der Pädagoge solle die Selbstbestimmung des Subjekt im Verhältnis zu einem gesellschaftlichen Allgemeinen ermöglichen ) aufzubrechen.
Damit ergibt sich, daß beim Spracherwerb der Pädagoge gerade als bestimmender Anderer und Repräsentant einer (gesetzgebenden) symbolischen Ordnung auftritt, daß er damit ein Begehren transferiert und so das Subjekt in seiner imaginären Selbstkonstitution immer wieder ins Schwanken und damit zum Leben bringt. (vergl.: die Fort/Da - Bestimmung von Freud). In diesem Sinne "lernt" nicht das Subjekt sprechen, sondern es wird im Spracherwerb durch den Anderen innerhalb einer Struktur bestimmt. Dies hat Rückwirkungen auf das Subjektsein selbst: Im Sprechen der Sprache "spricht" nicht nur das Subjekt eine Sprache, sondern auch die Sprache ein Subjekt.

Abstract (eng)

The starting point of this thesis is the unsatisfactory situation concerning the consideration of early language-acquisition from a possible pedagogical point of view:
On the one side pedagogics, if it is an theoretical construction as well as an institutional practice concerning language-acquisition, uses the results of an scientific consideration of the phenomenon (collate: theories of language-acquisition from Loch, Oevermann, Göppner, Bittner or the practical concept of Kolonko). On the other side there are also systematical problems within the relation between (formal) education and language, if the concept of education is in the centre of a pedagogical thinking: Proved as an example in the (classical) theory of education of Humboldt, there is a form - substance problem within the consideration of language as a subject of education, there is the problem of the status of consciousness in relation to language and the aspect of a possible outside-determination an alienation of the subject from language (of the others).
Various sciences (as well as the science of education) are not able to add new aspects to a possible educational thinking, because in science conceptions being interesting for a educational thinking (learning, subject, language, the other) are often unreflected or presumed within the paradigm of the specific research.
Indeed an interesting alternative to scientific theories is offered by the "psychoanalytic" subject - language conception of Jacques Lacan: First of all this conception is not a scientific theory, but a philosophic - psychoanalytic project, which starts directly at the foundations (e.g. at the conception of signs or at the modern times self-constitution of the subject by Descartes), and which qualifies science itself as a linguistic university-discourse of a subject (of science), which has - strictly speaking - no part in the discourse of psychoanalysis. On the contrary the question is radical, how a science must be constituted to be able to include psychoanalysis and not, if psychoanalysis is a science.
Now the Lacanian project offers a source of light to illuminate the conception of formal education and enables to reform it, that the phenomenon of language-acquisition can be conceived in a more adequate way. Especially this goes to prove the possibility to include the draw-off of consciousness, when language is spoken, the alienational effect of language for the subject and the role of the pedagogue as a person, who offers language and alienates as well. So the one-sided burden from idealism (the pedagogue should enable the self-constitution of the subject in relation to a common consent) can be broken.
The result is, that the pedagogue is within the acquisition of language just a determining other and a representative of a (legislative) symbolic order. Doing so the pedagogue transfers a desire that makes the subject, which is often bound by its imaginary self-constitutions, moving and that brings it so to life (collate: the Fort/Da - determination of Freud). Following this the subject does not "learn" to speak, but it is - through the acquisition of language - determined (voiced) by the other within a certain structure. But there are also consequences for being a subject itself: By speaking a language not only the subject speaks a language, but also the language "speaks" a subject.

Keywords (eng)
language acquisitionpsychoanalysiseducationLacan
Keywords (deu)
SpracherwerbPsychoanalysePädagogikLacan
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1249673
Number of pages
291