Title (deu)
Gesellschaftliche Erinnerung im World Wide Web am Fallbeispiel des 11. September 2001
Author
Maria - Teresa Pollak
Advisor
Petra Herczeg
Assessor
Petra Herczeg
Abstract (deu)
Ausgangspunkt der Arbeit „Gesellschaftliche Erinnerung im World Wide Web am Fallbeispiel des 11. September 2001“ bildet die Frage, wie Gesellschaften mit Erinnerung umgehen. Dazu wird im ersten Abschnitt erläutert, in welcher Gesellschaft wir leben und was eine Gesellschaft u. a. ausmacht. Es wird betont, dass Kommunikation die Basis für Gesellschaftsbildung ist, und dass folglich Änderungen der Kommunikationssituation zu Gesellschaftsveränderungen führen. Es wird weiters ausfindig gemacht, dass wir u. a. in einer Mediengesellschaft leben. Den Kern der Mediengesellschaft bildet die Medialisierung, welche auf der Mikro-, Meso- und Makroebene beobachtet wird. Zu den Effekten der Medialisierung gehören z. B. Personalisierung, Eventinszenierung und das Offenlegen von Privatem. Der zweite Teil der Arbeit bietet eine kleine Einführung in den Gedächtnis- bzw. Erinnerungsdiskurs, welcher vorwiegend in den Kulturwissenschaften stattgefunden hat. Das Hauptaugenmerk in den Ausführungen liegt darin, dass Erinnerungen Rekonstruktionen der Gegenwart sind. In den 1980er Jahren entwickelte Jan Assmann ein statisches Gedächtnismodell, welches auf den kommunikativen Charakter von Gedächtnis hinweist. Mittlerweile ist mehr von Erinnerung die Rede und Hejl und Luhmann bringen systemtheoretische Überlegungen in den Diskurs ein. Für Hejl ist das Wissen über Vergangenheit partikular in den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft vorhanden, seine Aktualisierung hängt u. a. von der Organisation und Vernetzung der einzelnen Mitglieder ab. Ähnlich argumentiert auch Luhmann, der die Ausbildung von „Spezialgedächtnissen“ in den einzelnen Funktionssystemen beobachtet. Es ist die Aufgabe der (Massen-)Medien zumindest eine Zeit lang gesamtgesellschaftliche Orientierung zu bieten. Im letzten Abschnitt Kommunikation und Erinnerung werden die kommunikations- und kulturwissenschaftlichen Überlegungen anhand des Beispiels 9/11 miteinander verknüpft. Da die Kulturwissenschaften einen weiteren Medienbegriff als die Kommunikationswissenschaft verwenden, ist es erforderlich eine für beide annehmbare Definition zu finden. Zierolds „Mehr-Ebenenmodell im Kontext sozialer Erinnerungsprozesse“ stellt ein derartiges Konzept dar. Zierold plädiert dafür, bei einer Untersuchung sowohl die soziale Institutionalisierung und Funktionalisierung der Produktion und Distribution (Kommunikationsinstrumente, Medientechnologien) zu berücksichtigen, als auch die soziale Institutionalisierung und Funktionalisierung der Rezeption und Nutzung des konkreten Medienangebots. Die Erläuterungen, ob das Internet ein Medium ist, führen zu dem Ergebnis, dass das Net die Basis für das Web ist – also das Internet bloß die Technologie darstellt, über die Medienangebote verbreitet werden. Weiters werden bisherige Studien zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vorgestellt. Bereits kurz nach den Anschlägen gab es Analysen, die sich mit dem Zusammenhang von Terrorismus und Medien beschäftigten, während andere den Symbolgehalt der Anschläge zu deuten versuchten bzw. durch Analysen der Reden von George W. Bush das Fremd- und Selbstbild