You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1256995
Title (deu)
Untersuchungen zu den ältesten Vitae sanctae Brigidae
Author
Karina Hochegger
Adviser
Michaela Zelzer
Assessor
Michaela Zelzer
Abstract (deu)
Nach Lektüre und eingehender Analyse der Vita des Cogitosus und der Vita prima sollen nun die wichtigsten Erkenntnisse resümierend dargestellt werden. Was die Vita des Cogitosus betrifft, so scheint aufgrund der Referenz des Muirchú auf Person und Werk des Cogitosus eine Datierung dieser Vita in das dritte Viertel des 7. Jahrhunderts plausibel. Der Autor Cogitosus dürfte ein gebildetes, schriftstellerisch begabtes Mitglied der monastischen Gemeinschaft von Kildare gewesen sein, der bei Erstellung einer Vita über die heilige Brigid wesentlich das politische Ziel der Installation einer Hauptheiligen zum Zwecke der Stärkung seines monastischen Zentrums und dessen parochia verfolgt haben dürfte. Die Vita des Cogitosus ist eine Reklame zugunsten der Kirche von Kildare und besteht aus bewusst ausgewählten, episodenartigen Wunderberichten: Die bildliche Darstellung der Schönheit und Größe der Kirche, die detaillierte Beschreibung der Grabstätte Brigids und ihres Bischofs Conleth sowie die Berichte über die Wunder, die sich nach Brigids Tod in Kildare zugetragen hätten, sollten Gläubige aus ganz Irland zu einer Pilgerreise nach Kildare motivieren. Als Anlass für die Abfassung dieser Vita könnte durchaus der im 7. Jahrhundert offen geführte Konkurrenzkampf zwischen den Großkirchen Irlands um Macht und Einfluss sowie um Ausdehnung ihrer jeweiligen parochia gedient haben. Eine direkte Verbindung des Cogitosus zur mächtigen Dynastie der Uí Dúnlainge kann weder bewiesen noch widerlegt werden, doch eine Ausweitung des Machtbereichs von Kildare entsprach sicherlich auch dem Interesse der politischen Führung Leinsters. Die von McCone erstellte Theorie der im Vergleich zur Vita des Cogitosus zeitlich späteren Abfassung der Vita prima wird sowohl durch kompositorische als auch durch inhaltliche Aspekte gestützt. Der Text vermittelt das Bild einer Kompilation verschiedenen Materials; besonders für die sequenzhaften Passagen gegen Ende der Vita prima wurde augenscheinlich die Vita des Cogitosus als Quelle herangezogen, um eine möglichst vollständige Darstellung der über Brigid bekannten Wunder zu bieten. Trotz der Bemühungen des Verfassers, eine nachvollziehbare Reiseroute zu komponieren, sind die Brüche und Quellenwechsel unübersehbar. In Anbetracht der gänzlichen Vernachlässigung Kildares sowie einer im Vergleich zur Vita des Cogitosus erfolgten Akzentverschiebung in dem Bild, das von Brigid und ihrem Wirken gezeichnet wird, nämlich von der strahlenden Äbtissin und Kirchengründerin hin zu einer Wanderheiligen an der Seite Patricks, ist davon auszugehen, dass diese Vita nicht aus einer speziellen kirchenpolitischen Motivation zugunsten eines monastischen Zentrums heraus entstanden ist, sondern mit dem Ziel der Installation einer Nationalheiligen im Rahmen einer umfassenden Zusammenstellung der existierenden Wunderberichte zur Veranschaulichung ihres überregionalen Wirkens verfasst wurde. Die geänderte Darstellungsweise Brigids und ihres Wirkens könnte möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass um die Mitte des 8. Jahrhunderts, also zu der Zeit, als die Vita prima McCone zufolge entstanden sein dürfte, die Bedeutung Brigids und Kildares bereits von dem Bild überlagert wurde, das in den zugunsten Patricks und Armaghs verfassten Schriften des Muirchú und des Tírechán gezeichnet wurde, nämlich einer ab dem 6. Jahrhundert bestehenden klerikalen Vormachtstellung Patricks und der Kirche von Armagh, wodurch Brigid und ihrer Stammkirche lediglich eine Patrick respektive Armagh ebenbürtige Rolle zukommen konnte. Trotz der häufig anzutreffenden Geringschätzung des hagiografischen Genres und der hibernolateinischen Zeugnisse betreffend ihre historische Aussagekraft lassen diese Viten bei genauer Betrachtung wertvolle Rückschlüsse auf kirchen- und realpolitische Strukturen zur Zeit ihrer Entstehung zu; allenfalls handelt es sich um ein spannendes Forschungsgebiet, dass sicherlich noch nicht hinreichend erschöpft ist.
