Abstract (deu)
Im Laufe des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts fand eine radikale Transformation der Eigentumsverhältnisse an Saatgut statt. Die Erweiterung von geistigen Eigentumsrechten (IP) an Pflanzensorten, eine Einrichtung des internationalen Rechts seit den 1960er Jahren, brachte einen großen Wandel des Status von Saatgut als Rohstoff mit sich, der erhebliche Konsequenzen für die Landwirtschaft, den Handel, und das Leben von Agrarproduzenten auf der ganzen Welt hat. Die Ausweitung des Schutzes von geistigem Eigentum an Saatgut hat ein anderes, viel älteres Managementsystem – das Gemeinwirtschaftliche – ersetzt. Um zu verstehen, wie sich diese erhebliche Verschiebung vollzogen hat, muss geprüft werden, wie verschiedene Eigentumstheorien in ihrer Anwendung auf Saatgut genutzt und missbraucht wurden. Es zeigt sich, dass es sich keineswegs eine unvermeidliche Entwicklung handelt und dass die Anwendung des Privateigentums auf Saatgut eine bemerkenswerte Dehnung jener Grundsätze erforderte, auf welchen das Privateigentum als Institution ruht. Diese Arbeit analysiert die Entwicklung des Schutzes geistigen Eigentums an Saatgut im 20. Jahrhunderts aus der Perspektive der Eigentumstheorie und tritt für ein ausgewogeneres Bild von Saatguteigentum zwischen zwei konkurrierenden Systemen – dem gemeinwirtschaftlichen und dem privatwirtschaftlichen – ein, die einander im Laufe des Jahrhunderts geformt haben. Das abschließende Kapitel untersucht jene Strategien, welche zur
Überwindung der Spannungen zwischen privatem und gemeinschaftlichem Eigentum vorgeschlagen worden sind. Dies inkludiert Strategien des Eigentumsvorbehalts, die Respektierung nationalstaatlicher Souveränität und Open Source Biotechnologie. Jede einzelne dieser Strategien repräsentiert einen Versuch, die negativen Auswirkungen des Privateigentums an Saatgut zu beseitigen, indem die Institution des Eigentums in neuer Art aufgegriffen wird.