der USA ableiteten. Wieder andere stellten auf der Mikroebene ein vermehrtes Kommunikationsbedürfnis fest, welches u. a. durch das Web gestillt wurde. Die Arbeit wird durch eine vorrangig qualitative inhaltsanalytische Untersuchung abgerundet, bei welcher Fragen hinsichtlich der Kommunikationsformen und -instrumente, sowie die Nutzung interaktiver Elemente berücksichtigt. Weiters wurde untersucht, ob und wie der Medialisierungseffekt Personalisierung zum Vorschein kommt bzw. ob und wie Gemeinschaftsgefühl vermittelt wird, ebenso findet die Frage nach den Betreibern Beachtung. Die zwei Erinnerungs-Websites „September 11 Digital Archive“ und „Sonic Memorial“ wurden innerhalb von zehn Tagen mit dem HTTrack auf einer externen Festplatte archiviert. In der Analyse wurden sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigt, wobei bei letzterem die Methode der Zusammenfassung nach Mayring zur Anwendung kam. Die Analyse kommt zu folgenden Ergebnissen: Die beiden Websites wurden von Universitäten bzw. Medienbetreibenden konzipiert. Interaktivität wird durch eine hohe Auswahlmöglichkeit realisiert, wodurch man an das Ideal der interpersonalen Kommunikation nicht heran reicht. Auf beiden Sites kommt es zu einer Realisierung der zwei Kommunikationsformen Einer-an-Viele und Einer-an-Maschine-an-Einer, da man die Beiträge zwar einsenden, aber nicht direkt online stellen kann. Dadurch kommt es theoretisch zu einer Selektion von Seiten der Betreiber. Auf beiden Sites überwiegt das Kommunikationsinstrument Text. Hinsichtlich des Medialisierungseffektes Personalisierung wurde festgestellt, dass Osama Bin Laden in Erzählungen über die Ereignisse und Reflexionen des 11. Septembers kaum Eingang findet. Jedoch gilt es in animierten Kurzvideos und Spielen Bin Laden zu vernichten – er wird somit als Feindbild dargestellt. Entgegen der Annahme, dass George W. Bush als der „Gute“ dargestellt wird, finden sich eher Bemerkungen, dass man mit der Politik Bushs nicht einverstanden ist. Die Vermittlung des Gemeinschaftsgefühls geschieht u. a. über das Symbol der amerikanischen Flagge, da dieses u. a. als Symbol für Vereinigung steht. Ebenso stärken Berichte über solidarische Aktionen das Gefühl einer vereinten Nation. Im Rahmen der qualitativen Analyse kam man auf insgesamt 18 Kategorien. Besonders hervorgehoben werden soll hier die Kategorie Appell, da hier Werte und Normen zum Vorschein kommen. In Verbindung mit 9/11 ruft man dazu auf, Menschen aus anderen Kulturen und Religionen, insbesondere der arabischen Kultur und des Islams, zu respektieren, zu tolerieren und zu verstehen. In diesem Zusammenhang wird das Ende von Gewalt und Terrorismus gefordert und die Suche nach friedlichen Lösungen angemahnt. Die Analyse kann insbesondere als Vorbereitung für das voraussichtliche Gedenkjahr 2011 gesehen werden. In einer weiterführenden Untersuchung ist es möglich, das Themenspektrum, welches in dieser Arbeit ausfindig gemacht wurde, nach Zierolds Mehrebenenmodell zu vertiefen. In diese Folgeuntersuchung können die gesamten Aspekte der sozialen Institutionalisierung und Funktionalisierung hinsichtlich Produktion, Distribution, Rezeption und Nutzung des Medienangebots berücksichtigt werden. Ein Umstand, der in der vorliegenden Arbeit aufgrund des Umfangs, nur teilweise berücksichtigt werden konnte.
