You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1251949
Title (deu)
Gleichheit im Kontex nonegalitaristischer Kritik
Author
David Brauner
Advisor
Herta Nagl-Docekal
Assessor
Herta Nagl-Docekal
Abstract (deu)
John Rawls´ Theorie der Gerechtigkeit führte zu einer philosophischen Auseinandersetzung, die als „Equality-of-What?“-Debatte bekannt ist. Eine weitgehende Übereinstimmung der unterschiedlichen Auffassungen bestand jedoch darin, dass sich Gerechtigkeit im Wesentlichen über Gleichheit bestimmen lässt. Mittlerweile bezweifeln viele PhilosophInnen die gerechtigkeitsrelevante Bedeutung der Gleichheit. Sie sind der Ansicht, dass vor allem die grundlegenden Standards der Gerechtigkeit nonrelationaler Art sind und der Gleichheit nur abgeleiteter Wert zukommt. Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Frage, ob sich auch ohne Bezug auf Gleichheit eine plausible Gerechtigkeitskonzeption entwickeln lässt. Einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Beantwortung dieser Fragestellung liefert die Klärung des Gleichheitsbegriffs. Gleichheit erweist sich als komplexer und mehrdeutiger Begriff, der verschiedene Konzepte beinhaltet und sich auf mehrere Ebenen bezieht. Insbesondere die Unterscheidung zwischen dem grundlegenden Prinzip moralischer Gleichheit und dem formalen Gleichbehandlungsprinzip ist hier hervorzuheben. Allen Menschen die gleiche Achtung und Anerkennung entgegenzubringen bedeutet nicht, alle in strikt gleicher Weise zu behandeln. Gleichheit auf einer Ebene kann also Ungleichheit auf einer anderen Ebene zur Folge haben. Der moderne Gleichheitsgedanke ist im Wesentlichen die Auffassung, dass alle Menschen das Recht haben, gleichermaßen berücksichtigt zu werden. In dieser grundlegenden Hinsicht ist die Idee der Gleichheit jedoch auch für NonegalitaristInnen eine implizite Annahme, denn das „humanitäre Ideal“, allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, ist offensichtlich die Einsicht, dass jeder Mensch das Recht hat, als ein Gleicher behandelt zu werden. Das Prinzip der gleichen Achtung ist die egalitäre Basis, die sowohl von NonegalitaristInnen als auch von EgalitaristInnen vorausgesetzt wird. Doch auch auf distributiver Ebene erweisen sich egalitäre Konzeptionen als unumgänglich. Bei der Bestimmung angemessener Güteransprüche lässt sich auf relationale Überlegungen nicht verzichten. Das bedeutet nicht, dass alle Güter gleichmäßig zu verteilen sind. Eine gerechte Verteilung muss sich allerdings immer am Standard der Gleichverteilung orientieren. Das heißt, dass jede Ungleichverteilung zu begründen ist, die egalitäre Verteilung jedoch nicht. Diese „Präsumtion der Gleichheit“, die der Gleichverteilung eine Vorrangposition einräumt, lässt sich auch mathematisch begründen. Die mathematische Begründung stützt sich darauf, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, durch Ungleichverteilung einen ungerechten Zustand hervorzubringen als durch Gleichverteilung. Folglich ist die Gleichverteilung, wenn keine relevanten Gründe für eine Ungleichverteilung sprechen, die gerechteste Verteilungsmöglichkeit. Diese egalitären Rahmenbedingungen müssen allerdings durch inhaltliche Verteilungskriterien ergänzt werden. Wie die Kritik an Gosepaths konstitutivem Egalitarismus zeigt, ist die Konzentration auf ein einziges Gleichheitskriterium ungenügend, um unseren moralischen Grundüberzeugungen gerecht zu werden. Insbesondere die Ausweitung des Verantwortungsprinzips auf die natürlichen Begabungen ist mit unserem Selbstverständnis nicht zu vereinbaren. Diese Kritik betrifft jedoch weder die fundamentale noch die distributive Ebene der Gleichheit. Eine plausible Gerechtigkeitskonzeption lässt sich nur mit Bezug auf verschiedene Gleichheitsprinzipien entwickeln, deren Interpretation jedoch ein differenziertes Gleichheitsverständnis erfordert.
