Karl Kraus wurde in den 90er Jahren in Frankreich neu entdeckt: Ausschlaggebend war das Kolloquium ‚Actualité de Karl Kraus’ 1999, als die beiden Wissenschafter, der Philosoph und Wittgenstein-Spezialist Jacques Bouveresse und der Soziologe Pierre Bourdieu, über den Aktualitätswert von Kraus für heutige mediale, politische und intellektuelle Entwicklungen diskutierten. Gleichzeitig wurden „Die letzten Tage der Menschheit“ und „Dritte Walpurgisnacht“ vollständig übersetzt.
Bouveresse beschäftigt sich in der Folge eingehend mit dem Krausschen Werk und publiziert zahlreiche Vorträge und Bücher: er erkennt in Kraus einen Sprachphilosophen, der in der Presse den Ausgangspunkt eines moralischen und politischen Verfalls wittert. Aber er entschlüsselt auch den Mythos um den in Frankreich lange rezipierten jüdischen Selbsthasser Kraus und verdeutlicht den scharfsinnigen politischen Kraus, dessen komplexe Einsicht in den nationalsozialistischen Agens von großer Bedeutung ist.
Bourdieu bezieht sich auf Kraus und seine Fackel als Handbuch für einen Kampf gegen die in Frankreich herrschende Korruption. Er vergleicht die Methode der eingreifenden Praxis der Fackel mit seiner eigenen ‚téchnique d’intervention sociologique’, die er innerhalb seines Verlags Éditions Liber Raisons d’agir umzusetzen versucht. Auch entdeckt Bourdieu Parallelen mit der Krausschen Vorgangsweise in seinen Organisationen Raison d’agir, Attac, Acrimed, etc., die eine neue ‚école de résistance’ gegen neoliberale Entwicklungen darstellen.
Gleichzeitig wittert die Medienwelt in Kraus eine berechtigte Gefahr und stempelt ihn und all jene, die ihn befürworten, als ‚Antiliberalen und Antidemokraten’ ab. Dadurch fungiert Kraus seit kurzem auch als politischer Spaltpilz innerhalb existierender Diskurse. Kraus verlässt also den wissenschaftlichen Elfenbeinturm und wird in Frankreich produktiv und aktualisierend rezipiert.
Within the last 15 years, Karl Kraus has gained new interest in France: The turning point was the colloquium ‚L’actualité de Karl Kraus’ 1999, where the philosopher Jacques Bouveresse and the sociologist Pierre Bourdieu discussed the importance of Karl Kraus for nowadays developpement in politics, media and sciences. They regard Kraus as the first media critic and he is modern, as the aspects he criticised have not changed, and as the way in which he criticised could be a possible way to criticise nowadays.
Bouveresse is interested in the deep, modern and complex ideas of Kraus: in his various articles and books he discovers Kraus as philosopher of language, who anticipated in the media the beginning of a moral and political downfall. Bouveresse also reveals Kraus as sharp analyst of the upcoming nationalsocialisme and brings an end to the believed mythe of the juish self-hater Kraus.
Bourdieu is more interested in the way, Kraus criticised the corrupt system of his time. He understands the Fackel as a fight-manual and compares Kraus’ method of ‚interfering praxis’ with his own ‚technique of intervening sociology’. Bourdieu searchs for ways to link his own political actions (Attac, Raison d’agir,…) with the ideas put by Kraus in his Fackel, in order to create a new ‚école de résistance’.
Negative voices, espacially from the media-side, regard Kraus and all those, who are interested in him, as antiliberal and antidemocrat. The name ‚Kraus’ serves in an actual political debate.
Karl Kraus wurde in den 90er Jahren in Frankreich neu entdeckt: Ausschlaggebend war das Kolloquium ‚Actualité de Karl Kraus’ 1999, als die beiden Wissenschafter, der Philosoph und Wittgenstein-Spezialist Jacques Bouveresse und der Soziologe Pierre Bourdieu, über den Aktualitätswert von Kraus für heutige mediale, politische und intellektuelle Entwicklungen diskutierten. Gleichzeitig wurden „Die letzten Tage der Menschheit“ und „Dritte Walpurgisnacht“ vollständig übersetzt.
Bouveresse beschäftigt sich in der Folge eingehend mit dem Krausschen Werk und publiziert zahlreiche Vorträge und Bücher: er erkennt in Kraus einen Sprachphilosophen, der in der Presse den Ausgangspunkt eines moralischen und politischen Verfalls wittert. Aber er entschlüsselt auch den Mythos um den in Frankreich lange rezipierten jüdischen Selbsthasser Kraus und verdeutlicht den scharfsinnigen politischen Kraus, dessen komplexe Einsicht in den nationalsozialistischen Agens von großer Bedeutung ist.
Bourdieu bezieht sich auf Kraus und seine Fackel als Handbuch für einen Kampf gegen die in Frankreich herrschende Korruption. Er vergleicht die Methode der eingreifenden Praxis der Fackel mit seiner eigenen ‚téchnique d’intervention sociologique’, die er innerhalb seines Verlags Éditions Liber Raisons d’agir umzusetzen versucht. Auch entdeckt Bourdieu Parallelen mit der Krausschen Vorgangsweise in seinen Organisationen Raison d’agir, Attac, Acrimed, etc., die eine neue ‚école de résistance’ gegen neoliberale Entwicklungen darstellen.
Gleichzeitig wittert die Medienwelt in Kraus eine berechtigte Gefahr und stempelt ihn und all jene, die ihn befürworten, als ‚Antiliberalen und Antidemokraten’ ab. Dadurch fungiert Kraus seit kurzem auch als politischer Spaltpilz innerhalb existierender Diskurse. Kraus verlässt also den wissenschaftlichen Elfenbeinturm und wird in Frankreich produktiv und aktualisierend rezipiert.
Within the last 15 years, Karl Kraus has gained new interest in France: The turning point was the colloquium ‚L’actualité de Karl Kraus’ 1999, where the philosopher Jacques Bouveresse and the sociologist Pierre Bourdieu discussed the importance of Karl Kraus for nowadays developpement in politics, media and sciences. They regard Kraus as the first media critic and he is modern, as the aspects he criticised have not changed, and as the way in which he criticised could be a possible way to criticise nowadays.
Bouveresse is interested in the deep, modern and complex ideas of Kraus: in his various articles and books he discovers Kraus as philosopher of language, who anticipated in the media the beginning of a moral and political downfall. Bouveresse also reveals Kraus as sharp analyst of the upcoming nationalsocialisme and brings an end to the believed mythe of the juish self-hater Kraus.
Bourdieu is more interested in the way, Kraus criticised the corrupt system of his time. He understands the Fackel as a fight-manual and compares Kraus’ method of ‚interfering praxis’ with his own ‚technique of intervening sociology’. Bourdieu searchs for ways to link his own political actions (Attac, Raison d’agir,…) with the ideas put by Kraus in his Fackel, in order to create a new ‚école de résistance’.
Negative voices, espacially from the media-side, regard Kraus and all those, who are interested in him, as antiliberal and antidemocrat. The name ‚Kraus’ serves in an actual political debate.