Keywords (deu)
GesellschaftErinnerungGedächtnisKommunikationInternetWorld Wide Web9/1111. September 2001Terroranschläge
Subject (deu)
Type (deu)
Extent (deu)
150 S. : Ill., graph. Darst.
Number of pages
155
Members (1)
Title (deu)
Gesellschaftliche Erinnerung im World Wide Web am Fallbeispiel des 11. September 2001
Author
Maria - Teresa Pollak
Abstract (deu)
Ausgangspunkt der Arbeit „Gesellschaftliche Erinnerung im World Wide Web am Fallbeispiel des 11. September 2001“ bildet die Frage, wie Gesellschaften mit Erinnerung umgehen. Dazu wird im ersten Abschnitt erläutert, in welcher Gesellschaft wir leben und was eine Gesellschaft u. a. ausmacht. Es wird betont, dass Kommunikation die Basis für Gesellschaftsbildung ist, und dass folglich Änderungen der Kommunikationssituation zu Gesellschaftsveränderungen führen. Es wird weiters ausfindig gemacht, dass wir u. a. in einer Mediengesellschaft leben. Den Kern der Mediengesellschaft bildet die Medialisierung, welche auf der Mikro-, Meso- und Makroebene beobachtet wird. Zu den Effekten der Medialisierung gehören z. B. Personalisierung, Eventinszenierung und das Offenlegen von Privatem. Der zweite Teil der Arbeit bietet eine kleine Einführung in den Gedächtnis- bzw. Erinnerungsdiskurs, welcher vorwiegend in den Kulturwissenschaften stattgefunden hat. Das Hauptaugenmerk in den Ausführungen liegt darin, dass Erinnerungen Rekonstruktionen der Gegenwart sind. In den 1980er Jahren entwickelte Jan Assmann ein statisches Gedächtnismodell, welches auf den kommunikativen Charakter von Gedächtnis hinweist. Mittlerweile ist mehr von Erinnerung die Rede und Hejl und Luhmann bringen systemtheoretische Überlegungen in den Diskurs ein. Für Hejl ist das Wissen über Vergangenheit partikular in den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft vorhanden, seine Aktualisierung hängt u. a. von der Organisation und Vernetzung der einzelnen Mitglieder ab. Ähnlich argumentiert auch Luhmann, der die Ausbildung von „Spezialgedächtnissen“ in den einzelnen Funktionssystemen beobachtet. Es ist die Aufgabe der (Massen-)Medien zumindest eine Zeit lang gesamtgesellschaftliche Orientierung zu bieten. Im letzten Abschnitt Kommunikation und Erinnerung werden die kommunikations- und kulturwissenschaftlichen Überlegungen anhand des Beispiels 9/11 miteinander verknüpft. Da die Kulturwissenschaften einen weiteren Medienbegriff als die Kommunikationswissenschaft verwenden, ist es erforderlich eine für beide annehmbare Definition zu finden. Zierolds „Mehr-Ebenenmodell im Kontext sozialer Erinnerungsprozesse“ stellt ein derartiges Konzept dar. Zierold plädiert dafür, bei einer Untersuchung sowohl die soziale Institutionalisierung und Funktionalisierung der Produktion und Distribution (Kommunikationsinstrumente, Medientechnologien) zu berücksichtigen, als auch die soziale Institutionalisierung und Funktionalisierung der Rezeption und Nutzung des konkreten Medienangebots. Die Erläuterungen, ob das Internet ein Medium ist, führen zu dem Ergebnis, dass das Net die Basis für das Web ist – also das Internet bloß die Technologie darstellt, über die Medienangebote verbreitet werden. Weiters werden bisherige Studien zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vorgestellt. Bereits kurz nach den Anschlägen gab es Analysen, die sich mit dem Zusammenhang von Terrorismus und Medien beschäftigten, während andere den Symbolgehalt der Anschläge zu deuten versuchten bzw. durch Analysen der Reden von George W. Bush das Fremd- und