Abstract (deu)
Nicht nur der emotionale Ausdruck eines Gesichts, sondern auch scheinbar oberflächliche Merkmale, wie Attraktivität, spielen eine wichtige Rolle in menschlichen Interaktionen. Attraktivität scheint ein Merkmal zu sein, dass den Entwicklungs- und Hormonstatus eines Individuums widerspiegelt. Daher stellt es einen wichtigen Faktor in der Partnerwahl dar. Ziel dieser Studie war, mittels der „Event-Related-Potentials (ERP)“-Methode herauszufinden, welche zerebralen Prozesses im Zusammenhang mit individuell wahrgenommener Attraktivität stehen. 200 Frontalaufnahmen von Gesichtern mit neutralem Gesichtsausdruck dienten als Stimuli für 50 Versuchspersonen. Die Auswertung umfasste eine globale Analyse der mittleren Amplitudenwerte, die Analyse des Peaks der N170, sowie eine Analyse der mittleren Amplitudenwerte der P300. Die Ergebnisse zeigten eine von der Attraktivitätsbewertung abhängige Modulation der EEG-Aktivität ab 150 ms nach Reizdarbietung. Unattraktive weibliche Gesichter lösten eine größere N170 Amplitude aus als attraktive, wobei männliche Gesichter dem umgekehrten Muster folgten. Die Analyse der P300 zeigte höhere Amplituden für attraktive weibliche Gesichter als für unattraktive, wohingegen männliche Gesichter einem umgekehrten Trend folgten. Eine frühe Modulation der visuellen Verarbeitung in Abhängigkeit von wahrgenommener Attraktivität deutet auf frühe Einflüsse von Gehirnregionen, die sozial und biologisch relevante Information verarbeiten, auf visuelle Gebiete hin, und widerspricht damit klassischen Modellen der Gesichterverarbeitung. Entgegen der Vorhersagen dieser Studie lösten attraktive Gesichter nicht immer höhere Aktivierung aus. Unterschiedliche Aktivierung in Abhängigkeit von wahrgenommener Attraktivität scheint daher nicht nur den Belohnungswert eines attraktiven Gesichts zu reflektieren, sondern muss im Kontext von Partnerwahlstrategien diskutiert werden.