Abstract (deu)
Mittelpunkt dieser Arbeit sind die Entnazifizierungsmaßnahmen der
Briten in Österreich. Grob gesagt lassen sich diese in sechs Phasen untergliedern:
· 1. Phase: Von Anfang 1944 bis ca. April 1945 als mit den US-Amerikanern gemeinsame Planungsperiode für die Ausmerzung
des Nationalsozialismus in Österreich und Deutschland.
· 2. Phase: Von Mai bis September 1945 als Phase der
militärischen Sicherheitsvorkehrungen in Kärnten und ab 23./24.Juli auch in der bis dahin hauptsächlich sowjetisch besetzten Steiermark.
· 3. Phase: Von Oktober 1945 bis Februar 1946 als Phase der
Durchführung einer weitgehend autonomen britischen
Entnazifizierung in der eigenen Zone, wenn auch mit Einbindung österreichischer Komitees.
· 4. Phase: Von Februar 1946 bis Februar 1947 als Zeitraum
kontinuierlichen Rückzugs der Briten auf die Kontrolle der auf den antifaschistischen Verfassungsgesetzen (Verbots- und
Kriegsverbrechergesetz) von 1945 beruhenden österreichischen
Entnazifizierung.
· 5. Phase: Von Februar 1947 bis Mai 1948 als Phase der fast
vollständigen Überlassung der Entnazifizierung an die
österreichischen Behörden auf Basis des
Nationalsozialistengesetzes 1947.
· 6. Phase: Ab Mitte 1948 als Periode der Amnestien, mit nur
gelegentlicher, eher als Ausnahme zu wertender Einmischung
(z.B. beim Fall Dr. Hans Amschl)
Der Begriff Entnazifizierung stand als Synonym für die politische
Säuberung der deutschen und österreichischen
Nachkriegsgesellschaft nach dem Ende der NS-Herrschaft. Dies
bedeutete die Aufhebung der nationalsozialistischen Gesetze und
Organisationen, aber auch, und darunter wurde der Begriff
Entnazifizierung langläufig verstanden, die Säuberung des Personals
von nationalsozialistischen Ideologien.
Ziel der britischen Besatzungsmacht war die Demokratisierung der
österreichischen Gesellschaft. Diesen Anspruch konnte die britische
Besatzungsmacht nicht erfüllen. Sie konnten, wie im Übrigen auch
die Amerikaner, der Masse an Mitläufern, an Opportunisten und
jenen skeptisch-apathischen, unpolitischen mit ihrem System einer
ausschließlichen Personalisierung von Entnazifizierung nicht Herr
werden. Die Zentrierung auf Personalsäuberung war ein zu
einseitiger, der, wie sich bald herausgestellt hatte, zum einen die
Verwaltung vor Ort kollabieren ließ und zum anderen eine nicht
mehr überschaubare Masse an Unzufriedenen zurückgelassen hätte,
die gerade dadurch wieder anfällig für radikale Ideologien geworden
wäre. Nicht ein Elitenaustausch, wie dies die ursprüngliche
Zielvorgabe war, sondern eine Elitenrestauration war das Ergebnis.
Österreichs Parteien nutzten diese Tendenz weidlich aus. Eine
umfassende Aufarbeitung der Jahre 1933 bis 1945 als Chance für
eine tief greifende demokratische Erneuerung hat jedenfalls nicht
stattgefunden. Wenn die Sühne- und Säuberungsmaßnahmen der
ersten Nachkriegsjahre in Österreich insgesamt ein Misserfolg
waren, dann war es aber auch über weite Strecken ein
hausgemachter, sprich ein österreichischer.