Abstract (deu)
Die Täuferbewegung entstand 1525 in Zürich im Zug der Reformation. Eine Gruppe
von Männern, denen Zwinglis Reformbemühungen nicht weit genug gingen, spaltete
sich von ihm ab und führte die erste Glaubenstaufe an Erwachsenen durch. Die
Kindertaufe lehnten sie ab, da die Taufe ein Bund mit Gott sei, den nur ein mündiger
Mensch aus freiem Willen eingehen konnte. Die Täufer, die von ihren Gegnern oft als
Wiedertäufer bezeichnet wurden, sind eine Splittergruppe der Reformation und da es
zahlreiche Missstände in Klerus und Kirche gab, fiel ihre Lehre vor allem im
deutschsprachigen Mitteleuropa auf fruchtbaren Boden. Sie gerieten bald in Konflikt mit
der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit, da sie Eidesleistung, Kriegsdienst und
Steuerzahlungen für Kriegszwecke ablehnten. Die bald einsetzende brutale Verfolgung
in katholischen, als auch reformierten Gebieten zwang viele zur Flucht, wodurch
täuferisches Gedankengut im gesamten süddeutschen und österreichischen Raum
verbreitet wurde. In den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts war Mähren, das sich lange
dem katholischen Kaiserhaus in Wien widersetzen konnte, wohl das Land mit der
größtmöglichen Religionsfreiheit, weshalb viele verfolgte Täufer hier Zuflucht fanden.
Hier entwickelte sich auch die erste Täufergruppe, die in Gütergemeinschaft lebte und
Privatbesitz ablehnte, zu der später Jakob Hutter stieß, dessen Anhänger sich noch
heute nach ihm als Hutterer oder Hutterische Brüder bezeichnen. Er war die wohl
bedeutendste Führungspersönlichkeit der Täuferbewegung in Mähren, endete aber wie
so viele andere seiner Glaubensbrüder auf dem Scheiterhaufen. 1622 gelang es dem
katholischen Kaiserhaus in Wien nach langen Bemühungen den Widerstand der
protestantischen Stände zu brechen und es brachen schwere Zeiten für die gesamte
nicht-katholische Bevölkerung herein. Sämtliche Täufer, darunter auch die Hutterer,
mussten Mähren verlassen; die meisten gingen nach Oberungarn oder nach
Siebenbürgen. Der 30-jährige Krieg und gegenreformatorische Maßnahmen durch die
Jesuiten brachten die Gemeinden an den Rande des Zusammenbruchs.
Durch eine glückliche Fügung erhielt die stark dezimierte Gemeinde in Siebenbürgen
1755 Verstärkung durch Kärntner Protestanten, die von Maria Theresia aus ihrer
Heimat vertrieben worden waren und sich den letzten verbliebenen Hutterern in Alwinz
anschlossen. Aufgrund eines neuerlichen russisch-türkischen Krieges war auch ein
Verbleib in Siebenbürgen nicht mehr möglich und die Gemeinde floh in die Walachei.
Hier war ihnen nur ein kurzer Aufenthalt beschieden, sodass die Flucht drei Jahre später schließlich nach Wischinka nördlich von Kiev führte. Hier besiedelten und
bewirtschafteten die Hutterer das Land von Graf Peter Rumjanzow, der ihnen
Privilegien und Religionsfreiheit gewährte. Nach dessen Tod konnte mit seinen
Nachfolgern keine Einigung erzielt werden und die Gruppe musste nach Radiceva
übersiedeln. Hier kam es zu zahlreichen internen Streitigkeiten bezüglich der
Einhaltung der Gütergemeinschaft, die schließlich auch zu Spaltungen führten.
Schließlich landeten einige Gruppen in Südrussland im Molotschna Gebiet, wo die
Siedlung Huttertal gegründet wurde. Durch Russifizierungsmaßnahmen und die
Einführung der allgemeinen Wehrpflicht aufgeschreckt wanderten 1874–1877
schließlich 18 000 Mennoniten und etwa 1 600 Hutterer in die USA und nach Kanada
aus. Bereits in Russland entwickelten sich drei Zweige innerhalb der Hutterer, die nach
den Namen bzw. Berufen ihrer Gründer Dariusleut, Lehrerleut und Schmiedeleut
genannt werden. Diese Dreiteilung der Gemeinde setzte sich auch in Nordamerika bis
zum heutigen Tage fort. Während des 1. Weltkrieges hatten die Hutterer in den USA
unter schweren anti-deutschen Ausschreitungen zu leiden, da sie den Kriegsdienst
verweigerten und als Verräter und Spione angesehen wurden. 1917 verließen die
allermeisten Hutterer die USA und wanderten nach Kanada aus. Hier entstanden im
Laufe der Zeit zahlreiche Bruderhöfe, auf denen die Brüder und Schwestern
abgeschottet von der Außenwelt in Gütergemeinschaft lebten und sich zahlreich
vermehrten. Ab den 30er Jahren wurden auch in den USA, vor allem in South Dakota
und Montana, wieder Höfe gekauft und besiedelt. Da die Hutterer jegliche
Verhütungsmaßnahmen ablehnen, ist ihre Geburtenrate dementsprechend hoch,
sodass die Zahl ihrer Mitglieder und ihrer Höfe in den letzten hundert Jahren
sprunghaft angestiegen ist. Heute gibt es in Nordamerika über 400 Bruderhöfe mit
mehr als 40 000 Bewohnern, wovon etwa 70% in Kanada und 30% in den USA leben.
Sie leben bis heute nach den Regeln und Ordnungen ihrer Gründerväter aus dem 16.
Jahrhundert in Gemeineigentum, leben hauptsächlich von der Landwirtschaft und
handwerklichen Tätigkeiten. In erster Linie versuchen sie sich selbst zu versorgen und
von ihrer nicht-hutterischen Umwelt unabhängig zu sein.