Abstract (deu)
In der Forschungsliteratur hat sich, trotz zahlreicher Erwähnungen, noch niemand damit auseinandergesetzt, wie genau sich der Bezug auf das Gilgamesch-Epos in Hans Henny Jahnns Romantrilogie "Fluß ohne Ufer" manifestiert. Ausgehend von einer Vorstellung des Epos und einem Vergleich der heutigen Fassungen mit der von Jahnn gelesenen, analysiert die vorliegende Arbeit die intertextuellen Bezüge zwischen Gilgamesch-Epos und „Fluß ohne Ufer“ nach den von Ulrich Broich und Manfred Pfister vorgeschlagenen Kriterien zur Feststellung der Intensität von Intertextualität. Die direkten Zitate großteils aus der 12. Tontafel des Epos und die zahlreichen strukturellen Parallelen, die vorwiegend zwischen dem zweiten Teil von „Fluß ohne Ufer“ und dem Gilgamesch-Epos bestehen, verweisen auf die beiden Texten gemeinsame Struktur der Klage um den verstorbenen Freund und die Unausweichlichkeit des eigenen Todes. Motiviert scheint die Bezugnahme auf das Epos von der Hoffnung des Erzählers Gustav Anias Horn, durch das Erkennen von Parallelen zum Gilgamesch-Epos den als zufällig empfundenen Verlauf des eigenen Lebens in ein persönliches Schicksal umdeuten zu können.