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Title (deu)
Die soziale Anatomie des Raums
eine strategische Positionierung des Raums im sozialwissenschaftlichen Diskurs
Author
Florian Beiskammer
Adviser
Jens Dangschat
Assessor
Jens Dangschat
Abstract (deu)
Die disziplinäre Verortung von Raumproblemen und -phänomenen ist in vielen Fällen immer noch auf jene Schulen beschränkt, die sich entweder mit einer abstrakten und semiotischen Modellierung oder einer empirischen und deskriptiven Beschreibung zufriedengeben. Doch als formale Voraussetzung, als Bühne sozialen Handelns verliert der Raum seine Attraktivität für die soziologische Theoriebildung. Dieser Raum ist mit Bildern und Repräsentationen überzogen, die aber nicht nur in die dunkelsten Winkel zeitgenössischer Epistemologie reichen, sondern auch in die Alltagsvorstellungen aller seiner Bewohnerinnen und Bewohner. So lässt sich er sich zwar nicht widerstandlos in einen gesellschaftstheoretischen Kontext eingliedern, dennoch ist diese Beschränkung in der gegenwärtigen Soziologie nicht mehr zeitgemäß. Den Raum aus der eigenen Theoriebildung auszuschließen stellt die Soziologie vor das Problem, aufgrund der Raumgebundenheit menschlicher Handlungen auf vage und unsystematisierte Begriffe zurückgreifen zu müssen. Während sich die Zeit als soziale Kategorie etablieren konnte, war der Raum in ihrem Schatten lange die reaktionäre Beschäftigung mit toten Gebilden. Gerade die Auffassung einer historischen Existenz, die sich vornehmlich über die vermeintliche Souveränität eines Subjekts legitimiert, unterdrückt den Raum als Instrument und Gegenstand sozialtheoretischen Erkenntnisgewinns. Doch ist der Raum ebenso wie die historische und die soziale Wirklichkeit, deren Verflochtenheit auf so breite wissenschaftliche Basis gestellt wurde, eine fundamentale Ebene menschlichen Lebens. Seine Rolle als aktiven sozialen Prozess, als strukturiertes Strukturierungsmoment unserer Gesellschaft anzuerkennen, benötigt eine Kritik sowohl am kontinuierlichen Selbstverständnis einer metaphysischen Historiographie als auch an der ideologischen Abstraktion des Raums im Dienste hegemonialer gesellschaftlicher Produktionsmodi. Denn die soziale Realität des Raums verblasst gegenüber der diskursiven Realität der Geschichte und verschwindet in der Reduktion als instrumenteller Apparat einer kapitalistisch-funktionalen Ordnung. Diese Ordnung mag zwar den Anschein eines unveränderlichen Raums erwecken, doch ist dieser ein soziales Produkt und als solches Ursache und Wirkung sowohl bestehender Verhältnisse als auch gesellschaftlicher Veränderung. Es konstituiert ihn eine soziale Praxis, die ihn zugleich materiell und repräsentiert, zugleich ontologisch und historisch, gesellschaftlich vermittelt und doch lokal einzigartig entwirft. Er wird hergestellt, wahrgenommen, repräsentiert und erfahren, er wird strukturiert und strukturiert selbst. In der Theorie seiner sozialen Produktion ist dieser Raum praktische Möglichkeit sozialer Verhältnisse, auch deren Wandels, und gleichzeitig epistemologisches Instrument zur Irritation festgefahrener perspektivischer Kategorien zwischen philosophischem Subjektivismus und objektivistischem Materialismus. Er entsteht in sozialen Prozessen und ist selbst ein sozialer Prozess. Ohne ihn werden soziale Beziehungen selbst zur Abstraktion, er konstituiert diese und wird von ihnen konstituiert. Raum ist, verwoben mit der Zeit und dem Sozialen, ein grundlegender Modus der Existenz unserer Gesellschaft.
