Abstract (deu)
Der theoretische Teil der Arbeit bietet einen Überblick über die Rolle der
verschiedenen in Nigeria verbreiteten Sprachen in Schule und Gesellschaft. Im
ersten Kapitel werden die indigenen Sprachen, Englisch und Nigerian Pidgin
zueinander in Verhältnis gesetzt und in ihren jeweiligen kommunikativen
Funktionen charakterisiert. Der zweite Abschnitt beleuchtet das
Spannungsverhältnis zwischen dem Versuch, eine gemeinsame nationale
Identität (inklusive einer Nationalsprache) für alle NigerianerInnen zu schaffen,
gegenüber der Haltung der einzelnen Volksgruppen, die sich dadurch in ihrer
kulturellen Identität bedroht fühlen. Schließlich folgt ein Kapitel zum Stellenwert
der einzelnen Sprachen im Schulsystem.
Für den empirischen Teil habe ich mit neun in Wien lebenden NigerianerInnen
über ihre Sprachen und Sprachlernerfahrungen gesprochen. Die Gespräche
fanden in einem informellen Rahmen statt und waren von meiner Seite nur
durch einige offene Fragen strukturiert, um möglichst viel Raum für die Ideen
der GesprächspartnerInnen zu lassen. Auch die Wahl der Sprache (Deutsch
oder Englisch) überließ ich den Befragten. Im Anschluss an die Gespräche
wurden die Audioaufnahmen von mir transkribiert und anonymisiert. Diese
Transkriptionen bilden die Grundlage der Arbeit.
In der Auswertung sind die Ergebnisse in die Bereiche „Sprachliche
Sozialisation“, „Mehrsprachigkeit“, „Deutsch und die Aufnahmegesellschaft“ und
„Deutschunterricht“ untergliedert. Im Kapitel zur sprachlichen Sozialisation geht
es um das Verhältnis von „Muttersprache(n)“ im wörtlichen Sinn, Erstsprache(n),
in der Alltagsumgebung gesprochenen Sprache(n) und den in der Schule
gebräuchlichen und erlernten Sprachen. Daraus ergibt sich ein Einblick in eine
Gesellschaft, in der mehrere Sprachen, die mit unterschiedlich viel Prestige
ausgestattet sind, praktiziert und in verschiedenen
Kommunikationszusammenhängen gebraucht werden. Es folgt der Abschnitt
zur Mehrsprachigkeit in Österreich mit einer Selbsteinschätzung der Kompetenz
in den einzelnen Sprachen und der Frage, mit wem und in welchen Situationen
welche Sprache gewählt wird. Der dritte Teil, „Deutsch und die
160
Aufnahmegesellschaft“ stellt zuerst die Frage nach den Erfahrungen, die die
Interviewten bei der Kommunikation mit Einheimischen machen, auf welche
Hindernisse sie dabei stoßen und/oder in welchen Situationen die
Kommunikation funktioniert. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Frage,
welche Vorstellung von Nigeria und NigerianerInnen meine
GesprächspartnerInnen bei den ÖsterreicherInnen vermuten und welche Rolle
sie dabei den Medien zuschreiben. Der letzte Teil schließlich ist dem
„Deutschunterricht“ gewidmet. Neben Erinnerungen an besuchte Deutschkurse
geht es um in Österreich gebräuchliche Methoden, Sozialformen und Medien,
die Frage nach den Erwartungen an Lehrende, die Rolle von Landes- und
Kulturkunde im Unterricht, die Gewichtung der einzelnen Fertigkeiten, sowie die
persönlichen Lernstrategien und zeitlichen Ressourcen.