Abstract (deu)
In der Wissenschaft stellt die Intermedialitätsforschung eine relativ junge Disziplin dar. Erst seit den 60er Jahren stehen die Bezüge, welche Kunstausdrücke mit anderen Medien herstellen, im Interesse der WissenschafterInnen.
Zu Beginn meiner Arbeit näherte ich mich dem Begriff der Intermedialität. Dabei galt es zunächst die unterschiedlichen Termini, die es in Zusammenhang mit intermedialen Kunstausdrücken gibt, zu definieren und von einander abzugrenzen. Den Begriff der Intermedialität führte ich anschließend als Oberbegriff für alle möglichen Erscheinungen der Medienfusion, welche Phänomene der Intra-, Trans- und Iuxtamedialität beinhalten. Unter Intramedialität werden Verweise von einem Kunstausdruck auf einen anderen im gleichen Medium bezeichnet. Transmedialität beschreibt intermediale Verweise aufgrund eines medienübergreifenden Themas, was zwei Kunstausdrücke unterschiedlicher Medien in Beziehung setzt. In den Bereich der Iuxtamedialität fallen Kunstausdrücke in einem bestimmten Medium, die Mediencharakteristika eines anderen imitieren und übernehmen. Einen Sonderfall stellt die Intertextualität dar, weil sie aufgrund der geschichtlichen Entwicklung zwar vor der Intermedialität untersucht wurde, aber heute innerhalb der Medienwissenschaft als Teilbereich der Intermedialität, nämlich der Intramedialität, einzuordnen ist. Im Anschluss daran stellte ich ein erstes Konzept zur Analyse intermedialer Bezugnahmen vor, welches Typologie, Dominanz, Quantität, Intention und Qualität der intermedialen Bezüge in den Vordergrund stellt.
Darüber hinaus beschäftigte ich mich mit dem Begriff „Medium“. Da oftmals mit „Medium“ nur die technischen, neuen Medien gemeint werden, war es mir ein Anliegen, auf die Konkurrenzsituation, die innerhalb der unterschiedlichen Medien und deren Wissenschaften vor allem in der Vergangenheit herrschte aber auch heute noch spürbar ist, hinzuweisen. Lange Zeit wurden Kunstausdrücke der Alten Medien als qualitativ hochwertiger empfunden, als jene der Neuen bzw. Neuesten Medien. In der Intermedialitätsforschung geht es um die Bezugnahmen von unterschiedlichen Medien, welche alle als gleichwertig gesehen werden. Die beiden Medien Malerei und Film, welche viele gemeinsame Charakteristika besitzen, müssen als autonome und eigenständige Medien verstanden werden. Nur wenn sie als gleichwertige Kunstmedien gesehen werden, können deren Bezugnahmen untersucht werden.
Bevor ich auf die intermedialen Bezüge vom Film auf die Malerei näher einging, standen die einzelnen Medien selbst im Zentrum des Interesses. Sowohl die Malerei als auch der Film sind den Bildmedien zuzuordnen, welchen, im Gegensatz zu anderen Medien wie z.B. dem Text, gemein ist, dass sie eine unmittelbare Wirkung auf die/en BetrachterIn ausüben. Sowohl das Portrait als auch die Historienmalerei, die für die spätere Analyse der Filme entscheidend sind, übernehmen die Funktion der memoria. Ein Grund, weshalb wir Bilder produzieren, ist die Angst vor dem Vergessen. Durch die Abbildung hoffen wir unsere Gegenwart, die schon bald der Vergangenheit angehört, in die Zukunft zu retten. Jedoch erst wenn diese Bilder durch die/en BetrachterIn ein Gegenüber erhalten, können sie ihre Funktion der memoria ausüben und in der Zukunft weiter bestehen.
Aufgrund seiner technischen Intermedialität gilt der Film als intermediale Mischform par excellence. Im Gegensatz zur interpretativen Intermedialität beschreibt die technische all jene Medien, deren Beschaffenheit Intermedialität voraussetzt. Wenn ein Kunstausdruck auf andere Kunstausdrücke verweist, so kommt eine interpretative Intermedialität hinzu, welche das Kunstwerk vielschichtiger machen kann.
Wird Malerei in das Medium Film eingebunden, so ist dies auf zwei Arten möglich. Zum einen kann das Kunstwerk an sich im Film gezeigt werden, zum anderen können für dieses Kunstwerk charakteristische Kompositionselemente im Film übernommen werden. Im ersten Fall übernimmt das Kunstwerk entweder Objekt- oder Subjektfunktion, je nachdem inwieweit es sich an das Filmpublikum richtet bzw. mit den weiteren Filmfiguren in Interaktion tritt. Im zweiten Fall kann die/er RegisseurIn entweder durch tableaux vivants oder durch gestalterische Zitate, wie Licht, Farbe, Dynamik etc. auf die Malerei verweisen.
Anschließend beschäftigte ich mich mit dem Künstler Goya und wie er im Laufe der Geschichte im neuen Medium Film präsentiert wurde. Durch sein sehr breites Spektrum an Themen und unterschiedlichsten Kunstwerken wurden schon zu Beginn der Filmgeschichte die Künstlerfigur und seine Werke zitiert. Der erste Film, in welchem Goya „auftrat“, wurde 1927 gedreht. Diesem folgte eine Vielzahl weitere Filme, welche für die Wissenschaft wie Zeitzeugen fungieren, da sie Rückschlüsse auf die Zeit, in der sie gedreht wurden, ermöglichen.
Im praktischen Teil der Arbeit analysierte ich die drei Filme Volavérunt von Bigas Luna, Goya en Burdeos von Carlos Saura und La hora de los valientes von Antonio Mercero, welche in den 90ern gedreht wurden. In diesen Beispielen übernimmt die Intermedialität zu Goya und dessen Werke unterschiedliche Funktionen. Während bei Volavérunt der Maler vielmehr dazu dient, einen Anlass zu geben, eine Liebes- und Intrigengeschichte in historischem Kontext zu zeigen, steht in Goya en Burdeos der Maler selbst im Vordergrund. Die Erzählungen des alten Meisters vermischen sich mit den evozierten Szenen seiner Vergangenheit. Ein Geflecht aus Erzählung, Theater und Malerei entsteht. Im Film La hora de los valientes erklärt sich die Intermedialität zu Goyas Werken auf wiederum andere Weise. In diesem Fall ist es nicht der Maler, welcher die Verbindung herstellt, sondern das Thema Krieg, welches die Medien Malerei und Film miteinander in Beziehung bringt.
Die Analyse dieser drei Filme zeigt, dass intermediale Bezugnahmen des Films auf die Malerei auf unterschiedlichen Arten von statten geht. Hierbei ist anzufügen, dass der Grad an Intermedialität und dessen Dichte sehr stark von der Intention des Regisseurs abhängt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Intermedialität neue Sichtweisen und Interpretationsmöglichkeiten für einen Kunstausdruck eröffnet. Diese Verweise entfalten ihre Tiefe jedoch erst dann, wenn die/er BetrachterIn diese auch erkennt.