Abstract (deu)
In dieser Arbeit soll geklärt werden, welche politischen Strategien in der Vergangenheit und Gegenwart es möglich machen, dass ein Entscheid des Verfassungsgerichtshofes ignoriert wird. Weiters wird der Frage nachgegangen, wie die Minderheitsangehörigen und ihre InteressensvertreterInnen auf diese Politik reagieren. Die Analyse in dieser Untersuchung klärt die Frage, wie die Thematik der zweisprachigen Ortstafeln in den Kärntner Tageszeitungen und in der Zeitung „Der Standard“ transportiert wird. Aufbauend auf vorhergehende Untersuchungen wird der mediale Umgang dieser Zeitung mit dem slowenischen Interessensvertreter Rudi Vouk analysiert und der Frage nachgegangen ob der Rechtsanwalt Rudi Vouk kriminalisiert und ethnisiert wird.
Die Fragen nach dem Verhältnis der Kärntner Politik zur slowenischen Minderheit in Kärnten wurden in dieser Arbeit durch kommunikationswissenschaftliche Ansätze aus den Cultural Studies, der Dekonstruktion und der Narration ermittelt. Die Kommunikationstheorien der journalistischen Politikvermittlung nach Ulrich Sarcinelli sowie Rudi Renger, interdisziplinär kombiniert mit Ansätzen der kritischen Diskursanalyse nach Siegfried Jäger und den Analysekategorien zur Erhebung von politischen Strategien der Forschergruppe Menz/Lalouschek/Dressler ergaben das geeignete Untersuchungsinstrumentarium, um die Fragen der journalistischen Vermittlung des Themenkomplexes der zweisprachigen Ortstafeln zu beantworten. (Kapitel 2)
Im Kapitel 3 wird die Assimilation der Kärntner SlowenInnen als eine Spielart der Foucault’schen Gouvernementalität, die Entstehung des Minderheitenschutz-paragrafen Artikel 7 im österreichischen Staatsvertrag als eine Folge des bewaffneten Widerstandes der Kärntner SlowenInnen während des NS- Regimes und die Aushöhlung dieser Minderheitenschutzbestimmung seit Bestehen erläutert.
In Kapitel 4 wird die Ethnisierung nach Bukow als Vehikel der Kriminalisierung vorgestellt, um dann die Frage der ethnischen Identität und die Akteure in der Kärntner Volksgruppenfrage und ihre politischen Strategien im Wandel der Zeit zu dekonstruieren. Die Dekonstruktion legt das so genannte „Kärntner Muster“ offen, das aus Kommissionieren, Minderheitenfeststellungen, die Reziprozität und die politischen Strategie des divide et impera sowie die Aushöhlung des Minderheitenschutzes besteht.
In Kapitel 5 wird das Prinzip der Reziprozität und die Rolle des Mutterlandes Sloweniens hinterfragt.
Kapitel 6 dekonstruiert, dass der Widerstand und der zivile Ungehorsam seit Henry David Thoreau und Mahatma Gandhi Reaktion auf die Entrechtung von ethnischen Gruppen ist. Die Erzählung der Widerstandsgeschichte der Kärntner SlowenInnen seit dem Zweiten Weltkrieg zeigt, dass das „Kärntner Muster“ bis heute die politischen Reaktionen der Kärntner SlowenInnen legitimiert.
In Kapitel 7 wird der Umgang mit dem Verfassungsgerichtshofsurteil vom 13.12.2001, das zu einer Verschiebung des politischen Machtverhältnisses zwischen dem Kärntner Dreiparteienpakt in Volksgruppenfragen geführt hat, chronologisch untersucht.
In Kapitel 8 wird die Kriminalisierung von JournalistInnen und InteressensvertreterInnen dokumentiert, die eine andere Perspektive der Kärntner Wahrheit aufzeigen wollten.
Für die Überblicks- und Feinanalyse (Kapitel 9 bis 12) wurden im Zeitraum von 13.12.2001 bis zum 14.10.2008 Artikel in den drei Kärntner Tageszeitungen und dem „Standard“ analysiert, die mit dem Begriff „Rudi Vouk“ mittels Suchmaschine der Austria Presseagentur erhoben wurde.
Die Analyse ergab, dass die Kärntner JounalistInnen nur in Ausnahmefällen ihrer Kontrollfunktion der politisch Mächtigen im Land nachkommen. Der slowenische Intereressensvertreter Rudi Vouk wird von der Neuen Kronen Zeitung und der Kleinen Zeitung ins extremistische Eck gestellt, kriminalisiert und ethnisiert. Die Neue Kärntner Tageszeitung und der „Standard“ zeigen eine neutrale oder minderheitenfreundliche Perspektive der Frage der zweisprachigen Orttafeln und des slowenischen Interessensvertreters Rudi Vouk auf.