Abstract (deu)
Der Schwerpunkt der Diplomarbeit liegt in der Interpretation der ersten drei
gedruckten Bücher über die Krankheiten des Kindes des ausgehenden 15.
Jahrhunderts, die durch den Medizinhistoriker Karl Sudhoff 1925 herausgegeben
wurden.
Um die in den Traktaten wiedergegebenen Anschauungen besser zu verstehen, wird
die Entwicklung der abendländischen Medizin und die Grundlagen der
mittelalterlichen Medizin dargestellt, die auf den Schriften der antiken Ärzte basieren.
Die bedeutendsten Persönlichkeiten der Antike sind Hippokrates (ca. 370 v. Chr.
gestorben) und Galen (ca. 130 – wahrscheinlich um 200 n.Chr.), der der
hippokratischen Viersäftelehre zum Durchbruch verholfen hat. Das griechische
medizinische Wissen ist über die Rezeption in Byzanz und die Schule von Alexandria
in den islamisch-arabischen Raum gekommen, wo es übersetzt, kompiliert,
interpretiert und systematisiert wurde. Hinzu kamen neue Erklärungsversuche der
arabischsprachigen Ärzte. Die Werke der arabischen Medizin wurden ins Lateinische
übersetzt, beginnend mit Constantinus Africanus (gest. um 1087) und fortgesetzt durch
die Übersetzungstätigkeit der Klöster und weltlichen Medizinschulen.
Im Kapitel über die Kindheit im Mittelalter wird darauf hingewiesen, dass entgegen
früherer Meinungen das Kind beachtet wurde und auch einen festen Platz in der
mittelalterlichen Gesellschaft hatte, wofür die damals vorherrschende Einteilung der
Kindheit in drei verschiedene Phasen – Infantia, Pueritia, Adolescentia – spricht.
Kummer und Schmerz bereiteten den Eltern das kranke Kind, das im Krankheitsfall
liebevoll und aufmerksam gepflegt wurde.
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Unter den drei gedruckten Büchern über die Kinderkrankheiten, die ausführlich
besprochen und interpretiert werden, ist das Büchlein von Bartholomäus Metlinger
insoferne herauszuheben, da es ein wertvoller Ratgeber für die Eltern ist. Das Buch
von Paulus Bagellardus, das am Anfang der kinderheilkundlichen Literatur steht, und
von Cornelius Roelans, das den Abschluss der literarischen Entwicklung des Faches
Kinderheilkunde, soweit sie im ausgehenden 15. Jahrhundert bekannt war, sind für die
medizinische Ausbildung und Fortbildung, wie man heute zu sagen pflegt, geeignet.
Manchmal war es schwierig aus heutiger Sicht festzustellen, welche Krankheit
gemeint war. Ich glaube aber, dass es für die damalige Zeit wichtig war, den Arzt auf
verschiedene Krankheiten des Kindes aufmerksam zu machen. Das
Autorenverzeichnis der in den Traktaten erwähnten medizinischen Schriftsteller und
Kommentatoren von der Antike bis ins Mittelalter und ein Glossar der Heilmittel sind
im Anhang dargestellt.