Keywords (deu)
GleichheitGerechtigkeitEgalitarismusNonegalitarismus
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1251949
rdau:P60550 (deu)
123 S.
Number of pages
123
Members (1)
Title (deu)
Gleichheit im Kontex nonegalitaristischer Kritik
Author
David Brauner
Abstract (deu)
John Rawls´ Theorie der Gerechtigkeit führte zu einer philosophischen Auseinandersetzung, die als „Equality-of-What?“-Debatte bekannt ist. Eine weitgehende Übereinstimmung der unterschiedlichen Auffassungen bestand jedoch darin, dass sich Gerechtigkeit im Wesentlichen über Gleichheit bestimmen lässt. Mittlerweile bezweifeln viele PhilosophInnen die gerechtigkeitsrelevante Bedeutung der Gleichheit. Sie sind der Ansicht, dass vor allem die grundlegenden Standards der Gerechtigkeit nonrelationaler Art sind und der Gleichheit nur abgeleiteter Wert zukommt. Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Frage, ob sich auch ohne Bezug auf Gleichheit eine plausible Gerechtigkeitskonzeption entwickeln lässt. Einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Beantwortung dieser Fragestellung liefert die Klärung des Gleichheitsbegriffs. Gleichheit erweist sich als komplexer und mehrdeutiger Begriff, der verschiedene Konzepte beinhaltet und sich auf mehrere Ebenen bezieht. Insbesondere die Unterscheidung zwischen dem grundlegenden Prinzip moralischer Gleichheit und dem formalen Gleichbehandlungsprinzip ist hier hervorzuheben. Allen Menschen die gleiche Achtung und Anerkennung entgegenzubringen bedeutet nicht, alle in strikt gleicher Weise zu behandeln. Gleichheit auf einer Ebene kann also Ungleichheit auf einer anderen Ebene zur Folge haben. Der moderne Gleichheitsgedanke ist im Wesentlichen die Auffassung, dass alle Menschen das Recht haben, gleichermaßen berücksichtigt zu werden. In dieser grundlegenden Hinsicht ist die Idee der Gleichheit jedoch auch für NonegalitaristInnen eine implizite Annahme, denn das „humanitäre Ideal“, allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen, ist offensichtlich die Einsicht, dass jeder Mensch das Recht hat, als ein Gleicher behandelt zu werden. Das Prinzip der gleichen Achtung ist die egalitäre Basis, die sowohl von NonegalitaristInnen als auch von EgalitaristInnen vorausgesetzt wird. Doch auch auf distributiver Ebene erweisen sich egalitäre Konzeptionen als unumgänglich. Bei der Bestimmung angemessener Güteransprüche lässt sich auf relationale Überlegungen nicht verzichten. Das bedeutet nicht, dass alle Güter gleichmäßig zu verteilen sind. Eine gerechte Verteilung muss sich allerdings immer am Standard der Gleichverteilung orientieren. Das heißt, dass jede Ungleichverteilung zu begründen ist, die egalitäre Verteilung jedoch nicht. Diese „Präsumtion der Gleichheit“, die der Gleichverteilung eine Vorrangposition einräumt, lässt sich auch mathematisch begründen. Die mathematische Begründung stützt sich darauf, dass die Wahrscheinlichkeit höher ist, durch Ungleichverteilung einen ungerechten Zustand hervorzubringen als durch Gleichverteilung. Folglich ist die Gleichverteilung, wenn keine relevanten Gründe für eine Ungleichverteilung sprechen, die gerechteste Verteilungsmöglichkeit. Diese egalitären Rahmenbedingungen müssen allerdings durch inhaltliche Verteilungskriterien ergänzt werden. Wie die Kritik an Gosepaths konstitutivem Egalitarismus zeigt, ist die Konzentration auf ein einziges Gleichheitskriterium ungenügend, um unseren moralischen Grundüberzeugungen gerecht zu werden. Insbesondere die Ausweitung des Verantwortungsprinzips auf die natürlichen Begabungen ist mit unserem Selbstverständnis nicht zu vereinbaren. Diese Kritik betrifft jedoch weder die fundamentale noch die distributive Ebene der Gleichheit. Eine plausible Gerechtigkeitskonzeption lässt sich nur mit Bezug auf verschiedene Gleichheitsprinzipien entwickeln, deren Interpretation jedoch ein differenziertes Gleichheitsverständnis erfordert.
Keywords (deu)
GleichheitGerechtigkeitEgalitarismusNonegalitarismus
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1251950
Number of pages
123