Abstract (deu)
Der Mensch wird im Laufe seines Lebens mit einer Frage konfrontiert, die ihn in seiner Existenz be-trifft und durch die sein bisheriges Welt-, Mensch- und Gottesverständnis radikal in Frage gestellt wird: die Frage nach dem eigenen Selbst-Sein.
Wer sich dieser Frage öffnet, beschreitet einen Weg des Fragens, ohne um eine sichere Antwort zu wissen, er geht ein Wagnis ein, dessen Ziel für ihn nicht vorhersehbar ist.
Sowohl Ferdinand Ebner als auch Fridolin Wiplinger stellen sich dieser Frage, wobei beide von der Voraussetzung der Ich-Du-Beziehung für die Erfahrung des eigenen Selbst-Seins ausgehen. Diese Gemeinschaft fordert die Offenheit der Menschen, aufeinander einzugehen, sich von dem anderen in Anspruch nehmen zu lassen und das eigene Leben durch das Sein des anderen Menschen beeinflussen zu lassen. Im Wort und der Liebe findet diese Beziehung ihren Ausdruck, deren Sinn allerdings durch den Tod eines geliebten Menschen gefährdet scheint, weswegen eine Auseinandersetzung mit dem Wort, der Liebe und dem Tod notwendig ist, wenn nach der Existenz des Selbst-Seins des Menschen gefragt wird.
Ferdinand Ebner, der seinen christlichen Glauben mit seiner Philosophie verknüpft, nimmt als Ausgangspunkt seines Denkens das Wort, in dem für ihn „objektiv“ zum Ausdruck kommt, dass der Mensch auf Beziehung hin angelegt ist, die in der Liebe wahrhaft realisiert wird. Das Wort trägt nach Ebner den ganzen Menschen und das gesamte Sein, es umfasst Gott und die Liebe. Durch das gegebene Wort ist der Mensch befähigt, mit Menschen wie auch mit Gott in Beziehung zu treten. Das Wort verweist den Menschen auf etwas ihm Vorausliegendes, das der Mensch nicht aus sich selbst hat und das für das Selbst-Sein des Menschen existenziell ist, auf Gott.
Wiplinger, der sich als Philosoph in klarer Abgrenzung zu theologischen Inhalten versteht, stellt die ursprüngliche Erfahrung des Todes des geliebten Dus in den Mittelpunkt seiner Gedankengänge. Durch den Tod wird der hinterbliebene Mensch vor die Frage nach dem eigenen Selbst gestellt, da dieses bisher aus dem gemeinsamen Mit-sein erfahren wurde. Der Mensch verliert alle bisherigen Selbstverständlichkeiten seines Selbst-Seins und er muss aus der Erfahrung des Todes versuchen, sein Selbstverständnis neu aufzubauen. Diese Entwurzelung und Fraglichkeit kommt in den Confessiones des Augustinus deutlich zum Ausdruck, wo die Erfahrung des Todes seines geliebten Freundes eingehend geschildert wird.
Das Wort, die Liebe und der Tod eröffnen dem Menschen Fragen, auf die durch empirische Bestimmungen keine Antworten gefunden werden können, sondern die das Denken des Menschen, der sich diesen Fragen stellt, zu einem Weg des Fragens machen. Diese Fragen, die ausschließlich aus dem Sprachhorizont aufbrechen können, verweisen den Menschen in die Sprache, in der Frage nach dieser in den Ursprung der Sprache und mit dieser in Zusammenhang stehend in den Ursprung des Menschen. All diese Fragen münden nach Wiplinger in das Unverfügbare, mit Ebner gesprochen, in Gott. Sowohl Ebner als auch Wiplinger erkennen, dass dem Menschen etwas sein Selbst-Sein Bestimmendes vorausliegt und es dem Menschen somit nicht möglich ist, während seines Lebens letzte Gewissheit über sein Selbst-Sein zu erlangen.