Selbstbild der USA ableiteten. Wieder andere stellten auf der Mikroebene ein vermehrtes Kommunikationsbedürfnis fest, welches u. a. durch das Web gestillt wurde. Die Arbeit wird durch eine vorrangig qualitative inhaltsanalytische Untersuchung abgerundet, bei welcher Fragen hinsichtlich der Kommunikationsformen und -instrumente, sowie die Nutzung interaktiver Elemente berücksichtigt. Weiters wurde untersucht, ob und wie der Medialisierungseffekt Personalisierung zum Vorschein kommt bzw. ob und wie Gemeinschaftsgefühl vermittelt wird, ebenso findet die Frage nach den Betreibern Beachtung. Die zwei Erinnerungs-Websites „September 11 Digital Archive“ und „Sonic Memorial“ wurden innerhalb von zehn Tagen mit dem HTTrack auf einer externen Festplatte archiviert. In der Analyse wurden sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigt, wobei bei letzterem die Methode der Zusammenfassung nach Mayring zur Anwendung kam. Die Analyse kommt zu folgenden Ergebnissen: Die beiden Websites wurden von Universitäten bzw. Medienbetreibenden konzipiert. Interaktivität wird durch eine hohe Auswahlmöglichkeit realisiert, wodurch man an das Ideal der interpersonalen Kommunikation nicht heran reicht. Auf beiden Sites kommt es zu einer Realisierung der zwei Kommunikationsformen Einer-an-Viele und Einer-an-Maschine-an-Einer, da man die Beiträge zwar einsenden, aber nicht direkt online stellen kann. Dadurch kommt es theoretisch zu einer Selektion von Seiten der Betreiber. Auf beiden Sites überwiegt das Kommunikationsinstrument Text. Hinsichtlich des Medialisierungseffektes Personalisierung wurde festgestellt, dass Osama Bin Laden in Erzählungen über die Ereignisse und Reflexionen des 11. Septembers kaum Eingang findet. Jedoch gilt es in animierten Kurzvideos und Spielen Bin Laden zu vernichten – er wird somit als Feindbild dargestellt. Entgegen der Annahme, dass George W. Bush als der „Gute“ dargestellt wird, finden sich eher Bemerkungen, dass man mit der Politik Bushs nicht einverstanden ist. Die Vermittlung des Gemeinschaftsgefühls geschieht u. a. über das Symbol der amerikanischen Flagge, da dieses u. a. als Symbol für Vereinigung steht. Ebenso stärken Berichte über solidarische Aktionen das Gefühl einer vereinten Nation. Im Rahmen der qualitativen Analyse kam man auf insgesamt 18 Kategorien. Besonders hervorgehoben werden soll hier die Kategorie Appell, da hier Werte und Normen zum Vorschein kommen. In Verbindung mit 9/11 ruft man dazu auf, Menschen aus anderen Kulturen und Religionen, insbesondere der arabischen Kultur und des Islams, zu respektieren, zu tolerieren und zu verstehen. In diesem Zusammenhang wird das Ende von Gewalt und Terrorismus gefordert und die Suche nach friedlichen Lösungen angemahnt. Die Analyse kann insbesondere als Vorbereitung für das voraussichtliche Gedenkjahr 2011 gesehen werden. In einer weiterführenden Untersuchung ist es möglich, das Themenspektrum, welches in dieser Arbeit ausfindig gemacht wurde, nach Zierolds Mehrebenenmodell zu vertiefen. In diese Folgeuntersuchung können die gesamten Aspekte der sozialen Institutionalisierung und Funktionalisierung hinsichtlich Produktion, Distribution, Rezeption und Nutzung des Medienangebots berücksichtigt werden. Ein Umstand, der in der vorliegenden Arbeit aufgrund des Umfangs, nur teilweise berücksichtigt werden konnte.
Keywords (deu)
GesellschaftErinnerungGedächtnisKommunikationInternetWorld Wide Web9/1111. September 2001Terroranschläge
Subject (deu)
Type (deu)
Number of pages
155