Abstract (eng)
This thesis shall provide a comprehensive and detailed analysis of the two oldest Lives of saint Brigid of Kildare, the “Life by Cogitosus” and the so-called “Vita prima”. It will also illustrate the most important findings concerning the intentions of the presumed authors in writing these Lives. Dating of the Life by Cogitosus to the third quarter of the 7th century appears to be appropriate based on the reference that Muirchú makes to Cogitosus and his work. Cogitosus was likely an intellectual member within Kildare’s monastic society and he would have been able to write. His political aim in creating a Life of saint Brigid and establishing her as one of the main saints was to strengthen both the influence and power of the monastic centre and its parochia. The Life contains accounts of miracles describing the beauty and greatness of the church of Kildare, the sepulture of Brigid and her bishop Conleth, and the wonders that supposedly took place after Brigid’s death. This would inspire believers from across Ireland to make pilgrimages to Kildare. The reason for establishing the Life may have been the competition between the two main churches of Ireland during the 7th century, Kildare and Armagh. Both of them wanted to spread their power and their parochia. There is no proof of a direct relationship between Cogitosus and the Uí Dúnlainge, the ruling dynasty of Leinster at that time. But it is clear that the expansion of the sphere of control of Kildare was on behalf of the governance of Leinster. There are compositional and structural aspects which support McCone’s theory that the Vita prima came after the Life by Cogitosus, in the middle of the 8th century. This is because passages from the Life by Cogitosus can be found at the end of Vita prima and because of the friendly relationship between Patrick and Brigid, the two main saints of Armagh and Kildare. Despite the efforts of Vita prima’s author to create a thorough account of Brigid’s travels, there can be found inconsistencies throughout this Life. The author also neglected Kildare, and emphasized Brigid as a nomad saint; he intended to establish a national saint in Brigid by compiling miraculous stories in order to illustrate her nationwide political-ecclesiastic influence.
Keywords (deu)
BrigidIrische Heilige
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1256995
rdau:P60550 (deu)
VIII, 234 S. : graph. Darst., Kt.
Number of pages
242
Members (1)
Title (deu)
Untersuchungen zu den ältesten Vitae sanctae Brigidae
Author
Karina Hochegger
Abstract (deu)
Nach Lektüre und eingehender Analyse der Vita des Cogitosus und der Vita prima sollen nun die wichtigsten Erkenntnisse resümierend dargestellt werden. Was die Vita des Cogitosus betrifft, so scheint aufgrund der Referenz des Muirchú auf Person und Werk des Cogitosus eine Datierung dieser Vita in das dritte Viertel des 7. Jahrhunderts plausibel. Der Autor Cogitosus dürfte ein gebildetes, schriftstellerisch begabtes Mitglied der monastischen Gemeinschaft von Kildare gewesen sein, der bei Erstellung einer Vita über die heilige Brigid wesentlich das politische Ziel der Installation einer Hauptheiligen zum Zwecke der Stärkung seines monastischen Zentrums und dessen parochia verfolgt haben dürfte. Die Vita des Cogitosus ist eine Reklame zugunsten der Kirche von Kildare und besteht aus bewusst ausgewählten, episodenartigen Wunderberichten: Die bildliche Darstellung der Schönheit und Größe der Kirche, die detaillierte Beschreibung der Grabstätte Brigids und ihres Bischofs Conleth sowie die Berichte über die Wunder, die sich nach Brigids Tod in Kildare zugetragen hätten, sollten Gläubige aus ganz Irland zu einer Pilgerreise nach Kildare motivieren. Als Anlass für die Abfassung dieser Vita könnte durchaus der im 7. Jahrhundert offen geführte Konkurrenzkampf zwischen den Großkirchen Irlands um Macht und Einfluss sowie um Ausdehnung ihrer jeweiligen parochia gedient haben. Eine direkte Verbindung des Cogitosus zur mächtigen Dynastie der Uí Dúnlainge kann weder bewiesen noch widerlegt werden, doch eine Ausweitung des Machtbereichs von Kildare entsprach sicherlich auch dem Interesse der politischen Führung Leinsters. Die von McCone erstellte Theorie der im Vergleich zur Vita des Cogitosus zeitlich späteren Abfassung der Vita prima wird sowohl durch kompositorische als auch durch inhaltliche Aspekte gestützt. Der Text vermittelt das Bild einer Kompilation verschiedenen