Abstract (deu)
Am Anfang und im Zentrum dieser Diplomarbeit steht die Frage, ob Jesus der Christus Gottes ist. Anhand von drei Werken wird ein beispielhafter Einblick in die Vielfalt von möglichen Konzepten in diese Fragestellung gegeben. Das Werk von G. Theißen und A. Mertz, Der historische Jesus, ein Lehrbuch gibt einen Überblick über die neutestamentarische Forschungslage. Der erste Band der Christologie der Befreiung von J. Sobrino zeigt einen Befreiungstheologen, der in seiner Christologie versucht, das kontextuelle Jesubild, welches G. Theißen und A. Mertz aufgrund der Quellenlage entwerfen, ernst zu nehmen, und nicht vorschnell von der Glaubensentscheidung her, die Frage nach dem Christus Gottes beantwortet wissen zu müssen. Dem wird mit dem Buch Jesus von Nazareth von J. Ratzinger ein Konzept gegenübergestellt, in dem die Frage nach dem Christus Gottes schon beantwortet scheint. Aufbauend auf dem Lehrbuch von G. Theißen und A. Mertz werden zwei Autoren gegenübergestellt, die paradigmatische für je ihre Position stehen. Einerseits J. Sobrino, einen Befreiungstheologen und einen Verfechter einer Christologie von unten und andererseits J. Ratzinger, einen Vertreter des römischen Lehramtes und einer Christologie von oben. Ein weiterer Grund für diese Auswahl ist die zeitliche Nähe dieser drei Werke, welche 1996 (Theißen/Mertz), 1998 (Sobrino) und 2007 (Ratzinger) erschienen sind.
Die Diplomarbeit möchte zeigen, dass es unumgänglich ist, den Weg über den historischen Jesus zu gehen, um sich der Frage nach dem Christus Gottes zu nähern, ohne diese vorschnell beantwortet zu wissen. Die chronologische Vorgehensweise, welche sich in den Ausführungen von J. Sobrino, sowie von G. Theißen und A. Mertz, als die in sich stimmigere erweist, führt erneut zu der Frage nach dem Christus des Glaubens, aber nicht notwendigerweise zum Glauben an Jesus Christus. Es wird sich am Ende zeigen, dass diese Frage mit einer theoretischen Entscheidung, mit Ja oder Nein, nicht beantwortet werden kann, sondern in einer neuen Fraglichkeit am Ende des Lebens Jesu, im Tod am Kreuz, hereinbricht, und den Menschen in einer neuen Tiefe vor die Glaubensentscheidung stellt. Umgekehrt kann von der Glaubensentscheidung her, der historische Jesus nicht ad acta gelegt werden, denn der historische Jesus bleibt ein unumgängliches Korrektiv des Christus des Glaubens. Ohne dieses Korrektiv bleibt der Christus des Glaubens inhaltlich leer und schlussendlich willkürlich gewählt. Diese Dialektik muss in einer Christologie bestehen bleiben, wenn sie die Frage nach dem Christus Gottes und die Totalität Jesu Christi ernst nehmen will.
Die Frage nach dem Christus Gottes kommt auf zweifache Weise in den Blick. Einerseits stellt sich die Frage in einer neuen Dimension am Ende der Auseinandersetzung mit dem historischen Jesus und andererseits ist das Ereignis der Auferstehung dasjenige Moment, warum diese Frage hereinbricht. Durch die Auferstehung ist grundgelegt, dass es sich bei dieser Frage um einen unabschließbaren Prozess handelt, dem sich jeder gläubige Mensch immer aufs Neue stellen muss.