Keywords (deu)
RaumtheoriePostmoderne
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1252789
rdau:P60550 (deu)
115 S. : Ill.
Number of pages
118
Members (1)
Title (deu)
Die soziale Anatomie des Raums
eine strategische Positionierung des Raums im sozialwissenschaftlichen Diskurs
Author
Florian Beiskammer
Abstract (deu)
Die disziplinäre Verortung von Raumproblemen und -phänomenen ist in vielen Fällen immer noch auf jene Schulen beschränkt, die sich entweder mit einer abstrakten und semiotischen Modellierung oder einer empirischen und deskriptiven Beschreibung zufriedengeben. Doch als formale Voraussetzung, als Bühne sozialen Handelns verliert der Raum seine Attraktivität für die soziologische Theoriebildung. Dieser Raum ist mit Bildern und Repräsentationen überzogen, die aber nicht nur in die dunkelsten Winkel zeitgenössischer Epistemologie reichen, sondern auch in die Alltagsvorstellungen aller seiner Bewohnerinnen und Bewohner. So lässt sich er sich zwar nicht widerstandlos in einen gesellschaftstheoretischen Kontext eingliedern, dennoch ist diese Beschränkung in der gegenwärtigen Soziologie nicht mehr zeitgemäß. Den Raum aus der eigenen Theoriebildung auszuschließen stellt die Soziologie vor das Problem, aufgrund der Raumgebundenheit menschlicher Handlungen auf vage und unsystematisierte Begriffe zurückgreifen zu müssen. Während sich die Zeit als soziale Kategorie etablieren konnte, war der Raum in ihrem Schatten lange die reaktionäre Beschäftigung mit toten Gebilden. Gerade die Auffassung einer historischen Existenz, die sich vornehmlich über die vermeintliche Souveränität eines Subjekts legitimiert, unterdrückt den Raum als Instrument und Gegenstand sozialtheoretischen Erkenntnisgewinns. Doch ist der Raum ebenso wie die historische und die soziale Wirklichkeit, deren Verflochtenheit auf so breite wissenschaftliche Basis gestellt wurde, eine fundamentale Ebene menschlichen Lebens. Seine Rolle als aktiven sozialen Prozess, als strukturiertes Strukturierungsmoment unserer Gesellschaft anzuerkennen, benötigt eine Kritik sowohl am kontinuierlichen Selbstverständnis einer metaphysischen Historiographie als auch an der ideologischen Abstraktion des Raums im Dienste hegemonialer gesellschaftlicher Produktionsmodi. Denn die soziale Realität des Raums verblasst gegenüber der diskursiven Realität der Geschichte und verschwindet in der Reduktion als instrumenteller Apparat einer kapitalistisch-funktionalen Ordnung. Diese Ordnung mag zwar den Anschein eines unveränderlichen Raums erwecken, doch ist dieser ein soziales Produkt und als solches Ursache und Wirkung sowohl bestehender Verhältnisse als auch gesellschaftlicher Veränderung. Es konstituiert ihn eine soziale Praxis, die ihn zugleich materiell und repräsentiert, zugleich ontologisch und historisch, gesellschaftlich vermittelt und doch lokal einzigartig entwirft. Er wird hergestellt, wahrgenommen, repräsentiert und erfahren, er wird strukturiert und strukturiert selbst. In der Theorie seiner sozialen Produktion ist dieser Raum praktische Möglichkeit sozialer Verhältnisse, auch deren Wandels, und gleichzeitig epistemologisches Instrument zur Irritation festgefahrener perspektivischer Kategorien zwischen philosophischem Subjektivismus und objektivistischem Materialismus. Er entsteht in sozialen Prozessen und ist selbst ein sozialer Prozess. Ohne ihn werden soziale Beziehungen selbst zur Abstraktion, er konstituiert diese und wird von ihnen konstituiert. Raum ist, verwoben mit der Zeit und dem Sozialen, ein grundlegender Modus der Existenz unserer Gesellschaft.
Keywords (deu)
RaumtheoriePostmoderne
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1252790
Number of pages
118