Materials; besonders für die sequenzhaften Passagen gegen Ende der Vita prima wurde augenscheinlich die Vita des Cogitosus als Quelle herangezogen, um eine möglichst vollständige Darstellung der über Brigid bekannten Wunder zu bieten. Trotz der Bemühungen des Verfassers, eine nachvollziehbare Reiseroute zu komponieren, sind die Brüche und Quellenwechsel unübersehbar. In Anbetracht der gänzlichen Vernachlässigung Kildares sowie einer im Vergleich zur Vita des Cogitosus erfolgten Akzentverschiebung in dem Bild, das von Brigid und ihrem Wirken gezeichnet wird, nämlich von der strahlenden Äbtissin und Kirchengründerin hin zu einer Wanderheiligen an der Seite Patricks, ist davon auszugehen, dass diese Vita nicht aus einer speziellen kirchenpolitischen Motivation zugunsten eines monastischen Zentrums heraus entstanden ist, sondern mit dem Ziel der Installation einer Nationalheiligen im Rahmen einer umfassenden Zusammenstellung der existierenden Wunderberichte zur Veranschaulichung ihres überregionalen Wirkens verfasst wurde. Die geänderte Darstellungsweise Brigids und ihres Wirkens könnte möglicherweise darauf zurückzuführen sein, dass um die Mitte des 8. Jahrhunderts, also zu der Zeit, als die Vita prima McCone zufolge entstanden sein dürfte, die Bedeutung Brigids und Kildares bereits von dem Bild überlagert wurde, das in den zugunsten Patricks und Armaghs verfassten Schriften des Muirchú und des Tírechán gezeichnet wurde, nämlich einer ab dem 6. Jahrhundert bestehenden klerikalen Vormachtstellung Patricks und der Kirche von Armagh, wodurch Brigid und ihrer Stammkirche lediglich eine Patrick respektive Armagh ebenbürtige Rolle zukommen konnte. Trotz der häufig anzutreffenden Geringschätzung des hagiografischen Genres und der hibernolateinischen Zeugnisse betreffend ihre historische Aussagekraft lassen diese Viten bei genauer Betrachtung wertvolle Rückschlüsse auf kirchen- und realpolitische Strukturen zur Zeit ihrer Entstehung zu; allenfalls handelt es sich um ein spannendes Forschungsgebiet, dass sicherlich noch nicht hinreichend erschöpft ist.
Abstract (eng)
This thesis shall provide a comprehensive and detailed analysis of the two oldest Lives of saint Brigid of Kildare, the “Life by Cogitosus” and the so-called “Vita prima”. It will also illustrate the most important findings concerning the intentions of the presumed authors in writing these Lives. Dating of the Life by Cogitosus to the third quarter of the 7th century appears to be appropriate based on the reference that Muirchú makes to Cogitosus and his work. Cogitosus was likely an intellectual member within Kildare’s monastic society and he would have been able to write. His political aim in creating a Life of saint Brigid and establishing her as one of the main saints was to strengthen both the influence and power of the monastic centre and its parochia. The Life contains accounts of miracles describing the beauty and greatness of the church of Kildare, the sepulture of Brigid and her bishop Conleth, and the wonders that supposedly took place after Brigid’s death. This would inspire believers from across Ireland to make pilgrimages to Kildare. The reason for establishing the Life may have been the competition between the two main churches of Ireland during the 7th century, Kildare and Armagh. Both of them wanted to spread their power and their parochia. There is no proof of a direct relationship between Cogitosus and the Uí Dúnlainge, the ruling dynasty of Leinster at that time. But it is clear that the expansion of the sphere of control of Kildare was on behalf of the governance of Leinster. There are compositional and structural aspects which support McCone’s theory that the Vita prima came after the Life by Cogitosus, in the middle of the 8th century. This is because passages from the Life by Cogitosus can be found at the end of Vita prima and because of the friendly relationship between Patrick and Brigid, the two main saints of Armagh and Kildare. Despite the efforts of Vita prima’s author to create a thorough account of Brigid’s travels, there can be found inconsistencies throughout this Life. The author also neglected Kildare, and emphasized Brigid as a nomad saint; he intended to establish a national saint in Brigid by compiling miraculous stories in order to illustrate her nationwide political-ecclesiastic influence.
Keywords (deu)
BrigidIrische Heilige
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1256996
Number of pages
242