Abstract (deu)
Die gesellschaftliche und ökonomische Stellung, das Verhalten sowie die Wahrnehmung von Frauen, die englische Public Houses besuchten, änderten sich grundlegend zwischen den 1880ern und den 1970ern. Während, aus Angst für Prostituierte gehalten zu werden, weder junge noch achtbare Frauen im späten 19. Jahrhundert in Pubs verkehrten, betraten junge, emanzipierte Frauen der Mittelschicht in den 1970ern, als die Gender-Barrieren verblassten, selbstbewusst Pubs im urbanen Raum oder im wohlhabenderen Südostengland. Die Veränderungen, die dieser Wandel mit sich brachte, stellten eine Herausforderung für die ‚masculine republic‘, das traditionelle, männerdominierte Pub der Arbeiterschicht mit seiner typisch männlichen Trinkkultur, dar.
Zwei Wendepunkte, die unter anderem auch langfristige Auswirkungen auf die Trinkgewohnheiten der Frauen hatten, markierten das Aufbrechen der Gender-Barrieren in den Pubs. Im 1. Weltkrieg, der den ersten Wendepunkt darstellte, wurde die Brauerei-Industrie in Gebieten wie beispielswiese Carlisle, in denen Rüstungsbetriebe angesiedelt waren, verstaatlicht. Die daraufhin staatsbetriebenen Pubs, die besser ausgestattet worden waren, zogen an Wochenenden Frauen der oberen Arbeiter- und Mittelschicht an. Außerhalb dieser Gebiete begannen achtbare Frauen ebenfalls Pubs zu frequentieren, da sie sich entweder aufgrund ihrer kriegswichtigen Tätigkeiten emanzipiert hatten oder die Gesellschaft und emotionale Unterstützung anderer zur Bewältigung des Kriegsalltags suchten. Aufgrund extremer Anfeindungen blieb die Anzahl dieser Pub-Besucherinnen allerdings gering. In den Zwischenkriegsjahren statteten progressive Bierbrauer ihre Public Houses besser aus, um sie für weibliche Gäste und Familien attraktiv zu machen. Diese Lokale zogen jedoch eher ältere Frauen an. Die 1960er und 1970er markierten den zweiten Wendepunkt. Während dieser Zeit führten die soziale als auch finanzielle Emanzipation der Frauen, der Einfluss der jungen Generation sowie die 1961 und 1964 Licensing Acts dazu, dass Frauen vermehrt Pubs besuchten und ihre Trinkgewohnheiten änderten. Nichtsdestotrotz blieb aber die ‘masculine republic’, das traditionelle, männerdominierte Pub, vor allem im entlegenen oder ländlichen Raum bestehen.
Diese vorliegende Dissertation versucht die Widrigkeiten aufzuzeigen, die Frauen überwinden mussten, um Pubs ohne Schaden an der eigenen Reputation betreten zu können. Des Weiteren sollen Einblicke in die Transformation von Gender-Rollen, in Trinkgewohnheiten und in die damit verbundene Populärkultur Englands gegeben werden. Wie die Bierbrauer im Speziellen und die englische Gesellschaft und Politik im Allgemeinen auf diese Veränderungen reagierten, wird ebenfalls analysiert. In diesem Kontext werden auch die Pub-Besucherinnen sowie deren Klassenzugehörigkeit, Herkunft, Alter und Konsumationsvorlieben näher beleuchtet und regionale Unterschiede herausgearbeitet. Ferner wird auf spezielle Personengruppen, die Pubs frequentierten, wie beispielsweise Prostituierte, Gewohnheitstrinkerinnen oder Kinder, näher eingegangen. Faktoren, wie die Pub-Architektur oder Bier- und Stout-Werbungen, die die Frauen unbewusst beeinflussten, werden ebenfalls in dieser Arbeit genauer untersucht.