Abstract (deu)
In der Dissertation "Alter (ver)messen? Gesellschaftspolitische Anwendungszusammenhänge wissenschaftlicher Vermessungstechniken zur chronologischen Lebensalterbestimmung im österreichischen Kontext." werden wissenschaftliche Methoden zur Bestimmung des Alters auf ihre gesellschaftspolitische Reziprozität hinterfragt. Zu Beginn wird der Frage nachgegangen, welchen historischen und gegenwärtigen Stellenwert Körpervermessungstechniken in unserer Gesellschaft einnehmen. Anschließend erfolgt eine theoretisch/konzeptuelle Aufarbeitung des Themas. Die empirische Analyse ermittelt nach einer anfänglichen Begriffsdefinition von "Alter" die grundlegenden und (asyl-)rechtlichen Aspekte der Durchführung von Altersbestimmungen in Österreich. Menschen ohne Geburtsdokumente bzw. gesicherten Identitätsnachweis werden in Österreich im Zuge eines Asyl- oder Strafverfahrens auf ihr Alter "überprüft". "Alter" wird gemessen, weil unser Rechts- und Verwaltungssystem nach einer klaren Altersgrenze verlangt. So sind aus den Altersstufen 14, 18 und 21 Jahre bestimmte Rechte, Pflichten, Konsequenzen, Sonderstellungen und Unterstützungsleistungen ableitbar. Zu den derzeit zur Verfügung stehenden Methoden der Altersbestimmung zählen u.a. die Inspektion bzw. die Beurteilung eines Menschen nach seinem physischen Erscheinungsbild, das Gespräch oder Interview, die körperliche Untersuchung der sexuellen Reife sowie eine zahnärztliche Untersuchung und eine Röntgenuntersuchung zur Bestimmung des Skelettalters. Die Methoden der Altersbestimmung sind höchst umstritten. Einerseits als objektives und unbeeinflusstes Verfahren betrachtet, wird es andererseits aufgrund der hohen Schwankungsbreite als nicht brauchbar beurteilt. In der Entscheidungsfindung steht insbesondere der als "objektiv" erachtete Experte und medizinische Sachverständige im Vordergrund. Mögliche Defizite der Methoden werden durch entpsrechende Berufserfahrung und Wissen auszugleichen versucht. Wissenschaftliches Wissen wird zur Lösung von Altersfragen und insbesondere zur Legitimierung der politischen und rechtlichen Entscheidung eingesetzt. Wissenschaftliche Methoden der Altersbestimmung sind jedoch in ihrem jeweiligen gesellschaftspolitischen Umfeld zu sehen und zu verstehen.